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15. Dezember 2021 | Weitere Fälle willkürlicher Verhaftungen in Togo – Zahl der politischen Gefangnen steigt auf 116 – sieben Gefangene infolge ihrer Haft verstorben

Stellungnahme verschiedener zivilgesellschaftlicher Gruppen aus Togo

Wie bereits Ende 2020 bricht auch zum Ende des Jahres 2021 eine neue Welle politischer Repression über Togo herein. Während der letzten 40 Tage waren fünf Journalisten und politische Aktivisten betroffen, von denen drei innerhalb von nur 48 Stunden neu festgenommen und inhaftiert wurden. Damit steigt die Zahl der politischen Gefangenen in den letzten drei Jahren auf 116, von denen sieben infolge ihrer Haft gestorben sind. Hier sind die Fakten.

1) Donnerstag, 4. November 2021: Festnahme von Jean-Paul OUMOLOU

Der in der Schweiz lebende politische Aktivist und Anhänger der Oppositionspartei Monseigneur KPODZRO (DMK) Jean-Paul OUMOLOU wurde in den frühen Morgenstunden im Viertel Hédzranawoé im Bezirk Golfe 2 in Lomé von schwer bewaffneten und vermummten Beamten der nationalen Gendarmerie entführt. Nachdem diese das gesamte Viertel abgeriegelt hatten, griffen sie ihn nach Gewaltanwendung in seinem Haus auf, von wo aus er gerade nach Ghana reisen wollte, um dort den Rest seines Urlaubs zu verbringen. Jean-Paul OUMOLOU wurde in die zentrale Ermittlungsbehörde (Service central de recherches et d'investigations criminelles, SCRIC) gebracht, wo er langen Verhören unterzogen wurde. Nach seiner Vorführung bei der Staatsanwaltschaft und dem Untersuchungsrichter wurde er ihn in vier Punkten angeklagt: (1) Aufwiegelung des Volkes und der Armee zur Rebellion; (2) Verbreitung falscher Nachrichten; (3) Verherrlichung eines Verbrechens; (4) Beleidigung staatlicher Autoritäten. Obwohl die gesetzliche Frist für seine Ingewahrsamnahme weit überschritten ist, ist er seit 40 Tagen unrechtmäßig im SCRIC inhaftiert.

2) Donnerstag, 09. Dezember 2021: Willkürliche Festnahme und Inhaftierung des Journalisten Ferdinand Messan AYITE

Ferdinand Messan AYITE, Herausgeber der Zeitung „L'Alternative“ und international anerkannter investigativer Journalist, der für seine Seriosität und Professionalität zahlreiche internationale Auszeichnungen erhalten hat, wurde am Donnerstag, den 9. Dezember von der Kriminalpolizei (Brigade Recherches et d'Investigations, BRI) vorgeladen, wo er die Unterstützung seines Anwalts Elom Kpadé erwirken konnte. Bei seiner Anhörung wurde er wegen Äußerungen angeklagt, die er in einer Sendung auf “L'autre journal”, dem Youtube-Kanal seiner Zeitung, gemacht hatte. Nach Angaben des Anwalts wurde er in drei Punkten angeklagt, die nichts mit dem Presse- und Kommunikationsgesetz zu tun haben, sondern vielmehr unter Artikel 490 der Strafprozessordnung fallen: (1) Beleidigung von Autoritäten und (2) Verbreitung falscher Aussagen. Obwohl angekündigt wurde, dass diese Klage von zwei Ministern der togoischen Regierung, Herrn Puis Kokouvi AGETOME, dem Justizminister, und Herrn Kodjo ADEDJE, dem Handelsminister, in Gang gesetzt wurde, war die Staatsanwaltschaft während des gesamten laufenden Verfahrens bisher nicht in der Lage, den Tatbestand zu belegen. Dennoch wurde Messan AYITE in Polizeigewahrsam genommen und am Abend der BRI vorgeführt. Am nächsten Tag, dem 10. Dezember, wurde er dem Untersuchungsrichter vorgeführt, der die Anklagepunkte bestätigte und am Abend einen Haftbefehl gegen ihn erließ.

3) Freitag, 10. Dezember 2021: Willkürliche Festnahme und Inhaftierung des Journalisten Joël Vignon EGAH und richterliche Aufsicht über seinen Kollegen Isidore KOUWONOU

Am 10. Dezember wurden Joël Vignon EGAH, Herausgeber der Zeitung „Fraternité“, der an der Sendung auf “L'autre journal” teilgenommen hatte, und Isidore KOUWONOU, Chefredakteur der Zeitung „L'Alternative“ und Generalsekretär der Gewerkschaft „Syndicat des journalistes indépendants du Togo“ (SYNJIT), der die Sendung moderiert hatte, ebenso wie ihr Kollege Messan AYITE von der BRI vorgeladen. Bei ihrer Vernehmung wurden sie ihrerseits wegen der gleichen Anklagepunkte angeklagt, die auch Ferdinand Messan AYITE vorgeworfen wurden. Die drei Journalisten wurden gemeinsam zum Untersuchungsrichter gebracht und die Anklage wurde bestätigt. Während Joël EGAH in Untersuchungshaft genommen wurde, wurde Isidore KOUWONOU unter richterliche Aufsicht gestellt. All dies geschieht unter Missachtung der seit 17 Jahren in Togo geltenden Abschaffung der Strafbarkeit von Pressedelikten.

4) Samstag, 11. Dezember 2021: Entführung des Aktivisten Fovi KATAKOU aus seinem Haus

Gegen 11 Uhr morgens riegelte eine Einsatztruppe der nationalen Gendarmerie, bestehend aus schwer bewaffneten und vermummten Männern, die in mehreren Fahrzeugen kamen, von denen einige die Aufschrift der nationalen Gendarmerie trugen, die gesamte Gegend um das Haus des Aktivisten Fovi KATAKOU ab. Sie drangen brutal in sein Haus ein, durchsuchten es akribisch und nahmen ihn auf illegale Weise fest. Bei seiner Festnahme beschlagnahmten die Gandarmen auch alle von Fovi KATAKOU genutzten Tontechnikgeräte und nahmen diese ebenfalls in ihren Autos mit zur zentralen Ermittlungsbehörde SCRIC. Dort wurde Fovi KATAKOU am späten Samstagabend und am Sonntagmorgen vor Gericht gestellt und in folgenden Punkten angeklagt: (1) Verherrlichung von Verbrechen und (2) Aufwiegelung zur Rebellion. Zum Zeitpunkt seiner Festnahme hatte Fovi KATAKOU lediglich eine Nachricht in sozialen Netzwerken veröffentlicht, in der er die willkürliche Festnahme und Inhaftierung von Ferdinand Messan AYITE und Joël Vignon EGAH anprangerte und gleichzeitig die Öffentlichkeit aufrief, sich zu mobilisieren, um ihre sofortige und bedingungslose Freilassung zu fordern.

Angesichts dieser Situation fordern die unterzeichnenden Organisationen

- Die scharfe Verurteilung dieser neuen Welle willkürlicher Verhaftungen unschuldiger Bürger*innen, die alle wegen Meinungsdelikten inhaftiert wurden, und, was die verfolgten Journalisten betrifft, unter offenkundiger Verletzung der Bestimmungen des Pressegesetzes, nach dem die Strafbarkeit von Pressedelikten vor mehr als 17 Jahren abgeschafft wurde.

- Die Verurteilung insbesondere der schändlichen Behandlung von Fovi KATAKOU, einer Person mit eingeschränkter Mobilität, die, obwohl sie auf einen Rollstuhl angewiesen ist, bei der Entführung aus ihrer Wohnung unsägliche, ihre Menschenwürde entehrende und verhöhnende Tätlichkeiten erlitten hat.

- Die bedingungslose und sofortige Freilassung der vier Aktivisten und Journalisten, die willkürlich festgenommen wurden.

- Alle Organisationen und Institutionen in Togo und weltweit, die sich für die Rechte von Menschen mit Behinderungen einsetzen, auf, bei den togoischen Behörden vorstellig zu werden, um die Behandlung von Fovi KATAKOU zu verurteilen und entschieden anzuprangern und seine bedingungslose und sofortige Freilassung zu fordern.

- Die bedingungslose und sofortige Freilassung aller politischen Gefangenen.

- Schließlich rufen wir alle demokratischen Organisationen der Presse, der Zivilgesellschaft, der Politik und der Gewerkschaften sowohl in Togo als auch auf internationaler Ebene auf, bei den togoischen Behörden zu intervenieren und alle Initiativen zu unterstützen, die die Achtung der Pressefreiheit sowie der bürgerlichen und politischen Rechte fordern, die sowohl durch die togoischen Gesetze als auch durch die vom togoischen Staat ratifizierten internationalen Abkommen garantiert werden.

Lomé, 13. Dezember 2021

Komitee für die Freilassung aller politischen Gefangenen in Togo (Comité pour la libération de tous les prisonniers politiques du Togo)

Arbeitgeberverband der togoischen Presse (Patronat de la Presse Togolaise, PPT)

Konsortium der investigativen Journalisten Togos (Consortium des Journalistes d’Investigation du Togo, COJITO)

Tournons La Page – Togo

Front Citoyen Togo Débout