11. November 2016 | Vorlage eines Protestbriefes an die Botschaften von Niger, Mali und Marokko
Anlässlich unserer aktuellen Aktivitäten gegen den Valletta-Prozess bittet Afrique-Europe-Interact darum, folgenden Protestbrief per Post an die Botschaften von Niger, Mali und Marokko zu schicken (ausgehend von unseren Kundgebungen vor den drei Botschaften am 11. November 2016. Denn wir glauben, dass derzeit nur die afrikanischen Regierungen selbst das immer rücksichtsloser agierende EU-Grenz- und Abschieberegime Richtung Afrika stoppen können. Wer nicht drei Briefe lossschicken kann oder will, möge sich bitte an folgender Aufteilung orientieren: Alle, deren Nachnamen mit den Buchstaben A bis H beginnen, schicken bitte einen Brief an die Botschaft von Niger, alle mit den Anfangsbuchstaben L bis P an die Botschaft von Mali und alle mit Q bis Z an die Botschaft von Marokko. Darüber hinaus würden wir uns auch freuen, wenn unsere Protestbrief-Initiative weitergeschickt würde. Schließlich: Die Briefvorlage kann weiter unten auch als einfaches PDF runtergeladen werden, zudem wäre es toll, wenn wir per Mail darüber informiert würden, wer einen Brief losgeschickt hat: afriqueeuropeinteract@yahoo.de. Und: Zur Not können die Briefe natürlich auch gefaxt werden, aber erfahrungsgemäß hinterlässt das weniger Spuren: Botschaft von Niger: +49 30 805 896 62; Botschaft von Mali: +49 30 319 988 48; Botschaft von Marokko: +49 30 206 124 20
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Name:
Straße:
Stadt:
Datum:
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Botschaft der Republik Niger
Machnower Straße 24
14165 Berlin
Botschaft der Republik Mali
Kurfürstendamm 72
10709 Berlin
Botschaft des Königreichs Marokko
Niederwallstraße 39
10117 Berlin
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Unterstützung der Proteste von Afrique-Europe-Interact gegen den Valletta-Prozess
Sehr geehrter Herr Botschafter der Republik Mali,
sehr geehrter Herr Botschafter der Republik Niger,
sehr geehrter Herr Botschafter des Königreichs Marokko,
das transnationale Netzwerk Afrique-Europe-Interact hat am 11. November 2016 in Berlin sowohl vor den Botschaften von Niger, Mali und Marokko als auch vor der Repräsentanz der GIZ (Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit) demonstriert. Ich möchte mit diesem Brief deshalb erklären, dass ich die Proteste und die Forderungen von Afrique-Europe-Interact ausdrücklich unterstütze – dies auch im Hinblick auf die von Afrique-Europe-Interact am 9. Dezember 2016 veröffentlichte Kampagnenzeitung, die unter anderem der bundesweiten Ausgabe der Tageszeitung taz beigelegen hat.
Der im November 2015 beim EU-Afrika-Gipfel in Maltas Hauptstadt begonnene Valletta-Prozess liegt nicht im Interesse der afrikanischen Länder. Denn die dort beschlossenen Maßnahmen dienen nicht der Entwicklung Afrikas (auch wenn das seitens der EU immer wieder behauptet wird), sondern dem Kampf gegen die so genannte irreguläre Migration. Im Zentrum aller seit dem Valletta-Gipfel abgeschlossenen bi- und multilateralen Abkommen stehen daher 'Fluchtverhinderung' und 'Rückübernahmeabkommen'. Dies gilt auch für die derzeit mit Hochdruck vorangetriebenen “Migrationspartnerschaften”, die unter anderem mit dem Niger, dem Senegal, Nigeria, Mali und Äthiopien abgeschlossen werden sollen.
Die direkten Folgen dieser Politik sind für die betroffenen afrikanischen Länder katastrophal:
- Zusätzliche Migrationskontrollen an innerafrikanischen Grenzen, in der Wüste und auf dem Mittelmeer führen dazu, dass Migrant_innen und Geflüchtete längere, schwierigere und gefährlichere Reisewege in Kauf nehmen müssen. Konsequenz ist, dass noch mehr Menschen auf dem Weg Richtung Europa ums Leben kommen – was auch für die Familien, die Freund_innen und Nachbar_innen der Verstorbenen eine unfassbare Tragödie darstellt. Zudem sehen sich viele Migrant_innen zusätzlicher Gewalt und Erpressung unter anderem durch Grenzbeamte und Polizisten ausgesetzt. Besonders betroffen sind Frauen, die immer wieder körperliche und sexuelle Gewalt erfahren müssen.
- Nicht weniger wichtig ist, dass Migrant_innen – auch solche mit prekären Aufenthaltsstatus – ihren Lebensmittelpunkt in Europa haben. Abschiebungen bedeuten deshalb, dass sie aus ihren sozialen und persönlichen Bezügen herausgerissen werden. Auch dies stellt eine massive Menschenrechtsverletzung dar, zumal Abgeschobene durch ihre Familien und Nachbarn oftmals soziale Ächtung erfahren.
- Migrant_innen leisten durch ihre regelmäßigen Rücküberweisungen an ihre Familien einen bedeutsamen Beitrag zur Entwicklung ihrer Länder – nicht nur, indem das alltägliche Überleben der Angehörigen unterstützt wird, sondern auch indem Investitionen ermöglicht werden, die die Entwicklung lokaler Ökonomien unterstützen. In diese Sinne bedeuten Abschiebungen eine massive ökonomische und soziale Destabilisierung der betroffenen Länder.
- Indem an den innerafrikanischen Grenzen auf Druck der EU hin immer mehr Kontrollen eingeführt werden, wird die traditionelle, im Rahmen der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS/CEDEAO) vertraglich abgesicherte Reisefreiheit zwischen den afrikanischen Ländern unterminiert, was ebenfalls mit erheblichen wirtschaftlichen Folgeschäden einhergeht, etwa für Kleinhändler_innen oder Migrant_innen.
Vor diesem Hintergrund möchte ich sie höflich bitten, dem Druck der Europäischen Union nicht nachzugeben und stattdessen die Interessen Ihrer Länder und somit Ihrer Bürger und Bürgerinnen umfassend zu schützen:
- Unterschreiben Sie keine Rückübernahmeabkommen, stellen Sie keine Passersatzpapiere aus (“Laisser-Passer”) und errichten Sie keine zusätzlichen Barrieren an den innerafrikanischen Grenzen. Verurteilen Sie auch die Bereitschaft der EU, mit diktatorischen und menschenverachtenden Regimes wie denjenigen von Eritrea und Sudan migrationspolitisch zusammenzuarbeiten.
- Protestieren Sie ausdrücklich gegen die im Zuge von Abschiebungen aus Europa regelmäßig vorkommenden Menschenrechtsverletzungen. In diesem Zusammenhang sei auch ausdrücklich auf die beiden Videos verwiesen, die Afrique-Europe-Interact über die gescheiterte Abschiebung des malischen Staatsbürgers Amadou Ba auf seiner Webseite dokumentiert hat.
- Darüber hinaus möchte ich Sie auffordern, sämtliche Erpressungsversuche der EU zurückzuweisen, Zahlungen im Rahmen der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit an die Bereitschaft Ihrer Länder zu koppeln, Migrationsabkommen zu unterschreiben.
- Sagen Sie in diesem Zusammenhang auch “Nein” zu all jenen Verträgen und wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die zu einer weiteren Schwächung der afrikanischen Ökonomien führen, wie zum Beispiel die EPA-Abkommen oder die Europäische Agrarpolitik.
- Setzen Sie sich stattdessen dafür ein, dass Kriege, gewalttätige Konflikte, politische Verfolgung, Armut, Hunger und die Zerstörung kleinbäuerlicher und anderer Existenzgrundlagen schnellstmöglich beendet werden. Erforderlich sind daher starke Demokratien, die sich sowohl für die ökonomische und soziale Entwicklung innerhalb Afrikas einsetzen als auch für legale, sichere und kostengünstige Migrationsmöglichkeiten nach Europa.
Mit freundlichen Grüßen,
(Unterschrift, Vor- und Nachname)
Protestbrief an Afrikanische Botschaften