Fackellauf für Frieden und Solidarität
Anfang August hat sich die europäische Sektion von Afrique-Europe-Interact dem Projekt eines 52-tägigen Fackellaufs für Frieden und Solidarität von Kayes (im Süden Malis) bis nach Kidal (im derzeit von islamistischen Kräften besetzten Norden des Landes) angeschlossen. Die Beteiligung lag in zweifacher Hinsicht nahe: Zum einen, weil der Läufer Camara Mamadou selber bei Afrique-Europe-Interact aktiv ist, zum anderen weil sich das Projekt auf äußerst überzeugende Weise für einen dritten Weg zwischen militärischer Eskalation und resignativer Stagnation stark gemacht hat. Leider ist jedoch bei einem kleineren Teil der ursprünglichen InitiatorInnen aus dem Kreis des GEMACO-Bündnisses die aktive Teilnahme von Afrique-Europe-Interact wegen Missverständnissen im Vorbereitungsprozess auf Missfallen gestoßen, so dass sich die malische Sektion unseres Netzwerks bereits 4 Tage nach Beginn des Fackellaufs wieder zurückgezogen hat, um das Gesamtprojekt nicht zu gefährden.
Sollte es SpenderInnen gegeben haben, die ausdrücklich für den Marathon gespendet haben, möchten wir um Verständnis bitten, gleichzeitig aber auch darauf hinweisen, dass unsere VertreterInnen aus Bamako mit ihrer anfänglichen Beteiligung sehr zufrieden waren, insbesondere mit mehreren Versammlungen, die in drei Dörfern entlang der Strecke abgehalten wurden. Insofern ist es zwar bedauerlich, dass die Beteiligung der malischen Sektion von Afrique-Europe-Interact am Fackellauf nicht weiter gegangen ist, allerdings glauben wir, dass die insgesamt verausgabten 500 Euro nicht umsonst gewesen sind.
Der ursprüngliche Aufruf zum Marathon lautete folgendermaßen:
Bereits seit Monaten befindet sich Mali am Rande eines Bürgerkriegs, was nicht zur Verschärfung der allgemeinen Ernährungssituation sowie zu ca. 350.000 Vertriebenen geführt hat, sondern auch zur Errichtung eines islamistischen Terrorregimes im Norden des Landes (nachdem der Konflikt ursprünglich durch einen Aufstand von Tuareg-Rebellen begonnen hatte). Dabei ist die Gesamtsituation ausgesprochen komplex: Historisch, weil es sich um eine alte, tief im Kolonialismus wurzelnde Konfliktgeschichte mit zum Teil wechselseitigen Erfahrungen von Diskriminierung, Gewalt und Sklaverei handelt; politisch, weil der Konflikt im Norden Hand in Hand mit einer von der breiten Bevölkerungsmehrheit getragenen Rebellion gegen die bisherigen politischen Eliten verknüpft ist – insbesondere den langjährigigen Präsidenten Amadou Toumani Touré, der im März 2012 durch einen kurzzeitigen Militärputsch aus dem Amt gedrängt wurde; international, weil ganz verschiedene Akteure mit teilweise äußerst unterschiedlichen Interessenlagen in den Konflikt intervenieren (unter anderem Burkina Faso, Mauretanien, Algerien, das Emirat Katar Frankreich und die USA).
Vor diesem Hintergrund hat sich die malische Sektion von Afrique-Europe-Interact entschieden, an der Durchführung eines Fackellaufs für Frieden und Solidarität von Kayes im Westen Malis nach Kidal im Norden des Landes teilzunehmen. Geplant ist, dass der unter anderem bei Afrique-Europe-Interact aktive Läufer Mamadou Camara ab dem 22. August die 2.155 Kilometer lange Strecke in 52 Tagen zurücklegt – das sind durchschnittlich 41,44 Kilometer pro Tag und somit jeweils eine knappe Marathondistanz. Begleitet wird Camara Mamadou von einem 5-köpfigen Unterstützungsteam, darunter einem Arzt, einem Pfleger und einem Gendarmen. Zudem sind 5 bis 10 AktivistInnen von Afrique-Europe-Interact dabei, deren Aufgabe es ist, zur jeweils nächsten Etappenstation vorzureisen und die lokale Bevölkerung zu gemeinsamen politischen Versammlungen einzuladen (inklusive Vorführung der 45-minütigen Dokumentation der letzjährigen Bamako-Dakar-Karawane für Bewegungsfreiheit und gerechte Entwicklung „…denn wir leben von der gleichen Luft“.)
Initiatorin des Fackellaufs ist indessen das am 22. Juni von über 70 Vereinen und Gruppen gegründete Bündnis GEMACO/Génération malienne consciente (bewusste bzw. verantwortliche malische Generation). Entsprechend finden sich die im Gründungsmanifest von GEMACO festgehaltenen Werte auch in den Zielen des Fackellaufs wider: Grundsätzlich soll es darum gehen, quer durch Mali „die Botschaft des Friedens, der Eintracht, der Sympathie, der Solidarität und des Mitgefühls, aber auch der Wertschätzung („amour“) zwischen den unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen“ des Landes stark zu machen, so die Präsidentin von GEMACO, Mme Traoré Coumba Bah, in einer Pressekonferenz am 11. August in Bamako.
Der Fackellauf wird während der gesamten Zeit von intensiver Öffentlichkeitsarbeit begleitet werden, hierzu gehört im Übrigen auch, dass der oben erwähnte Karawane-Film etwa zur Mitte des Laufes im öffentlichen malischen Fernsehen (ORTM) ausgestrahlt werden soll. Inwieweit es am Ende tatsächlich gelingen wird, auch durch den von islamistischen Kräften beherrschten Norden zu laufen, ist noch unklar, allerdings hat GEMACO bereits den „haut conseil islamique du Mali“ (Hohen islamischen Rat Malis) um Vermittlung gebeten.
Die europäische Sektion von Afrique-Europe-Interact begrüßt die Idee des Fackellaufes ausdrücklich. Wir möchten daher nicht nur zu Spenden für das Projekt aufrufen, konkret werden für die Teilnahme der malischen AktivistInnen von Afrique-Europe-Interact ca. 3.000 Euro benötigt – inklusive der Ausstrahlung des Karawane-Films im malischen Fernsehen. Vielmehr möchten wir den Fackellauf auch zum Anlass nehmen, verstärkt in der deutschsprachigen Öffentlichkeit über die Entwicklungen in Mali zu informieren, nicht zuletzt mit Blick auf die neokolonialen Interessen, die unter anderem Frankreich und die USA durch ihre mehr oder weniger offene Unterstützung der Tuareg-Rebellen von der MNLA verfolgen.