Leben im Heim - das Beispiel Friedersdorf
Bericht vom Antirassistischen Netzwerk Sachsen-Anhalt
Ein dunkler Weg führt zum Heim, überall Wald und Stille, Isolation. Man kommt auf das Gelände und sieht mehrere Gebäude, einige Grünflächen und Menschen deren Augen verraten: Hier gibt es kein Leben. Wir sind im Osten von Deutschland in der Nähe eines kleinen Ortes Namens Friedersdorf, einige Kilometer entfernt von der Stadt Bitterfeld-Wolfen. Wer das Privileg hat zweimal in der Woche für eine Stunde einen Deutschkurs besuchen zu dürfen muss nach Bitterfeld reisen. Der Zug fährt nur einmal die Stunde. Für 4 Minuten Zugfahrt von Muldenstein, ein Nachbarort von Friedersdorf, nach Bitterfeld bezahlen die Menschen 1,50€ von ihren sowieso spärlichen Sozialleistungen. Sie müssen 30 Minuten vom Heim zum Bahnhof laufen. Es gibt auch einen Weg durch den Wald der gefährlich ist, da es keine Beleuchtung gibt und die Menschen über die Gleise müssen. Dort steht oft die Polizei, da es verboten ist die Schienen zu überqueren. Wenn die Menschen den Waldweg benutzen benötigen sie nur 15 Minuten zum Bahnhof.
Im Heim werden die Menschen von Langerweile und Isolation geprägt. Es leben ca. 150 Menschen im Heim, alles alleinreisende Männer aus den unterschiedlichsten Gegenden der Welt. Es gibt im Heim weder die Möglichkeit Sport zu treiben, noch Deutsch zu lernen. Viele Menschen sind einsam oder leben in Comunity´s mit Menschen aus ihren Heimatländern, dadurch können sie kein Deutsch lernen und es entstehen viele Konflikte zwischen den Menschen und den Comunity´s. Es müssen bis zu 5 Menschen in einem kleinen Raum leben und wenn jemand von ihnen mal ein paar Tage bei Freunden oder in einer anderen Stadt verbringt werden ihre Betten einfach mit neuen Leuten belegt. Wenn sie wiederkommen haben sie keinen Platz mehr zum Schlafen. Es gibt nur einen kleinen Kühlschrank pro Zimmer den sich bis zu 5 Menschen teilen müssen. Es gibt keine Möglichkeit etwas einzufrieren. Die Schränke der Bewohner sind nicht abschließbar. Für die Türen gibt es jeweils nur einen Schlüssel. Es ist nicht möglich abzuschließen da dann die anderen Bewohner nicht mehr in das Zimmer kommen. Teilweise leben völlig unterschiedliche Menschen in einem Zimmer sie können sich nur wenig verständigen und haben verschiedene Kulturen die nicht miteinander kompatibel sind. Im Sommer wird es in den Räumen teilweise unerträglich warm und die Bewohner öffnen nur selten ihre Fenster, da es sehr viele Mücken gibt und die Menschen Angst haben beklaut zu werden. Es gibt keine Privatsphäre und auch keine Ruhe, da viele Menschen die ganze Nacht laut Musik hören oder sich laut unterhalten und die anderen Bewohner darunter leiden. Einige Menschen leiden an Krankheiten wie Asthma und Ausschlag durch das Wasser und die Luft, aber auch an Hepatitis und schlimmeren Krankheit. Sie haben keine ärztliche Versorgung im Heim und müssen oft stundenlange Wege zum nächsten Arzt in Kauf nehmen. Die körperlich gesunden Menschen haben Angst sich anzustecken und wissen oft nicht über die Krankheiten Bescheid, auch viele kranke Menschen wissen nicht was ihre eigentliche Krankheit ist oder wie sie damit umgehen können. Das führt dazu dass die Menschen die Toiletten, gemeinschaftlichen Dusch- und Waschräume meiden. Wenn ärztliche Notfälle auftreten weigert sich die Heimleitung oft den Krankenwagen zu rufen. An den Folgen sind auch schon Menschen im Heim verstorben.
In Bitterfeld oder der nächsten Umgebung gibt es keine nennenswerten Beratungsstellen. Die Menschen stehen mit ihren Problemen allein da und werden mit der Zeit auch psychisch krank. Es gibt Menschen die leben in dem Heim schon 15 Jahre immer mit ungewissem Status und der Möglichkeit jeden Tag den Bescheid der Abschiebung zu bekommen. Dies bedeute für die Menschen einen enormen Druck, dem sie nur selten standhalten können.
Die hygienischen Bedingungen im Lager sind auch sehr miserabel, es gibt nur 5 Duschen von denen 2 immer kaputt sind und nur 3 benutzbar. Es gibt für 150 Menschen nur 5 Waschmaschinen die allerdings verschlossen sind und wenn die Menschen etwas waschen wollen müssen sie fragen ob sie dürfen. Es gibt für 60 Menschen nur 3 Toiletten die in einem sehr schlechten Zustand sind.
Das Wasser ist nicht trinkbar, wenn die Menschen es doch trinken werden sie krank. Auch das Wasser der duschen führt bei einigen Bewohnern zu Haarausfall und Hautreizungen.
Wie überall gibt es auch hier viel Ungeziefert. Ratten, Mäuse, Kakalaken, Ameisen und viele andere Tiere sind außerhalb und innerhalb der Gebäude zu sehen. Die Gebäude sind innen zum Teil in Marodem Zustand, dünne Wände Risse in den Wänden und überall Schmutz an den Wänden. Die Beleuchtung fällt auf den Fluren oft aus und die Menschen müssen im Dunkeln zur Toilette gehen.
Da das Heim so abgeschieden ist kommt es auch oft dazu das Menschen von außerhalb kommen um die Flüchtlinge zu bedrohen. Auch Nazis und Rassisten kommen oft um Menschen zu beleidigen zu schlagen. Die Bewohner haben Angst und fühlen sich oft alleingelassen.
Auch der Umgang der Heimleitung mit den Bewohnern ist sehr abfällig es fallen Sprüche wie: „Neger, geh zurück nach Afrika“ , „Dir ist warm? Du kommst aus Afrika! Bist du ein Mädchen?“ oder „Hast du einen Termin? Nein? Dann geh!“