28.01.2013 | Bitterfeld ist die «Stadt ohne Rassismus - Stadt mit Courage»
Von Sylvia Czajka, Mitteldeutsche Zeitung
Der Programmablauf zur festlichen Titelverleihung “Stadt ohne Rassismus – Stadt mit Courage” an Bitterfeld-Wolfen im Wasserzentrum war minutiös geplant. Doch ohne Oumarou Hamani Ousman. Der machte am Montag lautstark aufmerksam auf die Situation im Asylbewerberheim Friedersdorf. Vor zehn Jahren kam der 47-Jährige aus dem Niger in Friedersdorf an. Seitdem lebt er dort. Und hofft nun auf Veränderung – zum Beispiel die Schließung des Hauses wie in Möhlau (Kreis Wittenberg) und die Chance auf individuellen Wohnraum. “Menschen, die Missstände aufzeigen, die brauchen wir”, richtete Cornelia Geißler, die lokale Koordinatorin des Projekts “Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage”, ihre Worte an Oumarou Hamani Ousman. Auch wenn Friedersdorf nicht zum Stadtgebiet Bitterfeld-Wolfens zählt, gehöre der Ort zur Region. “Und Probleme in der Region gehen uns alle an.”
Annett Spott, Leiterin vom Jugendmigrationsdienst, und Heike Richter von den Euro-Schulen versprachen Ousman Hilfe. Der Titelverleihung am Montag Taten folgen zu lassen und Kritik als konstruktiven Hilferuf zu verstehen, sieht der Stadtratsvorsitzende Armin Schenk (CDU) als Aufgabe aller.
Cornelia Geißler hat sich dieser Aufgabe von Anfang an gestellt – seit dem 9. September 2011. “Auf einer Skala von 0 bis zehn bekommt das Ringen um den Titel von mir eine zwölf.” Dieses Projekt mache die Stadt stark. Denn dabei ziehen junge und alte Leute an einem Strang. “Das tut Bitterfeld-Wolfen gut”, ist auch Oberbürgermeisterin Petra Wust (parteilos) überzeugt.
Bitterfeld-Wolfen ist in Sachsen-Anhalt erst die zweite Stadt nach Quedlinburg, die nun diesen Titel trägt. Den verlieh am Montag Cornelia Habisch, Landeskoordinatorin der Landeszentrale für politische Bildung. Erste Voraussetzung für den Titel ist, dass bereits eine Schule in der Stadt den Titel “Schule ohne Rassismus” trägt. Da konnte Wolfen punkten. Das Heinrich-Heine-Gymnasium hat diesen schon fünfmal erfolgreich verteidigt.
Doch die Verleihung sei die eine Seite, jetzt beginne die eigentliche Arbeit. Das weiß auch der Landtagsabgeordnete Lars-Jörn Zimmer (CDU). Er ist Pate der Sekundarschule in Roitzsch, die auch den Titel “Schule ohne Rassismus” trägt. Zimmer überbrachte im Namen von Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) Glückwünsche. Diesem sei es eine Ehre, die Patenschaft zu übernehmen. Auch Lisa Müller und Anne Sophie Schlosser sind stolz auf den Titel. “Gut, dass sich was tut”, sagen die Mädchen. Mit Worten wehren sie sich gegen Gewalt und Mobbing. Poetry Slam – der Dichterwettstreit – bietet den 13- und 14-Jährigen die Möglichkeit, sich ohne Zuckerguss mitzuteilen. In einem anderen Projekt setzen Pascal Stahl, Anna Kristin Meixner und Carolin Jentzsch vom Bitterfelder Europagymnasium “Walther Rathenau” auf Fairness und Toleranz in ganz Europa.