01.05.2013 | Asylsuchende demonstrieren gegen Heimleitung
Erschienen in der Mitteldeutschen Zeitung
Die Stimmung vor der Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende in Friedersdorf ist aufgeheizt. Knapp 150 Bewohner haben hier am Dienstag ab 5 Uhr die Einfahrt zum Gelände mit Baumstämmen blockiert. Zudem ist über die gesamte Straßenbreite ein Transparent gespannt. Darauf ist zu lesen: „Freiheit ist ein Recht für alle Menschen. Isolation macht unsere Köpfe kaputt. Kein Mensch ist illegal.“ Nach Aussagen von Oumarou Hamani Ousman, einem Sprecher der Asylsuchenden, wolle man mit dieser Aktion „auf die Lebensumstände“ in der Einrichtung hinweisen und sich gegen die „rassistische Behandlung“ wehren, sagt der Mann aus dem Niger, der bereits seit zehn Jahren hier lebt. Es seien beispielsweise Briefe der Ausländerbehörde von der Heimleitung zurückgehalten worden, lautet ein Vorwurf. „Das hat einigen von uns Schwierigkeiten eingebracht, obwohl wir nichts dafür konnten“, so ein Mann aus Mali, der seinen Namen nicht nennen will.
Daher richte sich der Protest, der vom „Antirassistischen Netzwerk Sachsen-Anhalt“ unterstützt wird, in erster Linie gegen den Heimleiter. Ihm wird an diesem Vormittag der Zugang zu dem Gelände verwehrt. Zu all den vorgebrachten Vorwürfen äußert er sich auf MZ-Nachfrage nicht. Stattdessen versucht der Leiter des Sozialamts vom Landkreis Anhalt-Bitterfeld, Martin Kriebisch, zwischen den Demonstranten und der Betreiberin der Einrichtung, Ingrid Krumrey, zu vermitteln.
„Zu den Einzelheiten kann ich nichts sagen. Ich kann nur anbieten, dass wir uns innerhalb der nächsten vier Wochen zusammensetzen, um nach einer Lösung zu suchen.“ Diesem Vorschlag stimmt auch Ingrid Krumrey zu. „Ich möchte, dass alle Kritikpunkte sachlich dargestellt werden, so dass wir gemeinsam Möglichkeiten finden.“ Um feste Ansprechpartner zu haben, schlägt sie vor, einen Heimbeirat zu bilden.
Damit sind vorerst auch Oumarou Hamani Ousman und die anderen Asylsuchenden einverstanden. Gegen 10.30 Uhr räumen sie die Barrikaden zur Seite. „Sollte aber nichts passieren, stehen wir in vier Wochen wieder hier“, sagt Ousman.
Bereits im vergangenen Jahr hatte er den äußeren und inneren Zustand der Baracken öffentlich kritisiert und die Isolation der Gemeinschaftsunterkunft bemängelt (die MZ berichtete). Da zum 1. Februar diesen Jahres eine Verlängerung des Vertrages zwischen Landkreis und Betreiber anstand, waren Ende November 2012 Mitglieder des Sozial- und Gesundheitsausschusses des Kreistages vor Ort.
Besonders brisant: Noch bevor sich die Mitglieder des Sozialausschusses über die Bedingungen vor Ort informieren konnten, hatte der Vergabeausschuss bereits einer Verlängerung zugestimmt. Und: Aus Mangel an Alternativen musste man – trotz all der bekannten Mängel – auf die vorhandene Unterkunft zurückgreifen.
Mehrfach hatte sich daher bereits der Grünen-Landtagsabgeordnete Christoph Erdmenger eingeschaltet. Er fordert: „Die Flüchtlinge und ihre Aussagen müssen ernst genommen werden.“