Dezember 2018 | Protestbrief und Deklaration zu gewaltätiger Repression seitens der togoischen Armee
Den hier dokumentierten Protestbrief hat Afrique-Europe-Interact zusammen mit einer Erklärung von “Urgence Togo Germany” am 12. Dezember 2018 an Außenminister Maas und Entwicklungsminister Müller geschickt. Brief und Deklaration können weiter unten als PDF runtergeladen werden.
Sehr geehrter Herr Bundesminister Maas,
sehr geehrter Herr Bundesminister Müller,
allein in den letzten Tagen starben bei friedlichen Demonstrationen in Togo mindestens drei Menschen, darunter ein 11-jähriger Junge. Anlässlich dieser Vorgänge hat unsere Mitgliedsgruppe “Urgence Togo Germany” die im Anhang dieses Briefes dokumentierte Erklärung veröffentlicht, die sich in erster Linie an die togoische Regierung wendet.
In diesem Sinne möchten wir auch die Deutsche Bundesregierung bitten, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um mäßigend auf die Verantwortlichen in Togo einzuwirken. Die auf der Webseite der Deutschen Botschaft in Lomé erfolgte Feststellung, wonach sich Togo in einem “Demokratisierungs-, Versöhnungs- und Reformprozess” befinde, kann derzeit weniger denn je aufrechterhalten werden. Erstens wird das Land bereits seit Jahren von einer tiefgreifenden sozialen Krise erschüttert, auf die wir im Rahmen einer 4-seitigen Beilage in der “tageszeitung taz” am 29. November 2018 näher eingegangen sind. Zweitens finden in Togo seit August 2017 regelmäßig Massenproteste gegen den Präsidenten Faure Gnassingbé statt, dessen Regime große Teile der Bevölkerung als Diktatur empfinden. Drittens hat das Oppositionsbündnis C14 zahlreiche Beweise vorgelegt, wonach die für den 20. Dezember 2019 vorgesehenen Parlamentswahlen unter anderem mit gefälschten Wähler_innen-Listen manipuliert werden sollen – ganz zu schweigen davon, dass unter den gegenwärtigen Bedingungen keine freien und demokratischen Wahlen durchgeführt werden können.
All dies sind die Gründe, weshalb wir an dieser Stelle einmal mehr auf unsere Forderungen zurückkommen möchten, mit denen wir uns bereits im April 2018 an Sie gewandt haben:
- Einstellung der Entwicklungszusammenarbeit mit dem togoischen Staat, solange Präsident Faure Gnassingbé nicht bereit ist, die Macht abzugeben und solange Proteste der Bevölkerung gewaltsam unterdrückt werden.
- Keine Lieferung von Militär- und Polizeiausrüstung nach Togo, hierzu gehört auch jede Form von Ausbildungsunterstützung für togoische Sicherheitskräfte.
- Beendigung von Abschiebungen nach Togo.
Sehr geehrter Minister, bitte setzen Sie sich angesichts der massiv verschlechterten Sicherheitslage für die Einhaltung der Menschenrechte in Togo ein – so wie es Ihr Ministerium bereits im Mai 2018 in einem Brief an Afrique-Europe-Interact zugesichert hat. Zudem möchten wir Sie auffordern, sich für einen friedlichen politischen Übergang in Togo stark zu machen. Faure Gnassingbé ist 2005 nach hochgradig umstrittenen Wahlen an die Macht gekommen, bei den damaligen Protesten wurden über 800 Menschen von Sicherheitskräften getötet. Togo ist weit davon entfernt, eine Demokratie im eigentliche Sinne des Wortes zu sein – genau diesen Umstand bringt die Bevölkerung mit ihren aktuellen Massenprotesten zum Ausdruck.
Mit freundlichen Grüßen,
Afrique-Europe-Interact
Erklärung von Urgence Togo Germany: Blutige Repression an der Zivilbevölkerung in Togo durch die togoische Armee
Seit dem 19.08.2017, dem Beginn der friedlichen Massenproteste, wird Togo von einer soziopolitischen Krise erschüttert. Das togoische Volk, müde von der mehr als fünfzigjährigen Diktatur, hat beschlossen, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, indem es Straßendemonstrationen durchführt, die von der Koalition der Opposition C14 im gesamten Staatsgebiet organisiert werden.
Diese Demonstrationen wurden von der togoischen Armee gewaltsam unterdrückt, welche nach geltendem Recht diese Bevölkerung eigentlich schützen sollte. Es gab mehrere Todesfälle, mehrere Verletzte, ganz zu schweigen von willkürlichen Verhaftungen, Vermissten und Flüchtlingen. Trotz aller Einschüchterungen durch das RPT/UNIR-Regime blieben die Menschen entschlossen bei ihren Forderungen und zwar:
- Die Rückkehr zur ursprünglichen Verfassung von 1992 inklusive aller rechtlicher Konsequenzen,
- Verfassungsreformen und institutionelle Reformen,
- Wahlrecht für die Diaspora-TogoerInnen.
Für die Lösung der Krise forderte die togoische Regierung die Westeuropäische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS auf, sich einzubringen, was diese tat, indem sie mit den verschiedenen Akteuren einen einvernehmlichen Fahrplan aushandelte, der zum Ende der Krise führen sollte. Doch deren Umsetzung wurde zu einem Problem für die regierende Mehrheit, die wie üblich das Abkommen nicht umsetzte, wie es vorher schon bei mehr als 27 Abkommen mit der Opposition passiert war, die die Regierung unterzeichnet hatte.
Diese Nichteinhaltung des Fahrplans und vor allem die einseitige und betrügerische Durchführung der von der Regierung Togos organisierten Parlamentswahlen hat die Wut der togoischen Bevölkerung im gesamten Staatsgebiet ausgelöst, in deren Folge diese seit Donnerstag, dem 06. Dezember 2018, ihre Frustration durch große Demonstrationen ausdrückt, zu denen die Oppositionskoalition C14 aufgerufen hat. Diese Demonstrationen – besonders die von Samstag, dem 08. Dezember 2018 – wurden durch die togoischen Armee, die scharfe Munition auf die Zivilbevölkerung abfeuerte, blutig unterdrückt – mit einer vorläufigen Zahl von 3 Toten und mehreren Schwerverletzten.
Wir, Urgence Togo Germany, klagen an und verurteilen alle diese Gewaltakte gegen das togoische Volk und fordern die togoische Regierung auf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden, damit diese Barbarei so schnell wie möglich aufhört und die Gesetze und Grundsätze der Demokratie respektiert werden, nicht zu vergessen das Recht der Bürger auf Demonstration und Inanspruchnahme ihrer sonstigen Rechte.
NEIN ZUR GEWALT IN TOGO
Deutschland, 09. Dezember 2018
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