Land & Freedom: Gegen Hunger und islamistische Terrorherrschaft
Spendenaufruf für eine Aktion in Segou/Mali – jeder Betrag ist willkommen, ob groß oder klein!
Einen Tag nach dem Welternährungstag der UN (16.10.) wird die malische Sektion unseres transnationalen Netzwerks Afrique-Europe-Interact heute in der 235 Kilometer nordöstlich von Bamako gelegenen Stadt Segou 2 Tonnen Reis und 160 Liter Speiseöl im Gesamtwert von 1.150 Euro an eine Gruppe von Flüchtlingen aus dem Norden des Landes verteilen. Zudem wird eine ebenfalls von Afrique-Europe-Interact organisierte Demonstration stattfinden, die sich sowohl gegen Landraub als auch gegen das Terrorregime islamistischer Milizen im gesamten Norden Malis richtet (Stichwort: Land & Freedom), wozu unter anderem die Wüstenstädte Gao, Timbuktu und Kidal zählen.
Hintergrund ist, dass sich durch den Konflikt die ohnehin schwierige Ernährungslage in Mali extrem zugespitzt hat – nicht zuletzt durch massenhafte Vertreibungen und bürgerkriegsbedingte Versorgungsengpässe. Konkret sind derzeit ca. 4,6 Millionen Menschen von Lebensmittelunsicherheit in Mali bedroht, wobei vom Welternährungsprogramm gerade mal 360.000 Menschen im Süden und 148.000 im Norden erreicht werden. Kein Wunder also, dass sich die Zahl der akut von Mangelernährung betroffenen Menschen in den nördlichen Landesteilen seit 2011 auf etwa 13 Prozent der Bevölkerung verdoppelt hat. Hinzu kommen zwei weitere Problemlagen: Einerseits, dass in der gesamten Sahelregion die Getreidepreise um ca. 50 Prozent über das Vorjahresniveau geklettert sind – eine Entwicklung, die zahlreiche Ursachen hat, unter anderem Lebensmittelspekulation und steigende Produktion von so genanntem Biosprit. Andererseits, dass die Ernten im Jahr 2011 dürrebedingt an vielen Orten derart schwach ausgefallen sind, dass die Bauern und Bäuerinnen keine Möglichkeiten hatten, genug Saatgut zurückzulegen. Und das mit der Konsequenz, dass die diesjährige Ernte in vielen Regionen trotz reichhaltiger Niederschläge um 20 bis 30 Prozent niedriger ausfallen dürfte. Beides zeigt, wie sehr Hunger mit fehlenden Ressourcen zu tun hat – ob für Nahrungsmittel selbst oder die notwendigen landwirtschaftlichen Inputs. Um so zynischer ist, dass insbesondere die USA als Reaktion auf den von der großen Bevölkerungsmehrheit unterstützten Putsch gegen den langjährigen Präsidenten Amadou Toumani Touré im März 2012 zahlreiche Hilfsprogramme gestoppt haben, darunter auch Kleinkreditprogramme für Saatgut.
Zwei Aspekte noch zur Demonstration: Wenn die malische Sektion von Afrique-Europe-Interact von Landraub spricht, dann ist damit nicht nur der Ausverkauf fruchtbarer Böden an transnationale Unternehmen oder korrupte Lokaleliten gemeint, sondern auch die Abtrennung des Nordens durch islamistische Kräfte. Denn Fakt ist, dass es hierbei allenfalls am Rande um religiöse Fragen geht. Ausschlaggebend ist vielmehr ein Geflecht unterschiedlichster (Macht-)Interessen, stellvertretend erwähnt seien die Kontrolle über Schmuggelrouten sowie der langfristige Zugriff auf mutmaßliche Bodenschätze im Norden Malis (mehr Infos hierzu auf unserer Webseite: http://www.afrique-europe-interact.net/index.php?article_id=683&clang=0). Schließlich: Auch wenn die Lage im Norden Malis dramatisch ist (nicht nur wegen der allgemeinen Notlage, sondern auch wegen des vornehmlich gegen Mädchen und Frauen gerichteten islamistischen Terrorregimes), sollte nicht aus dem Blick geraten, dass der bereits erwähnte Putsch vor allem in Bamako zu einer regelrechten Aufbruchstimmung innerhalb sozialer Bewegungen, ja der malischen Zivilgesellschaft insgesamt geführt hat (vgl. hierzu folgenden von Charlotte Wiedemann unter dem Titel „Einsturz der Fassaden“ im August 2012 erschienen Artikel: ). In diesem Sinne ist ein weiteres mit der Demonstration verbundenes Ziel, besagte Aufbruchstimmung auch in andere Städte Malis zu tragen, weshalb aus Bamako 18 AktivistInnen unseres Netzwerks nach Segou reisen werden.
Die Aktion „Land & Freedom“ verbindet punktuelle Unterstützung mit politischer Kritik, vor allem versucht sie, das basisdemokratische Prinzip stark zu machen, um jenseits der wohl ohnehin kommenden militärischen Intervention im Norden (welche auch von der Bevölkerung überwiegend gewollt ist) die Idee von Freiheit, Partizipation und Selbstbestimmung stark zu machen – so wie sie sich derzeit in zahlreichen Ländern Westafrikas äußert. In diesem Sinne möchten wir dringend zu Spenden für die bislang nur zur Hälfte finanzierte Aktion aufrufen (Reis und Öl sowie die Kosten für die Demonstration – inklusive der in Mali üblichen Gehälter für die mitfahrenden Journalisten).