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05. November 2021 | Togo-Doppelkundgebung in Bonn (inklusive 2 x Flyer als pdf)

Am Freitag, den 5. November 2021 ruft Afrique-Europe-Interact zusammen mit verschiedenen Gruppen aus der togoischen Diaspora zu einer Kundgebung in Bonn auf. Das Motto der Kundgebung lautet: “Nein zur Unterstützung der Diktatur in Togo durch die Bundesregierung! Nein zu staatlicher Repression und politischen Gefangenen in Togo!”

Die Demo beginnt um 10.00 Uhr vor dem Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Dahlmannstraße 4, 53113 Bonn) und wird ab 12:00 auf dem Bonner Marktplatz fortgesetzt. Wir freuen uns ausdrücklich über zahlreiche Unterstützung,im Folgenden findet sich der Text des Flugblatts (inklusive gelayouteter Version), das wir während der Demo verteilen – zudem kann ein Kurz-Flyer in deutsch und französisch zur Mobilisierung runtergeladen werden.

Nein zur Unterstützung der Diktatur in Togo durch die Bundesregierung!
Nein zu staatlicher Repression und politischen Gefangenen in Togo!

Seit 54 Jahren befindet sich das westafrikanische Land Togo fest im Griff einer einzigen Familie: 1967 putschte sich der ehemalige Kolonialoffizier Gnassingbé Eyadéma an die Macht und errichtete eine brutale Militärdiktatur. Als Eyadéma 2005 starb, folgte sein Sohn Faure Gnassingbé. 2019 sorgte dieser durch verfassungsrechtliche Tricksereien dafür, dass er rechtlich bis 2030 im Amt verbleiben kann. Regelmäßig aufflammende Massenproteste lässt Faure Gnassingbé brutal niederschlagen – zuletzt in den Jahren 2017/2018. Politische Gegner müssen mit Repression rechnen, viele flüchten ins Ausland, darunter auch angesehene Persönlichkeiten wie der ehemalige Bischof von Lomé.

Unbeeindruckt davon arbeitet die Bundesregierung eng mit dem togoischen Regime zusammen. Im Frühjahr 2021 pries der bisherige Entwicklungsminister Gerd Müller das Verhältnis zwischen den beiden Ländern in den höchsten Tönen: “Deutschland und Togo – das ist mehr als eine Partnerschaft, es ist eine Freundschaft.” Das ist der Grund, weshalb wir heute in Bonn demonstrieren. Denn die Kollaboration zwischen der deutschen und togoischen Regierung trägt maßgeblich dazu bei, dass demokratische Kräfte in Togo keine wirkliche Chance haben.

Drei Gründe, weshalb wir die togoische Regierung als Diktatur bezeichnen:

Erstens ist in Togo das für eine Demokratie grundlegende Prinzip der Gewaltenteilung von Exekutive, Legislative und Judikative aufgehoben. Denn die Macht liegt in den Händen der Gnassingbé-Familie, entsprechend verlief keine der Präsidentschaftswahlen seit 1967 fair, transparent und frei von Manipulationen. Und das gilt auch für die jüngsten Präsidentschaftswahlen am 22.02.2020. Entgegen aller Prognosen verkündete die ausschließlich aus regimetreuen Mitgliedern zusammengesetzte Wahlkommission in Rekordtempo, dass Faure Gnassingbé mit 72,4 Prozent die Wahlen gewonnen habe. Zuvor wurden zahlreichen Wahlbeobachter:innen kurz vor dem Urnengang die bereits erteilte Akkreditierung wieder entzogen, sodass lediglich 280 Wahlbeobachter:innen für über 9.000 Wahlbüros zur Verfügung standen. Auch die Friedrich-Ebert-Stiftung berichtete über zahlreiche Unregelmäßigkeiten, beispielsweise Wählerlisten mit falschen Namen oder Wahlurnen, die bereits früh am Tag prall gefüllt waren. Und doch: Eine Überprüfung war unmöglich, da die Ergebnisse nicht aufgeschlüsselt nach Wahlbezirken bekannt gegeben wurden. Dadurch entfiel der wichtigste Baustein für Wahltransparenz, welche auch die Bundesregierung vor den Präsidentschaftswahlen in Togo explizit angemahnt hatte.

Zweitens ist das Justizwesen in Togo alles andere als unabhängig. Vielmehr agiert es als verlängerter Arm der Regierung. So stützten die Gerichte den repressiven Kurs des Regimes gegen jegliche Opposition. Auch Amnesty International beklagt, dass es 2020 in Togo zu Eingriffen in die Medienfreiheit, zu willkürlichen Festnahmen von Oppositionspolitiker:innen und Journalist:innen, zu Folterungen bei Festnahmen und Inhaftierung und zu exzessiver Gewaltanwendung der Sicherheitskräfte bei Demonstrationen und der Durchsetzung von Anti-Corona-Maßnahmen gekommen ist.

Drittens ist die Meinungsfreiheit in Togo nicht gewährleistet: Im August 2019 erließ die Regierung ein neues Versammlungsgesetz. Seitdem sind Demonstrationen auf Hauptstraßen, in städtischen Zentren und in der Nähe von Regierungsgebäuden, Geschäftsvierteln, militärischen Einrichtungen und diplomatischen Gebäuden verboten. Zudem darf nur zwischen 10 und 18 Uhr demonstriert werden. Am 27.11.2019 sollte eine Demonstration gegen dieses Gesetz stattfinden, diese wurde jedoch vom togoischen Innenministerium unter Berufung auf eben dieses Gesetz verboten. Es kann insofern nicht verwundern, dass seit Inkrafttreten des Gesetzes Demonstrationen zur Ausnahme geworden sind. Selbst Frauen der „Pyramide“-Bewegung werden drangsaliert. Sie rufen dazu auf, aus Protest gegen die hohen Preissteigerungen bei Lebensmitteln jeden Freitag schwarze Kleidung zu tragen. Nicht weniger brisant ist, dass das togoische Regime zu jenen Regierungen zählt, die das Ausspähprogramm Pegasus der Firma NSO gekauft haben. In Togo fanden sich unter den über 300 ausgespähten Personen überwiegend Angehörige oppositioneller Parteien und Initiativen, Journalist:innen und Menschenrechtsaktivist:innen. Dabei streiten die togoischen Behörden den Einsatz der Spionage-Software noch nicht einmal ab. Präsident Faure Gnassingbé meinte lediglich, dass “jeder souveräne Staat so organisiert ist, dass er dem, was ihn bedroht, mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln begegnen kann. “

Reformpartnerschaft zwischen Deutschland und Togo

Dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) dürften diese und viele weitere Missstände bestens bekannt sein. Umso unverständlicher ist, dass Deutschland im Juni 2021 eine “Reformpartnerschaft” mit Togo vereinbart hat, zumal Deutschland im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit ohnehin das größte Geberland Togos ist. So wurden für das laufende Jahr 53,6 Mio. Euro zugesagt und weitere 89,3 Mio. Euro in Aussicht gestellt. Nicht nur die togoische (Exil-)Opposition, auch Afrique-Europe-Interact hat dieses Vorgehen immer wieder kritisiert – Afrique-Europe-Interact zuletzt in zwei öffentlichen Briefen im Februar 2020 und im April 2021. Geantwortet wurde meist schleppend und meist im gleichen Tenor: Ja, es gäbe Defizite, aber Togo sei auf einem guten Weg. Zur Bekräftigung wies die Bundesregierung unter anderem darauf hin, dass im Jahr 2019 erstmals seit 32 Jahren Kommunalwahlen stattgefunden hätten. Verschwiegen wird allerdings zweierlei: Einerseits, dass gerade mal 25% der Wahlberechtigten ihre Stimme angegeben haben, andererseits, dass Vertreter:innen der togoischen Zivilgesellschaft bezüglich der Kommunalwahlen umfangreiche Manipulationen und Fälschungen nachgewiesen haben. Hinzu kommt, dass es den neuen Kommunalbehörden an allen erdenklichen Ressourcen fehlt, sodass sie schlicht nicht arbeitsfähig sind, wie auch das BMZ auf seiner Webseite feststellt.

Unterdessen wird die togoische Bevölkerung nicht nur ihrer politischen Rechte beraubt. Das Land zählt auch zu den ärmsten Ländern der Welt. Auf dem Human Development Index rangiert es auf dem 167. Platz – von insgesamt 189 Plätzen. Die Hälfte der über 8 Mio. Einwohner:innen lebt unter der absoluten Armutsgrenze, das durchschnittliche Jahreseinkommen beträgt gerade mal 600 Euro. Entsprechend nehmen auch die Ungleichheiten bei der Einkommensverteilung kontinuierlich zu. Umgekehrt stellen die Zahlungen der deutschen und europäischen Entwicklungszusammenarbeit eine wichtige Stütze des togoischen Regimes dar – finanziell wie politisch. Denn die Projekte machen einen Großteil der Inlandsinvestitionen aus, zudem kann Präsident Faure Gnassingbé die durch die Entwicklungszusammenarbeit geförderten Maßnahmen gegenüber der Bevölkerung als eigenen “Leistungsnachweis” präsentieren. In der Summe bedeutet dies, dass die vom BMZ betriebene Entwicklungszusammenarbeit ein diktatorisches Regime stabilisiert, das die große Mehrheit der Togoer:innen loswerden will und das einer der wichtigsten Gründe dafür sein dürfte, dass vor allem junge Menschen das Land am liebsten verlassen würden.

Unsere Forderungen

In einigen Wochen wird eine neue Bundesregierung ihre Arbeit aufnehmen. Von ihr erwarten wir,

  • dass im Umgang mit den politisch Verantwortlichen in Togo Menschenrechtsverletzungen und die Suspendierung demokratischer Standards unmissverständlich angesprochen und öffentlich kritisiert werden,
  • dass vertrauliche Beziehungen zur Opposition aufgebaut und gepflegt werden, hierzu gehören auch Gespräche mit politischen Exil- und Migrant:innengruppen in Deutschland,
  • dass die Forderungen des im Februar 2021 von 24 zivilgesellschaftliche Organisationen und 11 politische Parteien veröffentlichten “Memorandum zur Menschenrechtslage in Togo” unterstützt werden, insbesondere die Freilassung aller politischen Gefangenen,
  • dass jede Ausrüstung und Ausbildung togoischer Sicherheitskräfte unterlassen wird,
  • dass Abschiebungen nach Togo ausgesetzt werden,
  • dass entwicklungspolitische Maßnahmen in erster Linie mit zivilgesellschaftlichen Organisationen umgesetzt werden, weniger mit staatlichen Institutionen.

Weitere Informationen: www.afrique-europe-interact.net

5. November 2021

05.11.2021: Togo-Demo in Bonn, Flyer zum Verteilen

Download demo_in_bonn__flyer_zum_verteilen.pdf - 8 MB


Kurz-Flyer für Doppeldemo in Bonn

Download kurzaufruf_bonn_-_dt_und_fr.pdf - 919 kB