Gesamtprogramm - inklusive PDF der dreisprachigen Broschüre zur Konferenz

Hier findet sich die ausführliche Version des Programms (alle Podien, Workshops, Theater, Filme und Ausstellungen), ganz am Ende lässt sich auch die dreisprachige Programmbroschüre als PDF runterladen.

Programm der Konferenz

Freitag

16 Uhr: Workshops, Film und Projektbörse

Gegenentwürfe zur Entwicklung: Die Selbstorganisierung und der Kampf indigener Frauen in den nördlichen Anden Südamerikas

Carolina Tamayo Rojas (Alice Salomon Hochschule/ReachOut, Berlin)

Ort: Salon Lilian Masediba Ngoyi // DE (oder Spanisch, gedolmetscht in DE–FR–EN)

In diesem Workshop geht es um die Idee des feminismo comunitario (kommunitarischer Feminismus) und um die Selbstorganisierung indigener Frauen in den nördlichen Anden. Für indigene Frauen aus der Region ist die Idee des Feminismus weiß und westlich geprägt. Das hat dazu geführt, dass sie sich mit dieser Idee nie identifizieren wollten und konnten, da ihre Lebensrealitäten bei dem hegemonialen feministischen Diskurs keinen Raum finden. Dennoch gibt es, vor allem in den letzten Jahren, eine starke Diskussion über soziale, wirtschaftliche und politische Probleme, die indigene Frauen sehr spezifisch betreffen, weil sie gleichzeitig Frauen und Indigene sind. Wie gestalten sich die Selbstorganisierungsprozesse indigener Frauen in der Region? Wo sehen indigene Frauen die Intersektion zwischen Kolonialismus und Patriarchat? Wie werden alternative und Gegenentwürfe zur Entwicklung aus der Perspektive indigener Frauen gestaltet, gefordert und in die Öffentlichkeit und auf die politische Agenda der Region getragen?

C. Tamayo Rojas ist Lehrbeauftragte für Gender und Queer Studies an der Alice Salomon Hochschule und aktiv bei ReachOut, einer Beratungsstelle für Opfer rechtsextremer, rassistischer und antisemitischer Gewalt. Sie beschäftigt sich mit Alternativen zu Entwicklung, mit indigenem Widerstand, postkolonialen Theorien, Rassismus und Empowerment.

How is Your Liberation Bound up with Mine? Transnationale und transidentitäre Organisierungen trotz unterschiedlicher Ausgangspositionen

Aktivist_innen von Afrique-Europe-Interact

Ort: Mekatilili wa Menza // DE+FR (gedolmetscht in DE–FR–EN)

Bereits in der feministischen Bewegung Anfang der 1990er Jahre und später bei den Antirassistischen Grenzcamps (1998-2003) ist hierzulande immer wieder die Frage aufgetaucht, ob bzw. wie unter den gegebenen rassistischen Bedingungen so etwas wie eine gleichberechtigte Zusammenarbeit zwischen refugees und non-refugees bzw. zwischen People of Colour und europäisch-weiß sozialisierten Aktivist_innen möglich ist. Ausgehend von unseren jeweils unterschiedlichen Erfahrungen im transnationalen Netzwerk Afrique-Europe-Interact (seit 2010) möchten wir diskutierten, ob bzw. wie es möglich ist, Dominanzen, Ignoranzen und Paternalismen zu vermeiden – angesichts unterschiedlicher Ausgangsbedingungen und somit auch unterschiedlicher Rechte und Privilegien.

Globale Ungleichheit als Kontext von Migration, Entwicklung und ökologischer Krise – der Fall Äthiopiens

Ermyas Mulugeta (Freiberufler für nachhaltiges Wasser- und Landmanagement, Loewenherz e.V., Netzwerk Migrantenorganisationen Brandenburg – NeMiB e.V.)

Ort: Studio Frantz Fanon // DE (gedolmetscht in DE–FR–EN)

Der Globale Norden erkennt weiterhin die Eigenverantwortung für Fehlentwicklungen im Süden nicht an, hat keinen Blick für dortige positive Transitionsprozesse und klammert das Fortwirken von Kolonialrassismus aus. Gleichzeitig haben Akteur*innen aus dem Globalen Süden mit der Verabschiedung der Sustainable Development Goals einen Paradigmenwechsel herbeigeführt, da hier zum ersten Mal auf internationaler Ebene der Globale Norden als Entwicklungsregion und verantwortlich für weltweite Krisen benannt wird. In diesem Workshop wird, von dieser globalen Perspektive ausgehend, der Blick auf Äthiopien geworfen. Es geht dabei um den Zusammenhang zwischen globalen Machtstrukturen, Menschenrechten, Umweltdegradation, Klimawandel, Flucht und Migration. Der Workshop geht der Frage nach, warum bisherige Transformationsbemühungen gescheitert sind, wie eine kohärente Politik für einen ökologisch nachhaltigen, sozioökonomisch und demokratisch angemessenen Fortschritt aussehen könnte und welchen Strukturwandel das ländliche Äthiopien braucht, damit junge Leute dort eine Perspektive sehen.

Ermyas Mulugeta ist u.a. aktiv im Netzwerk Migrantenorganisationen Brandenburg – NeMiB e.V. Er beschäftigt sich mit sozial-ökologischen Herausforderungen in ländlichen Regionen des nord-westlichen Zentralmassiv Äthiopiens und engagiert sich gegen Diskriminierung und soziale Ungleichheit in Deutschland.

Auswirkungen neoliberaler Handelsabkommen zwischen Afrika und Europa

Boniface Mabanza (Kirchliche Arbeitsstelle Südliches Afrika, KASA, Heidelberg) & Franziska Müller (Universität Kassel/kassel postkolonial)

Ort: Emiliano Zapata // DE (gedolmetscht in DE–FR–EN)

Auf der Agenda der Europäischen Union ist Afrika weit oben angesiedelt. Früher tituliert als “Kontinent der Krisen”, wird Afrika nun als dynamische “Chancen-Region” promotet, auf die sich außen- und entwicklungspolitisches Interesse richtet. Die EU verhandelt seit 2002 mit den Ländern Afrikas, der Karibik und des pazifischen Raumes Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPAs). Sie sollen dazu dienen, die AKP-Länder besser in die Weltwirtschaft zu integrieren. Tatsächlich gefährden sie jedoch die Ernährungssouveränität, die Staatseinnahmen und lokale Ökonomie und greifen in neokolonialer Weise in die Selbstbestimmung der Staaten ein. In Afrika hat sich breiter zivilgesellschaftlicher Widerstand dagegen entwickelt. Einige Abkommen wurden verabschiedet, andere können noch gestoppt werden. In diesem Workshop führen wir am Beispiel der Kämpfe um die EPAs in die deutsche und europäische Afrikapolitik ein und fragen nach fairen Handelsbedingungen. Daran anknüpfend diskutieren wir, welche Rolle der “Marshallplan mit Afrika” und der “Compact for Africa” auch nach dem G20-Gipfel noch spielen.

Franziska Müller forscht und lehrt an der Universität Kassel, u.a. zu EU-Afrika-Beziehungen, Energie- und “Entwicklungs“politik. Sie ist aktiv in der Gruppe kassel postkolonial.

Boniface Mabanza ist Philosoph und Theologe, seit 2008 Koordinator der Kirchlichen Arbeitsstelle Südliches Afrika (KASA) in Heidelberg und forscht zur EU-Handelspolitik mit dem Südlichen Afrika.

Film: Der Mann, der die Wüste aufhielt (Regie: Mark Dodd, Burkina Faso 2013, 52 Minuten)

Ort: Lottas Kaufladen (Erich-Köhn-Str. 68) // Deutsch synchronisiert

Ein Bauer mit einer außergewöhnlichen Idee folgt seiner inneren Stimme und bietet der Wüste die Stirn. Am Rand der Sahelzone im Norden von Burkina Faso macht sich Yacouba Sawadogo daran, den völlig verkrusteten und ausgetrockneten Boden um sein Heimatdorf Gourga mit einer einfachen Spitzhacke aufzubrechen und mit einer alten, von seinen Vorfahren überlieferten Methode, dem Zaï, wieder zu fruchtbarem Land zu erwecken. Yacouba hat Erfolg. Und Neider, die zu Feinden werden und ihm ins allmählich gedeihende Handwerk pfuschen. Doch Yacouba gibt nicht auf und schließlich gelingt ihm ein einzigartiger Neuaufbau von Wäldern und Feldern mitten in der Wüste, mit denen er Aberhunderte von Familien ernähren kann.

18.00 Abendessen

19.00-21.00: Eröffnung: Kritische Perspektiven auf Migration, Entwicklung und ökologische Krise

Boniface Mabanza (Koordinator der Kirchlichen Arbeitsstelle Südliches Afrika) & Freweyni Habtemariam (Eritrean Initiative for Dialogue and Cooperation e.V.)

Moderation: Riadh Ben Ammar (Afrique-Europe-Interact/Theater für Bewegungsfreiheit) & Dora Sandrine Koungoyo Ndedi (Corasol/Magazin “Stimme”)

Ort: Saal May Ayim // gedolmetscht in DE–FR–EN

Als Grundlage für die Diskussionen der kommenden zwei Tage unternehmen Boniface Mabanza und Freweyni Habtemariam eine Bestandsaufnahme zum Zusammenhang von Migration, Entwicklung und ökologischer Krise. Boniface Mabanza führt in die historisch gewachsenen und zentral mit kolonialer Herrschaft verbundenen weltwirtschaftlichen Strukturen und Prozesse ein, die Ungleichheit zementieren, ökologische Zerstörung befördern und selbstbestimmte Entwicklung verhindern. Freweyni Habtemariam skizziert, insbesondere am Beispiel Eritrea, den Zusammenhang zwischen der Entwicklungspolitik eines autoritären Regimes mit deren dramatischen sozialen und ökologischen Folgen und den gravierenden Menschenrechtsverletzungen, die die Menschen zur Flucht zwingen, sowie den Bestrebungen europäischer Länder, u.a. durch Grenzverschärfungen in Afrika Migration zu erschweren. Auch berührt ihre Einführung vielfältige Herausforderungen, die sich Geflüchteten, einmal in Europa bzw. Deutschland angekommen, stellen. Des Weiteren geht es darum, unter welchen Bedingungen Geflüchtete den Kontakt zu ihrem Herkunftsland aufrechterhalten und welche Rolle Entwicklungsfragen dabei spielen. Von diesen Einführungen erhoffen wir uns wertvolle Inspirationen für die anschließenden Debatten.

Boniface Mabanza ist in der Demokratischen Republik Kongo unter der Militärdiktatur Mobutus geboren und studierte und promovierte in Kinshasa und Münster. Er ist unter anderem in der Kampagne gegen die EPA-Freihandelsabkommen aktiv und arbeitet als Koordinator der Kirchlichen Arbeitsstelle Südliches Afrika in der Werkstatt Ökonomie in Heidelberg.

Freweyni Habtemariam ist Dipl. Germanistin/Anglistin, stellvertretende Vorsitzende der Eritrean Initiative for Dialogue and Cooperation e.V. und beeidigte Dolmetscherin und Übersetzerin.

21.00-21.30: Pause

21.30-22.30: Theaterstück „Fear and the City“ vom Club Al-Hakawati

Ort: Saal May Ayim

Guernica Reloaded: Der deutsche Soldat erblickte eine verkleinerte Reproduktion der Guernica und fragte: “Haben Sie das gemacht?” Picasso antwortete: “Nein, Sie!” Von Guernica über Aleppo nach Berlin: „Fear and the City“ sind Geschichten von einer Stadt, die jede Stadt sein könnte, die im Laufe ihrer Geschichte komplett zerstört wurde. Die Überlebenden erzählen Geschichten von Kämpfen und Flucht und wie sie den Krieg tagtäglich erleb(t)en.

Der Club Al Hakawati ist eine selbstorganisierte Theatergruppe aus Geflüchteten und Nicht-Geflüchteten. Durch Theater und andere Arten von Kunst kämpfen wir gegen jede Art von Rassismus, Diskriminierung und Sexismus. Wir kämpfen für Menschenrechte, Bewegungsfreiheit und Kulturelle Vielfalt. Wir kommen aus verschiedenen Teilen der Welt und sind offen für alle Menschen. Wir sind ein kreatives Kollektiv, eine Community, bei der jedes Mitglied wichtig ist. In unseren Stücken reproduzieren wir Erlebtes und Erzähltes aus unseren Ländern. Wir haben Hoffnungen, Träume und großartige Ziele, die wir gemeinsam erreichen wollen und werden.

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Samstag

8.30-9.30: Frühstück

9.30-11.00: Vier parallele Podien

Am Samstagmorgen gibt es vier Podien, die parallel laufen. Unser Ziel dabei ist es, dass möglichst viele Teilnehmende der Konferenz sich mit einigen der Themen auseinandersetzen, die uns als Vorbereitungskreis besonders wichtig erscheinen. Dabei wollen wir darauf achten, dass bei jedem Podium ungefähr gleich viele Menschen sind.

Kämpfe von Frauen für selbstbestimmte Entwicklung

Mercia Andrews (Direktorin von TCOE, Trust for Community Outreach and Education, Kaptstadt), Dora Sandrine Koungoyo Ndedi (Aktivistin bei Corasol und Gründerin des Magazins „Stimme“, Potsdam) & Nyima Jadama (Journalistin, Freiburg)

Moderation: Carina Flores (Entwicklungspolitisches Netzwerk Sachsen, Leipzig) & Miriam Gutekunst (Konzeptwerk Neue Ökonomie, Leipzig)

Ort: Saal May Ayim // EN–FR (gedolmetscht in DE–FR–EN)

Fragen von Entwicklung, globaler Gerechtigkeit und einem guten Leben betreffen alle Menschen. Patriarchale Geschlechterverhältnisse beeinträchtigen die Lebensperspektiven von Frauen jedoch noch einmal besonders. Gerade in politisch und ökonomisch unsicheren Ländern auf dem afrikanischen Kontinent sind Frauen verstärkt von Ausbeutung, Armut, Gewalt und Diskriminierung betroffen – trotz ihrer häufig ziemlich starken Position im Alltagsgeschehen. So haben Frauen in armen Ländern nur zehn Prozent der Nutzungsrechte für Anbauflächen – in afrikanischen Ländern im Schnitt sogar nur ein Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche –, obwohl 80 Prozent aller Nahrungsmittel von ihnen produziert werden. Gleichzeitig haben feministische Bewegungen, Solidaritäten und Selbstorganisierungen von Frauen eine lange Tradition in vielen afrikanischen Ländern. Frauen verlassen oft aus anderen Gründen als Männer ihr Land – und müssen dabei andere Wege nehmen (geschlechtsspezifische Benachteiligung oder Gewalt). Einmal in Europa angekommen, müssen geflüchtete Frauen nicht nur weiterhin patriarchalen Verhältnissen widerstehen, sondern sind zusätzlich mit einem Migrationsregime konfrontiert, das sie auf besondere Weise in ihren Lebenschancen einschränkt. Auf diesem Podium wird es um die Kämpfe von Frauen für selbstbestimmte Entwicklung – sowohl in Afrika als auch in Europa – sowie die transnationalen Verbindungen und Allianzen gehen.

Mercia Andrews ist Direktorin der NGO Trust for Community Outreach and Education (TCOE) in Kapstadt, die vor allem mit Kleinfarmer_innen arbeitet. Außerdem ist sie regionale Koordinatorin des Southern African Rural Women‘s Assembly.

Nyima Jadama ist Journalistin aus Gambia und lebt in Freiburg. Sie studiert Politikwissenschaft an der Kiron University und arbeitet u.a. für „Our voice – Die Stimme der Unsichtbaren“, eine Radiosendung von Radio Dreyeckland von und für Geflüchtete.

Dora Sandrine Koungoyo Ndedi ist Informatikerin und lebt in Potsdam. Sie ist Gründerin des Magazins „Stimme“ und in unterschiedlichen Gruppen in Berlin aktiv, wo sie sich vor allem für die Rechte von Frauen in Deutschland und Kamerun einsetzt.

Soziale Bewegungen und selbstbestimmte Entwicklungsperspektiven in Afrika

Victor Nzuzi (Bauer und Aktivist, Afrique-Europe-Interact/La Via Campesina, DR Kongo) & Emmanuel Mbolela (Afrique-Europe-Interact)

Moderation: Conni Gunßer (Afrique-Europe-Interact)

Ort: Salon Lilian Masediba Ngoyi // FR (gedolmetscht in DE–FR–EN)

Für viele Menschen in Europa – auch linke Aktivist_innen – ist Afrika bis heute der Kontinent der Krisen, d.h. der Kriege, des Hungers, der Armut, der Kinderarbeit, der politischen Verfolgung etc. Doch diese Wahrnehmung ist grundverkehrt, sie ist ein Erbe des kolonialen Blicks, der bis heute glaubt, Afrika in erster Linie helfen und somit zivilisieren zu müssen. Die beiden Referenten werden am Beispiel verschiedener Themen die überaus vielfältige zivilgesellschaftliche und bewegungspolitische Landschaft in zahlreichen afrikanischen Ländern vorstellen. Denn gerade weil viele afrikanische Regierungen korrupt, klientelistisch und an westlichen Interessen orientiert sind (was ebenfalls ein verhängnisvolles Erbe des Kolonialismus darstellt), ist in Afrika häufig die von Bauern und Bäuerinnen, (Markt-)Frauen, Migrant_innen, jungen Menschen, Minenarbeiter_innen und vielen anderen gesellschaftlichen Gruppen getragene Zivilgesellschaft der einzige Akteur, der tatsächlich einen ernsthaften Beitrag zur Veränderung leisten kann. Wie groß der jeweilige Spielraum ist, hängt dabei sehr stark von den einzelnen Ländern ab, aber gerade die beeindruckende Revolution in Burkina Faso im Oktober 2014 zeigt, dass selbst fest im Sattel sitzende Diktatoren von breiten sozialen Bewegungen verjagt werden können.

Victor Nzuzi ist einer der bekanntesten Globalisierungskritiker_innen in der Demokratischen Republik Kongo. Er ist Erdnussbauer und als Mitglied von Via Campesina vor allem in kleinbäuerlichen Kämpfen aktiv. Er hat eine eigene Radiosendung, zudem ist er regelmäßig an Film- und Fernsehproduktionen beteiligt, bei denen es u.a. um Korruption, Verschuldung, Klimawandel und Migration geht. 2008 war Victor Nzuzi beim Klima-/Migrationscamp in Hamburg dabei. 2011 hat er an der Bamako-Dakar-Karawane teilgenommen, aus der das transnationale Netzwerk Afrique-Europe-Interact hervorgegangen ist.

Emmanuel Mbolela musste die Demokratische Republik Kongo 2002 nach kurzer Haft aus politischen Gründen verlassen. Er lebte vier Jahre in Marokko, bevor er 2008 in die Niederlande ausreisen konnte. 2015 veröffentlichte er das Buch „Mein Weg vom Kongo nach Europa. Zwischen Widerstand, Flucht und Exil“. Emmanuel ist aktiv bei Afrique-Europe-Interact.

Leben auf Kosten anderer: Kapitalismus, Kolonialismus und die Ausbeutung von Mensch und Natur

Ulrich Brand (Universität Wien) & Lucía Muriel (MEPa e.V., Berlin)

Moderation: Peter Donatus (freier Journalist, Umwelt- und Menschenrechtsaktivist, Köln)

Ort: Salon Lilian Masediba Ngoyi // DE (gedolmetscht in DE–FR–EN)

„Wir sind hier, weil ihr unsere Länder zerstört“ ist seit langem ein Slogan selbstorganisierter Geflüchtetenorganisationen. Damit wird u.a. darauf verwiesen, dass Kapitalismus, koloniale Kontinuitäten und ökologische Zerstörung zentrale Ursachen für die globale Ungleichheit sind und in einer emanzipatorischen Diskussion über Fluchtursachen nicht fehlen dürfen. Gleichzeitig gibt es Bewegungen im globalen Norden, auch in Europa, die genau diese Zusammenhänge von der anderen Seite her kritisieren – nämlich, dass die wachstums- und profitorientierte Produktions- und Lebensweise im globalen Norden dazu führt, dass einige Menschen (vor allem in den früh industrialisierten Ländern) auf Kosten anderer (vor allem in den ehemals kolonisierten Ländern) leben. Wie hängt beides zusammen? Inwiefern lässt sich das Wachstums- und Wohlstandsmodell des globalen Nordens und die imperiale Lebensweise als Fluchtursache verstehen? Auf diesem Podium wird diskutiert, inwiefern Wachstums- und Kapitalismuskritik wie Degrowth oder Postwachstum mit flucht- und migrationspolitischen Fragen zusammenhängen. Daraus sollen sich neue Perspektiven für gemeinsame Kämpfe um ein selbstbestimmtes Leben ergeben, die diese Perspektiven zusammendenken.

Ulrich Brand ist Professor für Internationale Politik an der Universität Wien. Er forscht u.a. zu den Themen Globalisierung und Globalisierungskritik, Global Governance und Transformation des Staates, Umwelt- und Ressourcenpolitik sowie zu sozialen Bewegungen.

Lucía Muriel ist Gründungsmitglied und Vorsitzende des migrantischen Bundesverbandes Migration, Entwicklung MEPa e.V. in Berlin. Sie arbeitet vor allem zu Empowerment von Migrant_innen und Diaspora.

Zur Aktualität anti-kolonialer (Entwicklungs-)Konzepte

Hamado Dipama (AK Panafrikanismus, München) & Ekanga Ekanga Claude Wilfried (Autor, Universität Frankfurt)

Moderation: Isabelle Reimann

Ort: Mekatilili wa Menza // DE–FR (gedolmetscht in DE–FR–EN)

Der antikoloniale Aktivist und Theoretiker Frantz Fanon rief 1961 dazu auf, dass die Welt etwas anderes von den Gesellschaften der (ehemals) kolonisierten Gebiete erwarte als eine „fratzenhafte und obszöne Nachahmung“ Europas. Aktuelle Diskussionen über selbstbestimmte Entwicklung, ökologische Nachhaltigkeit oder Alternativen zu kapitalistischer Wirtschaftsweise müssen nicht bei Null anfangen, sondern können auf Jahrhunderte von Kämpfen gegen Kolonialismus und Ausbeutung aufbauen. Vor allem in den afrikanischen Unabhängigkeitsbewegungen des 20. Jahrhunderts wurden grundlegende Kritiken formuliert (und teilweise umgesetzt), die Gesellschaftsentwürfe jenseits westlicher „Entwicklung“, kapitalistischer Ausbeutung und Zerstörung sowie individualisierter Konkurrenz beinhalteten. Auf diesem Podium wird in anti-koloniale (Entwicklungs-)Konzepte eingeführt und diskutiert, wie relevant sie für heutige Problemlagen sind und wie realistisch innerhalb gegebener Kräfteverhältnisse. Wie können sie dabei helfen, das langfristige Erbe kolonialer Dominanz in Afrika zu überwinden – beispielsweise in Bezug auf Sprache, Währung, Handelsbeziehungen und Migrationspolitik?

Hamado Dipama ist 2002 aus Burkina Faso nach Deutschland geflohen und lebte neun Jahre lang mit dem Status der Duldung. Seit 2007 ist er Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats. Er ist Gründer des Arbeitskreises Panafrikanismus München e.V. sowie Mitbegründer und Stellv. Vorsitzender des Zentralrats der afrikanischen Gemeinde in Deutschland. Hamado Dipama beschäftigt sich seit langem mit dem Erbe des ehemaligen Präsidenten von Burkina Faso, Thomas Sankara, der im Zuge eines Militärputsches ermordet worden ist.

Ekanga Ekanga Claude Wilfried schloss 2008 sein Hochschulstudium in Yaoundé, Kamerun ab und studiert seit 2010 in Frankfurt Politikwissenschaft. Er hat den Gedichtband „Des Afriques et des vers“ veröffentlicht, schreibt für die kamerunische Onlinezeitung camersenat.info und hält Vorträge zu neokolonialen Verstrickungen der zentral- und westafrikanischen Währungen FCFA-Franc und afrikanischer Bildungssysteme.

11.00-11:30 Pause

11.30-13.30: Workshop-Phase 1

Stress als Grundzustand: Geflüchtete zwischen Isolation, Rassismus und Abschiebeangst

Geraud Potago & Darik Yonkeu (NoStress-Tour und Afrique-Europe-Interact)

Ort: Saal May Ayim // FR (gedolmetscht in DE–FR–EN)

Stress ist für viele Geflüchtete eine Art Grundzustand. Vor diesem Hintergrund hat eine Gruppe Geflüchteter in Berlin und Brandenburg zwischen Juni und September 2016 in vier Flüchtlingslagern in Berlin und Bielefeld die NoStress-Tour durchgeführt. Ziel war es, mit niedrigschwelligen Angeboten wie Sport, Musik und Kinderprogramm die Lagerbewohner_innen aus ihrem Stress zu holen, dies jedoch in einem zweiten Schritt mit einer ausdrücklichen Empowerment-Perspektive zu verbinden. Zudem sollten mittels der NoStress-Tour Kontakte zu Nachbar_innen und Willkommensinitiativen aufgebaut werden. Das Projekt war insgesamt ein großer Erfolg, trotz zahlreicher Schwierigkeiten, gerade mit Willkommensinitiativen und antirassistischen Gruppen, wie zwei der Organisatoren in einem Interview danach festgestellt haben: “Wir wollen wirklich nicht polemisch sein, aber uns scheint, dass selbstorganisierte Geflüchteten-Aktivist_innen oft nicht ernst genommen werden.” Im kommenden Jahr soll es eine große NoStress-Konferenz geben, auch darum soll es in diesem Workshop zu Selbstorganisierung gehen.

Geraud Potago kommt aus Kamerun, wo er einige Jahre studiert hat. Sein Weg nach Europa war kompliziert, am schwierigsten waren seine Erfahrungen im Gefängnis in Mali. 2010 war er – ebenfalls in Mali – an der Gründung von Afrique-Europe-Interact beteiligt. In Europa ist er u.a. mit der CISPM (Coalition des Sans Papiers et Migrant.e.s) aktiv, außerdem hat er die NoStress-Tour 2016 initiiert.

Darik Yonkeu kommt aus Kamerun und hat sich dort in verschiedenen Kontexten engagiert, u.a. für die Rechte von inhaftierten Jugendlichen, im Kampf gegen Aids sowie in Tanzprojekten mit Jugendlichen. In Deutschland engagiert sich Darik bei IL Berlin und Afrique-Europe-Interact für die Rechte von Geflüchteten und war unter anderen an der NoStress-Tour und an “We’ll come united” beteiligt.

Ressourcen-Ausbeutung und korrupte Staatlichkeit. Kongo und Niger als exemplarische Fälle

Emmanuel Mbolela, Olaf Bernau & Ousman Oumarou Hamani (alle Afrique-Europe-Interact)

Ort: Foyer Ken Saro-Wiwa // FR (gedolmetscht in DE–FR–EN)

Die Lage scheint paradox: Einerseits sind zahlreiche Länder in Afrika extrem reich an mineralischen Rohstoffen, an Wasserressourcen oder an fruchtbaren Ackerflächen. Andererseits ist die Bevölkerung ausgerechnet in diesen Ländern von großer Armut betroffen. Hintergrund ist, dass korrupte Regierungen ihre Rohstoffe oder riesigen Landflächen an reiche Investoren aus aller Welt buchstäblich verschleudern: Diese müssen kaum Steuern und Gebühren zahlen, auch Umwelt- und Sozialauflagen spielen keine Rolle – im Gegenzug werden Korruption, Misswirtschaft und Verletzung von Menschenrechten (seitens “westlicher” Unternehmen oder Regierungen) stillschweigend akzeptiert. Ergebnis dieser bereits im Kolonialismus entstanden Kollaboration ist, dass für die ganz normale Bevölkerung kaum etwas übrig bleibt – vor allem, was soziale Infrastruktur wie Bildung, Gesundheitsversorgung, Straßen, Wasser, Strom etc. betrifft. In dem Workshop sollen diese Prozesse am Beispiel der Demokratischen Republik Kongo und dem Niger konkret diskutiert werden, auch mit Blick auf den Widerstand der vielfältigen sozialen Bewegungen in den beiden Ländern.

Emmanuel Mbolela musste die Demokratische Republik Kongo 2002 nach kurzer Haft aus politischen Gründen verlassen. Er lebte vier Jahre in Marokko, bevor er 2008 in die Niederlande ausreisen konnte. 2015 veröffentlichte er das Buch „Mein Weg vom Kongo nach Europa. Zwischen Widerstand, Flucht und Exil“. Emmanuel ist aktiv bei Afrique-Europe-Interact.

Olaf Bernau (NoLager Bremen) ist seit Mitte der 1980er Jahre politisch aktiv, seit 2010 vor allem im Rahmen von Afrique-Europe-Interact. Er fährt regelmäßig nach Mali.

Ousman Oumarou Hamani kommt aus dem Niger. Er war 15 Jahre in einem Lager in Sachsen-Anhalt untergebracht, heute lebt er in Bremen. Er ist aktiv bei Afrique-Europe-Interact.

Zirkuläre Migration (als Entwicklungsstrategie) statt Abschiebung oder “freiwilliger” Ausreise

Alassane Dicko (Afrique-Europe-Interact, Mali) & Stephan Dünnwald (Bayerischer Flüchtlingsrat, München)

Ort: Salon Lilian Masediba Ngoyi // FR–DE (gedolmetscht in DE–FR–EN)

Migration hat die Geschichte weiter Teile Afrikas maßgeblich geprägt. Entsprechend ist bis heute die an den Rhythmus der Regenzeit angelehnte zirkuläre Arbeitsmigration ein nicht wegzudenkender (Entwicklungs-)Faktor in Westafrika – vor allem als Pendelmigration zwischen Binnen- und Küstenländern. Gleichzeitig sind seit Ende der 1950er Jahre verstärkt Migrant_innen aus Ländern wie Mali oder Senegal Richtung Europa aufgebrochen. Vor diesem Hintergrund weisen afrikanische Aktivist_innen immer wieder darauf hin, dass Migration nicht kontrollierbar ist. In dem Workshop soll es einerseits um die wechselhafte Geschichte der zirkulären Migration in bzw. aus Afrika gehen, andererseits darum, wie diese “Entwicklungsstrategie von unten” durch die repressive EU-Migrationspolitik immer stärker unter Druck gerät. Zudem soll diskutiert werden, weshalb Rückkehrprogramme nach Afrika nur dann funktionieren können, wenn die Rückkehrer_innen das Recht haben, jederzeit erneut nach Europa zu kommen – zum Beispiel dann, wenn es nicht gelingen sollte, im Herkunftsland wieder Fuß zu fassen.

Alassane Dicko ist ausgebildeter Informatiker. 2006 wurde er aus der Elfenbeinküste nach Mali vertrieben, woher seine Eltern ursprünglich stammten. In Bamako hat er die Assoziation der Abgeschobenen (AME) mit aufgebaut, seit 2010 ist er Pressesprecher der malischen Sektion von Afrique-Europe-Interact.

Stephan Dünnwald ist Mitarbeiter des Bayrischen Flüchtlingsrats. Er hat zum Verhältnis von Anwohner_innen gegenüber Flüchtlingslagern geforscht und beschäftigt sich mit den Themen Migration und Entwicklung, Rückkehr, und Externalisierung europäischer Migrationspolitik. In diesem Zusammenhang war er länger in Mali.

Ökozid im Nigerdelta: Flucht und Migration als Folge westlicher Rohstoffpolitik

Peter Donatus (freier Journalist, Umwelt- und Menschenrechtsaktivist, Köln)

Ort: Mekatilili wa Menza // DE (gedolmetscht in DE–FR–EN)

In Kriegshandlungen kennt man die Aggressoren, die Flucht verursachen. Anders beim Ökozid: Der Täter ist der gesichtslose, ungreifbare globale Kapitalismus. Ökozid ist die Beschädigung und Zerstörung von Ökosystemen vorwiegend durch rücksichtslose industriell-zivilisatorische Handlungen des Westens und somit die Vernichtung der Lebensgrundlagen einer Bevölkerungsgruppe. Flucht und Migration sind reale Folgen von Ökoziden. Diejenigen, die deswegen fliehen müssen, gelten leider als „Wirtschaftsflüchtlinge“, und fallen somit nicht unter den Schutz der Genfer Flüchtlingskonvention. Was sind die sozialen, politischen, wirtschaftlichen und gesamtgesellschaftlichen Folgen der Ökozide? Wie stehen diese Folgen im Zusammenhang mit Migration und selbstbestimmter Entwicklung? Was kann getan werden, um Ökozide zu stoppen? Diese Fragen werden anhand der Lage im Niger-Delta von Nigeria beleuchtet, das erheblich unter den Folgen eines seit 1958 andauernden Ökodesasters leidet.

Peter Donatus, selbst vor 29 Jahren aus Nigeria geflüchtet, ist freier Journalist, Umwelt-/Menschenrechtsaktivist und Projektmanager. Er ist langjähriger Kritiker des Öl-Multis Shell. Peter Donatus kämpft seit mehr als drei Jahrzehnten gegen die Umweltverwüstung im Nigerdelta und wurde deswegen monatelang in Incommunicado-Haft ohne Anklageerhebung inhaftiert. Heute lebt er in Köln.

50 Jahre Eyadéma-Familiendiktatur ist genug! Zu den aktuellen Massenprotesten in Togo

Mit mehreren (togolesischen) Aktivist_innen, u.a. von Afrique-Europe-Interact

Ort: Studio Frantz Fanon // FR (gedolmetscht in DE–FR–EN)

Seit 50 Jahren ist das westafrikanische Land Togo fest im Griff des Eyadéma-Familienclans: Nachdem bereits 1963 der populäre Unabhängigkeitsführer Sylvanus Olympio ermordet wurde, putschte sich 1967 Gnassingbé Eyadéma an die Macht – im Übrigen ein enger Freund des langjährigen bayrischen Ministerpräsidenten Franz-Joseph Strauß (CSU). Als Eyadéma 2005 starb, folgte sein Sohn Faure Gnassingbé in das Präsidentenamt – bei Protesten nach den gefälschten Wahlen 2005 wurden ca. 800 Menschen von Sicherheitskräften ermordet. Doch seit 2013 finden regelmäßig Massenproteste in Togo statt, bei denen nicht zuletzt Marktfrauen eine wichtige Rolle spielen. Seit August 2017 demonstrieren wieder Hunderttausende, es besteht also aktuell die realistische Chance, dass sich die politische, soziale und ökonomische Situation in dem völlig heruntergewirtschafteten Land demnächst verändern könnte – und damit auch die Lage jener Hunderttausenden Menschen, die seit Beginn der 1990er Jahre aus Togo flüchten mussten.

Dekolonialisierung des Wissens und für eine Epistemologie des Südens

Miguel Angel Ruiz Martínez (Entwicklungspolitisches Netzwerk Sachsen) & Conrad Schmidt-Bens (Netzwerk Studieren & Transformieren)

Ort: Loge Thomas Sankara // DE (gedolmetscht in DE–FR–EN)

Formal ging die Ära des Kolonialismus nach dem Zweiten Weltkrieg zu Ende und viele Kolonien errangen politische Unabhängigkeit. Doch nicht nur die wirtschaftlichen und soziokulturellen Ketten blieben. Die Hegemonie der westlichen Welt schreibt weiterhin die Geschichte und beherrscht Wissenschaft, kritisches Denken und Lebensvorstellungen. Um die Ausbeutung von Menschen im Globalen Süden zu rechtfertigen sowie Wissens- und Definitionsmacht des Globalen Nordens zu erhalten, machen europäische Wissenschaften manche Menschen zu Menschen zweiter Klasse. Dabei ignorieren sie Wissensformen und Wissenspraxen im Globalen Süden oder klassifizieren sie als irrational. Der Workshop hinterfragt dieses Werte- und Wissenssystem des Globalen Nordens sowie dessen Instrumente der kognitiven Herrschaft. Darüber hinaus wollen wir uns über Ansätze einer Epistemologie des Südens und über emanzipatorische Ansätze der Erkenntnisfindung austauschen. Wir wollen verstehen, um zu handeln und handeln, um zu verstehen.

Miguel Angel Ruiz Martínez ist mexikanischer Menschenrechtler. Zur Zeit ist er in der Flüchtlingsarbeit tätig sowie als Berater für migrantische Organisationen im Bereich der Entwicklungspolitik.

Conrad Schmidt-Bens ist Bildungsaktivist, Dramaturg im Theater X und arbeitet bei Brot für die Welt. Dort hat er zusammen mit Studierenden aus dem Globalen Süden das Netzwerk Studieren & Transformieren für Bildungsgerechtigkeit gegründet.

Reparationen für koloniale Verbrechen und ökologische Zerstörung – Erfahrungen aus Tansania

Fulgence Kisalya (Vereinigung der Tansanier in Berlin und Brandenburg, Berlin)

Ort: Emiliano Zapata // DE (gedolmetscht in DE–FR–EN)

Im Maji Maji Krieg von 1905 bis 1907 taten sich verschiedene Bevölkerungsgruppen im Südwesten Tansanias zusammen, um sich gegen Arbeitszwang, Plantagenökonomie und die deutsche Kolonialherrschaft insgesamt zu wehren. Die Niederschlagung dieses Befreiungskampfes kostete schätzungsweise 300.000 Afrikaner_innen das Leben. Die Region leidet noch heute an den sozialen und ökologischen Folgen dieses Krieges. Die BRD hat sich nie offiziell für diesen Massenmord entschuldigt, ebenso wenig wie für andere Gräueltaten und Raube wie den des im Naturkundemuseum Berlins ausgestellten riesigen Dinosaurierskeletts. Tansanier_innen in Deutschland – zusammen mit anderen Menschen aus ehemaligen deutschen Kolonien wie beispielsweise Namibia – fordern schon lange eine Auseinandersetzung mit diesen kolonialen Verbrechen sowie Reparationen. Vor kurzem haben auch Regierungsmitglieder Tansanias das Thema Reparationen angesprochen. In diesem Workshop geht es um die Frage, ob und wie Reparationen (materieller und immaterieller Art) ein Mittel sein können, auf kolonialzeitliche Verbrechen und ökologische Zerstörungen adäquat zu reagieren.

Fulgence Kisalya ist aktiv bei der Vereinigung der Tansanier in Berlin und Brandenburg (UWATAB). Er hat lange als Kisuaheli-Sprachlehrer für den Deutschen Entwicklungsdienst und das Auswärtige Amt gearbeitet.

Film: God is Not Working on Sunday, eh! (Regie: Leona Goldstein, Ruanda 2015, 84 Minuten)

Ort: Lottas Kaufladen (Erich-Köhn-Str. 68) // Französisch/Kinyarwanda mit deutschen oder englischen Untertiteln

Mehrfach preisgekrönter Film von Leona Goldstein zur Situation von Frauen nach dem Genozid in Ruanda 1994. “God is not Working on Sunday, eh!“ erzählt die Geschichte von Godelieve Mukasarasi und Florida Mukarubuga. Zwei von vielen Frauen in Ruanda, die sich darum bemühen, die Traumatisierungen des Völkermords durch gemeinsame Aktivitäten und individuelle und kollektive Unterstützungsangebote zu überwinden – wobei sowohl Überlebende als auch Täter_innen angesprochen werden. Trotz ihrer unterschiedlichen Biographien kämpfen die beiden Frauen für ein gemeinsames Ziel: Versöhnung, gleiche Rechte und politische Beteiligung von Frauen. Ohne finanzielle Mittel oder eine einschlägige Ausbildung haben sie es geschafft, ein lebendiges und unabhängiges Frauen-Netzwerk aufzubauen, das heute eine wichtige Rolle beim Wiederaufbau der Nachbarschaften, im Versöhnungsprozess und beim Vorantreiben des sozialen Wandels spielt.

13.30-14.30: Mittagessen von „Arkitchen“ mit kurzer Vorstellung

14.30-16.30: Workshop-Phase 2

Okzidentalisierung und Entwicklung: Was sind die Herausforderungen für Afrika?

Ort: Saal May Ayim // FR (gedolmetscht in DE–FR–EN)

Der Westen spielt nach wie vor eine wesentliche Rolle dabei, wie sich Afrika entwickelt. Diese Rolle beruht auf dem Bestreben der westlichen Staaten, Afrika für immer für sich zu vereinnahmen. Das geschieht, indem diesen Gesellschaften ein Entwicklungsmodell auferlegt wird, das in jeglicher Hinsicht eine Kopie des westlichen Systems ist. Diese umfassende Okzidentalisierung Afrikas hat seine Anfänge bereits in den dunklen Jahren des Kolonialismus. Sie zieht sich bis heute durch Strukturanpassungsprogramme, Formen von „Entwicklungshilfe“ und die Durchsetzung eines westlichen Regierungssystems. In unserem Workshop möchten wir uns mit dem Phänomen der Okzidentalisierung in all ihren Dimensionen auseinandersetzen. Wir möchten deren Folgen sowohl in Afrika als auch in der Welt aufdecken, indem wir den Zusammenhang zwischen Okzidentalisierung und den afrikanischen Regierungen, Bürgerkriegen, Akkulturationsprozessen, Entwicklung und Migration sowie den ungleichen wirtschaftlichen Verhältnissen sichtbar machen. Wie kann Afrika, dazu verdammt in Abhängigkeit zum Westen zu stehen, von dieser Okzidentalisierung profitieren, ohne sich komplett von ihr vereinnahmen zu lassen?

Dora Sandrine Koungoyo Ndedi ist Informatikerin und lebt in Potsdam. Sie ist in unterschiedlichen Gruppen in Berlin aktiv und Gründerin des Magazins „Stimme“. Sie beschäftigt sich vor allem mit den Kämpfen für die Rechte von Frauen und die Verbesserung ihrer Lebensbedingungen in Deutschland und Kamerun.

Rodrigue Péguy Takou Ndie stammt aus Kamerun. Er floh 2013 nach der Veröffentlichung eines kritischen Romans über Jugendarbeitslosigkeit nach Deutschland. 2015 veröffentlichte er in Frankreich ein Buch über den deutschen Kolonialismus im heutigen Kamerun, Anfang 2018 erscheint auf Deutsch sein Roman über das Lagerleben von Geflüchteten in Deutschland. Er ist unter anderem bei Afrique-Europe-Interact aktiv.

Ekanga Ekanga Claude Wilfried schloss 2008 sein Hochschulstudium in Yaoundé, Kamerun ab und studiert seit 2010 in Frankfurt Politikwissenschaften. Neben einem Gedichtband („Des Afriques et des vers“) schreibt er für die kamerunische Onlinezeitung camersenat.info und hält Vorträge zu neokolonialen Verstrickungen der Währung FCFA und des afrikanischen Bildungssystems.

Auf der Flucht vor dem Klima – klimabedingte Migration und Flucht im internationalen Kontext

Sophia Wirsching (Brot für die Welt) & Oscar Choque (Fachpromotor für Rohstoffmärkte, Entwicklungen und Migrationsbewegungen – Sachsen)

Ort: Foyer Ken Saro-Wiwa // DE (gedolmetscht in DE–FR–EN)

Der Klimawandel ist keine isolierte Fluchtursache, trägt aber als starker Risikomultiplikator dazu bei, dass Menschen aufgrund seiner Folgen ihre Heimat verlassen müssen. Betroffen sind in der Regel die Länder des Globalen Südens, die ohnehin nur geringe Anpassungskapazitäten haben. Gerade vor dem Hintergrund der historisch bedingten Verantwortung der Länder des Globalen Nordens muss dies geändert und, in Zusammenhang mit den Diskussionen über klimabedingte Schäden und Verluste, auch über klimabedingte Migration und Flucht intensiver gesprochen werden. Wie können Menschen, die aufgrund von Umweltfaktoren migrieren müssen, rechtlichen Schutz erfahren? Welche Lösungsansätze existieren im Globalen Süden und welche Verantwortung trägt der Globale Norden? Welche Rolle spielt dabei der internationale Klimaschutz in der Zeit nach der COP 21 von Paris zur Bekämpfung und Eindämmung ökologischer Krisen?

Sophia Wirsching ist seit 2009 als Referentin für Migration und Entwicklung für Brot für die Welt tätig. In enger Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen engagiert sie sich für bessere Lebensbedingungen. Sie setzt sich in ihrer Arbeit gegen Menschenrechtsverletzungen und Fluchtgründe wie Gewalt, Armut und die Folgen des Klimawandels ein. Zu ihren Tätigkeiten zählt ebenfalls, den Menschenrechtsschutz für Migrantinnen und Migranten in Transit- und Zielländern zu verbessern.

Oscar Choque ist Fachpromotor für Rohstoffmärkte, Entwicklungen und Migrationsbewegungen – Sachsen. Er ist aktiv bei Ayni Verein für Ressourcengerechtigkeit e. V. im Umweltzentrum Dresden. Er arbeitet mit Schüler*innen, Lehrer*innen, Student*innen und Multiplikator*innen zu den Zusammenhängen zwischen Rohstoffkonsum, Rohstoffabbau und den damit verbundenen Menschenrechtsverletzungen.

Wie Migrant_innen durch Geldüberweisungen und anderes zur selbstbestimmten Entwicklung von unten beitragen

Bakayoko Mamadou, Abbas Diallo, Conny Gunßer und andere (alle Afrique-Europe-Interact)

Ort: Salon Lilian Masediba Ngoyi // DE–FR (gedolmetscht in DE–FR–EN)

Geldüberweisungen von Migrant_innen machen ein Vielfaches der internationalen „Entwicklungshilfe“ aus und sind ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor für viele Länder des Südens. So haben im Jahr 2012 Migrant_innen aus dem Senegal 1,4 Milliarden US-Dollar an ihre Familien geschickt, was 11,4 Prozent des Bruttoinlandprodukts ausmacht. Wenn diese Beträge durch die repressive EU-Migrationspolitik wegbrechen, ist das u.a. dramatisch für Ernährung, Gesundheitsversorgung und Schulbildung, wofür die Rücküberweisungen von den Familien meist verwendet werden. Gleichzeitig sollte aber auch nicht aus dem Blick geraten, dass die Rücküberweisungen für viele afrikanische Regierungen eine willkommene Möglichkeit darstellen, die Löcher im Staatshaushalt zu stopfen, die durch Korruption, Misswirtschaft und neoliberale IWF-Strukturanpassungsprogramme entstanden sind. In dem Workshop sollen anhand konkreter Beispiele die unterschiedlichen Aspekte von Rücküberweisungen diskutiert werden. Hierzu gehört auch der enorme Druck, dem viele Migrant_innen seitens ihrer Familien ausgesetzt sind, vor allem wenn sich Letztere in Notsituationen befinden.

Bakayoko Mamadou aus der Elfenbeinküste, Mitgründer von Ascore: Solidarisch für Geflüchtete, Mitglied von Afrique-Europe-Interact, lebt in Strassburg, Informatiker.

Abbas Diallo ist als Geflüchteter aus Mali nach Europa gekommen. Inzwischen macht er in Sachsen-Anhalt eine Ausbildung und ist bei Afrique-Europe-Interact aktiv.

Conni Gunßer ist bereits seit vielen Jahren in unterschiedlichen antirassistischen Netzwerken dabei. Heute ist sie vor allem bei Lampedusa in Hamburg, beim Hamburger Flüchtlingsrat, beim Watch The Med Alarmphone und bei Afrique-Europe-Interact aktiv.

Agrarindustrie contra kleinbäuerliche Landwirtschaft

Victor Nzuzi (Via Campesina Kongo) & Julianna Fehlinger (Via Campesina Österreich)

Ort: Mekatilili wa Menza // DE–FR (gedolmetscht in DE–FR–EN)

Rund um den Globus steht die kleinbäuerliche Landwirtschaft bereits seit langem unter Druck. In den Ländern des Südens waren es insbesondere die Strukturanpassungsprogramme von IWF, Weltbank und Co, die seit Anfang der 1980er Jahre durch erzwungene Marktöffnungen, Privatisierungen, Streichung von Subventionen etc. die ohnehin äußerst prekären Verhältnisse auf dem Land massiv verschlechtert und somit (selbstbestimmte) bäuerliche Entwicklungsperspektiven eingeschränkt haben. Hinzu kommen neuere, nicht weniger dramatische Entwicklungen, insbesondere Landgrabbing, Investitionsstrategien von Agrobusiness-Konzernen, neoliberale Freihandelsabkommen und der Klimawandel. Was das konkret heißt, soll in dem Workshop vor allem am Beispiel der Demokratischen Republik Kongo diskutiert werden. Dabei soll es auch darum gehen, wie bäuerliche bzw. soziale Bewegungen in Europa kleinbäuerliche Kämpfe im globalen Süden unterstützen können – unter anderem mit Blick auf Landkämpfe.

Victor Nzuzi ist einer der bekanntesten Globalisierungskritiker_innen in der Demokratischen Republik Kongo. Er ist Erdnussbauer und als Mitglied von Via Campesina vor allem in kleinbäuerlichen Kämpfen aktiv. Er hat eine eigene Radiosendung, zudem ist er regelmäßig an Film- und Fernsehproduktionen beteiligt, bei denen es um Korruption, Verschuldung, Klimawandel, Migration etc. geht. 2008 war Victor Nzuzi beim Klima-/Migrationscamp in Hamburg dabei und 2011 hat er an der Bamako-Dakar-Karawane teilgenommen, aus der das transnationale Netzwerk Afrique-Europe-Interact hervorgegangen ist.

Julianna Fehlinger ist Geschäftsführerin der österreichischen Berg- und Kleinbäuerinnen Vereinigung. Sie ist Aktivistin bei AgrarAttac und bei Via Campesina. Seit Anfang 2014 lebt sie mit zwei Frauen auf einem gemeinschaftlich geführten Hof in Oberösterreich. Sie ist auch als Bäuerin aktiv in der Bewegung für Ernährungssouveränität.

Verwicklung anerkennen – Entwicklung zurückweisen – Abwicklung organisieren

Daniel Bendix (glokal und Universität Jena, Berlin) & Aram Ziai (Universität Kassel und kassel postkolonial)

Ort: Studio Frantz Fanon // DE (gedolmetscht in DE–FR–EN)

Der Westen sieht sich gern als Zentrum der Vernunft, des Erfindungsreichtums und der Menschenrechte. Das haben antikoloniale Kritiker*innen immer schon als scheinheilig enthüllt: Mit den Worten Frantz Fanons sind „der Wohlstand und der Fortschritt Europas mit dem Schweiß und den Leichen der Kolonisierten errichtet worden“. Dieser Workshop führt in die kolonialen Verwicklungen ein, die das Fundament von „Entwicklung“ und „Unterentwicklung“ bilden. Dann beschäftigen wir uns mit der grundsätzlichen Kritik an Entwicklungspolitik und -hilfe („Post-Development“), die diese als rassistisch, paternalistisch und autoritär ablehnt. Zum Abschluss wollen wir die alternative Idee der „Abwicklung“ diskutieren. Danach muss die ökonomische und militärische Macht im Globalen Norden verringert werden und die Versorgung mit Nahrungsmitteln und Rohstoffen selbst sichergestellt werden, damit Gesellschaften in den ehemals kolonisierten Weltgegenden selbstbestimmte Wege gehen können.

Daniel Bendix ist Fellow am Kolleg Postwachstumsgesellschaften der Universität Jena, bei glokal aktiv und beschäftigt sich mit kolonialer Macht in der Entwicklungspolitik, Rassismus in Deutschland und Kritik von Bevölkerungspolitik.

Aram Ziai arbeitet im Fachgebiet Entwicklungspolitik und Postkoloniale Studien an der Universität Kassel. Er lebt in der Nähe von Aachen, ist Mitglied der Bundeskoordination Internationalismus, engagiert sich bei kassel postkolonial und forscht zu Post-Development und zur Weltbank.

Der Global Compact for Migration als koloniale Herrschaft über die Mobilität von Menschen

Claudio Feliziani (Filmemacher, Berlin)

Ort: Loge Thomas Sankara // EN (gedolmetscht in DE–FR–EN)

Was bedeutet es, sichere Wege der Migration zu schaffen, die nicht den selektiven Einwanderungsregelungen der Interessen von Ländern im Globalen Norden entsprechen? Wie geordnet verläuft die „freiwillige Rückkehr“ von Menschen in Haft? In diesem Workshop diskutieren wir den „Global Compact for Safe, Orderly and Regular Migration“. Er beinhaltet die Anwerbung von Nichtregierungs- und zivilgesellschaftlichen Organisationen, um einen „Konsens der Zivilgesellschaft“ herzustellen, der allerdings dem kolonialen Muster von Migration entspricht. Allen voran wiederholen Deutschland und die EU-Doktrin folgendes Muster: Den einzigen, denen ermöglicht wird die Grenze zu überqueren, sind Geflüchtete nach der Genfer Konvention von 1951; „Wirtschaftsflüchtlinge“ werden abgehalten oder abgeschoben.

Claudio Feliziani ist Filmemacher, Aktivist und unabhängiger Forscher. Fast zehn Jahre lang hat er sich in der Selbstorganisierung von Geflüchteten und Migrant_innen in Deutschland engagiert. Aktuell arbeitet er zur deutschen und europäischen Grenzpolitik.

Vom Leben auf Kosten anderer zu globaler Solidarität: Wachstumskritik, Degrowth und alternative Wirtschaftsweisen im globalen Norden

Miriam Lang (Universidad Andina Simón Bolívar, Quito), Nina Treu (Konzeptwerk Neue Ökonomie, Leipzig) & Matthias Schmelzer (Konzeptwerk Neue Ökonomie, Leipzig)

Ort: Emiliano Zapata // DE (gedolmetscht in DE–FR–EN)

Kapitalismus, Kolonialismus und ökologische Zerstörung bewirken, dass Menschen im globalen Norden – in den reichen Gesellschaften – auf Kosten anderer leben. Dabei leiden diejenigen, die am wenigsten zu den Problemen wie beispielsweise Klimawandel beigetragen haben, am meisten unter den Folgen (Verwüstung, Extremwetter). Die Kosten für den hohen Lebensstandard einiger werden in Form von Ausbeutung, Naturzerstörung, Industrieunfällen in den globalen Süden ausgelagert (externalisiert). Und das ist kein Zufall: Kapitalismus braucht kontinuierliches Wirtschaftswachstum. Aber unendliches Wachstum ist auf einem endlichen Planeten nicht möglich. Was bedeutet das konkret für die Diskussion um Fluchtursachen? Wie sehen Alternativen für die Länder des globalen Nordens aus, die nicht darauf basieren, woanders Zerstörung und Flucht zu verursachen? Muss dafür das Wachstums- und Entwicklungsparadigma überwunden werden? Können Vorschläge wie Postwachstum oder Degrowth, die in den letzten Jahren von mehr und mehr sozialen Bewegungen aufgegriffen wurden, dazu etwas beitragen?

Miriam Lang ist Dozentin für soziale und globale Studien an der Universidad Andina Simón Bolívar in Quito, Ecuador. In den neunziger Jahren war sie in der antirassistischen Bewegung aktiv und hat das Büro für medizinische Flüchtlingshilfe in Berlin mitgegründet.

Nina Treu arbeitet beim Konzeptwerk Neue Ökonomie. Sie ist Mitherausgeberin von “Degrowth in Bewegung(en)”, wo u.a. flucht- und migrationspolitische Kämpfe und Degrowth zusammengedacht werden.

Matthias Schmelzer arbeitet beim Konzeptwerk Neue Ökonomie und ist Permanent Fellow beim Kolleg Postwachstumsgesellschaften der Uni Jena. Er arbeitet zur Funktionsweise und Geschichte von und Alternativen zu Kapitalismus.

Fluchtursachen, Fluchterfahrung und Bestandsaufnahme des Lebens von Eritreer*innen in Deutschland

Freweyni Habtemariam (Eritrean Initiative for Dialogue and Cooperation e.V.)

Ort: Casablanca (Josephstr. 12) // Deutsch und Tigrinya

Dieser Workshop richtet sich sowohl an Geflüchtete aus Eritrea als auch an haupt- und ehrenamtlich engagierte Menschen. Im ersten Teil des Workshops wird es darum gehen, wichtige Fragen und Themen zusammenzutragen, die Geflüchtete sowie haupt- und ehrenamtliche Helfer/innen bewegen. Im Mittelpunkt stehen dabei Fragen zum Leben in Deutschland. Im zweiten Teil soll es einen Austausch zwischen beiden Gruppen geben und es soll an Lösungsansätzen gearbeitet werden. Ziel des Workshops ist es, zur Selbstorganisation zu ermutigen und Selbsthilfe zu mobilisieren sowie durch Vernetzung und Kooperation zu einer Integration beizutragen. Der Workshop findet auf Deutsch und Tigrinya statt.

Freweyni Habtemariam ist Dipl. Germanistin/Anglistin, stellvertretende Vorsitzende der Eritrean Initiative for Dialogue and Cooperation e.V. und beeidigte Dolmetscherin und Übersetzerin.

[Hier bitte die Übersetzung in Tigrinya einfügen wenn das geht, die ist in einem separaten Ordner als word und pdf (da ich die Schrift nicht habe). Entweder als Bild kopieren (aus dem PDF, oder Programm runterladen Keyman Tigrigna/Eritrea:
https://keyman.com/tigrigna/eritrean.php – wenns nicht geht ist auch nicht so schlimm, dann ohne…]

Film: Revolution mit bloßen Händen. La trajectoire d'un peuple. Le Burkina Faso (Ouagadougou/Wien 2016, 71 Minuten), Dokumentation von Moussa Ouédraogo & Hans-Georg Eberl

Gespräch mit Hamado Dipama (AK Panafrikanismus, München) & Hans-Georg Eberl (AEI, Wien)

Ort: Lottas Kaufladen (Erich-Köhn-Str. 68) // Französisch/Morée mit deutschen Untertiteln

„Revolution mit bloßen Händen. Le trajectoire d'un peuple. Le Burkina Faso” ist ein filmisches Dokument der Erinnerung an den Aufstand der Bevölkerung am 30. und 31. Oktober 2014 in Burkina Faso, der den Sturz des diktatorischen Regimes von Blaise Compaoré herbeigeführt hat. Der Film nähert sich unterschiedlichen Protagonist_innen des Aufstandes an und besucht symbolkräftige Orte des Geschehens. Er stellt die Frage nach den Motivationen, d.h. was der Aufstand mit den katastrophalen Lebensbedingungen der Bevölkerung sowie ihren Erinnerungen an vorausgegangene Kämpfe der letzten Jahrzehnte zu tun hat. Die Erzählungen beteiligter Personen zeugen davon, wie Frauen, Männer und Jugendliche sich ohne Waffen zu einem Nein gegen ein diktatorisches und militarisiertes Regime erhoben haben, in der Überzeugung, dass eine entschlossene Bevölkerung im Stande ist, gegen jede noch so große Übermacht zu siegen. Darüber hinaus fragt der Film nach den Hoffnungen und Erwartungen der verschiedenen Protagonist_innen des Aufstands bezüglich einer zukünftigen Gesellschaft.

Hamado Dipama ist 2002 aus Burkina Faso nach Deutschland geflohen und lebte neun Jahre lang mit dem Status der Duldung. Seit 2007 ist er Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats. Er ist Gründer des Arbeitskreises Panafrikanismus München e.V., sowie Mitbegründer und Stellv. Vorsitzender des Zentralrats der afrikanischen Gemeinde in Deutschland.

Hans Georg Eberl war lange Mitglied bei der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und Migrant_innen in München. Er lebt in Wien, ist Filmemacher und aktiv bei Afrique-Europe-Interact. In diesem Rahmen hält er sich regelmäßig in Togo, Burkina Faso und Mali auf.

16.30-17.00: Pause // pause // break

17.00-19.00: Workshop-Phase 3

Ökologische Landwirtschaft und Bewegungsfreiheit: Das Künstler*innendorf Faso Kele in Guinea

Julia Friese-Konaté (Faso Kele) & Julia Daiber (Afrique-Europe-Interact)

Ort: Saal May Ayim // DE (gedolmetscht in DE–FR–EN)

Im April 2016 gründete sich in der Region Kindia in Guinea (Conakry) ein ökologisches Künstler*innen-Dorf, welches von der transkulturellen Künstler*innen- und Aktivist*innen-Gruppe FASO KELE initiiert wurde. Inwiefern sich solche Initiativen positiv auf die lokale und globale Entwicklung, auf das Recht auf Bewegungsfreiheit sowie auf den Umwelt- und Ressourcenschutz auswirken, wollen wir in diesem Workshop besprechen und diskutieren. Beginnen wird der Workshop mit einer Performance, die die Grenzen zwischen Europa und Afrika aufzeigt und problematisiert, kulturelle, politische und konventionelle Grenzen hinterfragt und zur Grenzüberschreitung einlädt.

Julia Daiber hat in Freiburg Kunst und Visuelle Kommunikation studiert und dokumentiert seit 2012 fotografisch Aktionen des Netzwerks Afrique-Europe-Interact. Sie lebt in der Stadtkommune Allahopp in Bremen.

Julia Friese-Konaté ist aktivistische Künstlerin und seit 2009 regelmäßig in Westafrika. Im Jahr 2010 war sie Mitbegründerin des entwicklungspolitischen Vereins Mali Bakoydio und schloss sich Afrique-Europe-Interact an. Seit 2011 arbeitet und lebt sie mit der transkulturellen Künstler*innen-Gruppe Faso Kele zusammen.

Bittere Trauben. Arbeitskämpfe im südafrikanischen Weinbau

Mercia Andrews (Direktorin von TCOE, Trust for Community Outreach and Education, Kapstadt) & Karel Swartund Deneco Dube (Mitglieder und Aktivist_in von CSAAWU)

Ort: Foyer Ken Saro-Wiwa // EN (gedolmetscht in DE–FR–EN)

Die südafrikanische Gewerkschaft CSAAWU vertritt Landarbeiter*innen, die unter härtesten Bedingungen für Unternehmen schuften, deren Wein in viele Länder Europas exportiert wird, unter anderem nach Deutschland. Aufgrund mehrerer erfolgreicher Streiks, neuen Organisierungsansätzen und einer starken internationalen Vernetzung konnte CSAAWU erhebliche Verbesserungen der Arbeits- und Lebensbedingungen erreichen. 2016 streikten die 220 Beschäftigten bei Robertson's Winery zwölf Wochen lang für höhere Löhne. Das Weingut war Gegenstand der dänischen TV-Dokumentation “Bittere Trauben – Sklaverei im Weinberg”. Nach deren Ausstrahlung verschwanden die Robertson's Produkte aus dänischen Läden. Vertreter*innen der Basisgewerkschaft werden von ihren Kämpfen und Erfahrungen berichten. Mehr unter: https://csaawu.wordpress.com

Mercia Andrews ist Direktorin der NGO Trust for Community Outreach and Education (TCOE) in Kapstadt, die vor allem mit Kleinfarmer_innen arbeitet. Außerdem ist sie regionale Koordinatorin des Southern African Rural Women's Assembly.

Karel Swartund Deneco Dube ist Mitglied und Aktivist_in bei der Gewerkschaft CSAAWU.

Bleiben oder Gehen? Chancen und Risiken von Infokampagnen unter jungen Leuten in afrikanischen Ländern

Mamdou Konaté (Malischer Verein der Abgeschobenen), Diory Traoré, Abbas Diallo & Dorette Führer (alle Afrique-Europe-Interact)

Ort: Salon Lilian Masediba Ngoyi // FR DE (gedolmetscht in DE–FR–EN)

Die Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit in vielen Ländern (West-)Afrikas lässt immer wieder tausende junger Menschen Richtung Europa aufbrechen. Gleichzeitig ist der Weg hart, langwierig und gefährlich. Unzählige verlieren ihr Leben, sowohl in der Wüste als auch auf dem Meer. Und selbst die, die es geschafft haben, sind häufig jahrelang prekären Aufenthalts- und Lebensverhältnissen ausgesetzt – inklusive ständigem Abschiebedruck. Vor diesem Hintergrund wird nicht nur in den Herkunftsländern, sondern auch unter Migrant_innen in Europa heftig darüber diskutiert, ob und wie die sogenannten “Kandidat_innen der Migration” über die damit verknüpften Risiken aufgeklärt werden sollen. Denn lohnt es sich wirklich, sein Leben aufs Spiel zu setzen? Sollte man nicht eher zu Hause nach Alternativen suchen – unabhängig davon, dass Bewegungsfreiheit ein Menschenrecht ist? In dem Workshop soll dieser Grundsatzfrage aus unterschiedlichen Perspektiven nachgegangen werden, u.a. am Beispiel von Radiosendungen in Mali und dem derzeit geplanten Alarmphone Sahara, welches Migrant_innen in der Wüste praktisch unterstützen soll.

Mamadou Konaté lebt in Bamako Mali. Er ist Anwalt und Mitglied des Malischen Vereins der Abgeschobenen (AME).

Diory Traoré lebt in Bamako (Mali). Im Rahmen eines Vereins für die Verteidigung der Rechte malischer Migrant_innen macht sie regelmäßig Radiosendungen, unter anderem über das Watch The Med Alarmphone. Sie ist zudem für die Finanzen der malischen Sektion von Afrique-Europe-Interact zuständig.

Abbas Diallo ist als Geflüchteter aus Mali nach Europa gekommen. Inzwischen macht er in Sachsen-Anhalt eine Ausbildung und ist bei Afrique-Europe-Interact aktiv.

Dorette Führer lebt in Bremen und ist bei Afrique-Europe-Interact aktiv.

Die Stimme erheben – Autonom organisierte Magazine für und von geflüchteten Frauen und Migrantinnen

Sandrine Dora Ndedi & Dunia Dunaev (beide “Stimme Magazin“, Berlin)

Lieu: Salle Mekatilili wa Menza // FR (gedolmetscht in DE–FR–EN)

Das “Stimme Magazin” ist ein Rundumblick auf Frauen im Allgemeinen und Migrantinnen im Speziellen, die in immer größeren Zahlen ihr Land verlassen. Sie tun dies, aus dem Wunsch nach Emanzipation heraus, sich nicht mehr familiären Einschränkungen zu unterwerfen, um entwürdigenden kulturellen Riten zu entfliehen, um ein Studium anzufangen oder um sich ein anderes Leben anderswo aufzubauen. Seit 2012 sind 56 Prozent der ankommenden Geflüchteten Frauen. Als Frauen sind sie mit Diskriminierungen aufgrund ihres Geschlechts konfrontiert und erleiden die Traumata des Asyls in den Heimen, die nicht ihren Bedürfnissen entsprechen. Sie arbeiten oft in Teilzeit-Beschäftigungsverhältnissen und zu versetzten Zeiten, so dass Sozialkontakte selten sind. Dadurch leben sie isoliert, sind kaum über ihre Rechte informiert und haben deshalb Schwierigkeiten sich selbstbestimmt für ihre Bedürfnisse einzusetzen. „Stimme Magazin“ ist ein Projekt, das Frauen in juristischen, medizinischen oder sozialen Angelegenheiten und anderen Rahmenbedingungen des Überlebens in einem erstickenden System begleitet. Jede Art von Neugierde an unserem Projekt und unseren Ideen sind während des Workshops herzlich willkommen!

Dora Sandrine Ndedi ist Informatikerin und lebt in Potsdam. Sie ist in unterschiedlichen Gruppen in Berlin aktiv und Gründerin des Magazins „Stimme“. Sie beschäftigt sich vor allem mit den Kämpfen für die Rechte von Frauen und die Verbesserung ihrer Lebensbedingungen in Deutschland und Kamerun.

Dunia Dunaev kommt aus Russland und war dort als Journalistin tätig. Sie ist jetzt Aktivistin in Berlin und Redakteurin des Magazins „Stimme“. Sie kämpft für die Verbesserung der Lebensbedingungen von Frauen und deren Empowerment.

Gemeinsame Kämpfe und Strategien von Schwarzen/People of Color und Geflüchteten – und ihre Hindernisse

Adam Bahar (Aktivist der Geflüchtetenbewegung, Berlin) & Tahir Della (Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, Berlin)

Ort: Studio Frantz Fanon // DE (gedolmetscht in DE–FR–EN)

In den letzten 30 Jahren entwickelten sich zahlreiche Selbstorganisationen Schwarzer Menschen bzw. People of Color in der BRD, welche ihre Erfahrungen bezüglich Rassismus und Ausgrenzung zum Anlass nahmen, Strategien und Widerstand gegen rassistische Verhältnisse zu entwickeln. Über die Jahre wurde erkannt, dass die koloniale Erfahrung eine wichtige Rolle spielt und deren Aufarbeitung und Dekolonisierung zentral ist. Die Debatte um Migration und Flucht hat dieser Entwicklung einen neuen Schub verliehen und gleichzeitig wurde deutlich, dass die Communities der bereits seit langem hier lebenden Schwarzen/People of Color nicht sofort Anschluss fanden an die Refugee-Bewegung – und umgekehrt. Die Gründe hierfür sind sehr vielschichtig und stellen eine enorme Herausforderung im Kampf gegen kolonialrassistische Verhältnisse dar. Der Workshop, der von je einem Aktivisten der jüngeren Schwarzen Bewegung in Deutschland und einem der Refugee-Bewegung geleitet wird, beschäftigt sich zum einem mit der Herausbildung der beiden Bewegungen und zum anderen mit der Entwicklung von gemeinsamen Strategien angesichts von Hindernissen.

Adam Bahar kommt aus dem Sudan und ist seit 2012 in der BRD. Er ist seit 2012 aktiv in der Refugee-Bewegung sowie in anderen politischen Zusammenhängen.

Tahir Della wohnt in Berlin und ist Jahrgang 1962. Seit 1986/87 ist er als Aktivist in der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD) tätig. Seine Schwerpunkte sind unter anderem das jährliche Bundestreffen der ISD, die Kampagnen “Stop Racial Profiling”, Dekolonisierung des öffentlichen Raums und “No Blackfacing”.

Transnationale Verbindungen: Die Arbeit von “Voix des Migrants” in Kamerun und Europa

Fatou Katoufe & Trésor (Voix des Migrants)

Ort: Loge Thomas Sankara // FR (gedolmetscht in DE–FR–EN)

Warum machen sich Jugendliche auf den Weg, entscheiden sich für den Weg der Migration und müssen dabei manchmal sogar ihr Leben lassen? Wie kann man ein kollektives Bewusstsein schaffen zur Frage der Migration und zu den Ursachen von Flucht, nicht nur hier in Europa, sondern vor allem in Afrika? Das sind die Fragen, die sich die Gruppe „Voix des Migrants“ (VDM) nach ihrem Weg nach Europa und im Austausch mit Partner*innen und Migrant*innen gestellt hat. VDM wurde im Dezember 2013 in Deutschland von einer Gruppe von vier Migranten gegründet, die hauptsächlich aus Kamerun kommen. Dieses Kollektiv ist sehr aktiv und macht viele Kampagnen und Aktionen für die Rechte von Migrant*innen, aber genauso auch für die Öffnung von Grenzen und zu Fragen der psychischen Gesundheit. Verwurzelt vor allem in Deutschland, aber auch in anderen Ländern, versammelt VDM ein großes Netzwerk von Partner*innen und Aktivist*innen. Weil sie größtenteils aus Kamerun kommen, ist es ihnen wichtig, den Blick auf dieses Territorium zu werfen, um die Ursachen ihrer Flucht zu verstehen. In diesem Workshop werden Aktivist*innen von VDM ihre transnationale Arbeit vorstellen und diskutieren.

Fatima Katoufe, in aktivistischen Kontexten besser bekannt als Fatou, lebt in Frankfreich und ist Teil der ersten Generation von Kindern von Einwanderern*innen marokkanischer Herkunft. Sie ist Gründerin von Cités Relais, einer Vereinigung für Migrantinnen, und Präsidentin des Vereins Voix des Migrants Frankreich und Teil der Initiative des Kameruner Projekts mit ihrem Landsmann, dem Aktivisten Trésor.

Trésor: Fast 10 Jahre hat es gedauert, bis Trésor in Europa angekommen ist. Er kennt die Wüste, das Meer und das Knastsystem in Algerien. Er ist Gründer der Organisation Voix des Migrants und aktiv beim Watch The Med Alarmphone und bei Afrique-Europe-Interact. Heute lebt er in Berlin und pendelt zwischen Deutschland und Kamerun.

Alternativen zum westlichen Entwicklungsmodell in der zapatistischen Bewegung

Gustavo Esteva (Menschenrechtler, Begleiter und Berater der Zapatisten, Mexiko Stadt), Miguel Angel Ruiz Martinez (Entwicklungspolitisches Netzwerk Sachsen, Leipzig) & Miriam Trzeciak (Uni Cottbus)

Ort: Emiliano Zapata // Spanisch (gedolmetscht in DE–FR–EN)

1994 gab es im mexikanischen Chiapas einen Aufstand der Zapatistas, der sich gegen Neoliberalismus und die Ausbeutung der Indígenas richtete. In diesem Workshop analysieren wir die widerständigen Kämpfe und Veränderungsprozesse, die in den unterschiedlichen Lebensbereichen und Gemeindeaufgaben des zapatistischen Aufstandes („Juntas de Buen Gobierno“) eine Schlüsselrolle spielten. Wir argumentieren, dass diese vielfältige emanzipatorische Elemente enthalten und allmählich zur Etablierung von Alternativen zum westlichen Entwicklungsmodell beitragen. Diese emanzipatorischen Erfahrungen und tiefen Veränderungen finden sich nicht nur auf der materiellen Ebene. Sie finden sich auch bei sozialen und politischen Prozessen. Und sie prägen die Haltung gegenüber dem Leben und der Natur. Wir stellen Beispiele aus der Lebenserfahrung in den „Comunidades zapatistas“ vor und diskutieren die Herausforderung, die die Zapatist*innen für die Entwicklungslogik des westlichen Modells darstellen. Gustavo Esteva, der live aus Mexiko zugeschaltet wird, berichtet auch über die aktuellen politischen Perspektiven und Vorhaben der Zapatistas.

Gustavo Esteva ist mexikanischer Menschenrechtler und zivilgesellschaftlicher “deprofessionalized intellectual”, außerdem Begleiter und Berater der Zapatisten.

Miriam Trzeciak ist Aktivistin und Wissenschaftlerin an der brandenburgischen Technischen Universität Cottbus. Sie hat lange in Mexiko und Chiapas gelebt und dort vor allem aus einer kritischen, dekolonialen Perspektive zu Migration, Geschlecht und Entwicklung gearbeitet.

Miguel Angel Ruiz Martínez ist mexikanischer Menschenrechtler. Aktuell ist er in der Flüchtlingsarbeit und als Berater für migrantische Organisationen im Bereich der Entwicklungspolitik tätig.

Film: Kamerun – Autopsie einer Unabhängigkeit (Frankreich 2008, 52 Minuten), Dokumentation von Valérie Osouf & Gaëlle Le Roy, 53 Minuten

Gespräch mit Rodrigue Péguy Takou Ndie & Richard Djif

Ort: Lottas Kaufladen (Erich-Köhn-Str. 68) // FR mit deutschen oder englischen Untertiteln

Zwischen 1955 und 1971 fand in Kamerun ein geheimer Krieg der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich statt. Ein Krieg, der Frankreichs Unabhängigkeit im Bergbau sowie im Energiebereich sichern sollte, der jedoch nicht nur ein Zehntel der kamerunischen Bevölkerung – mehrere hunderttausend Opfer! – aus dem Süden und Westen des Landes das Leben kostete. Vielmehr wurden auch die führenden Köpfe der von Ruben Um Nyobe gegründeten Unabhängigkeitsbewegung „Union des populations du Cameroun“ (dt. Union der Völker Kameruns) ermordet. Bis heute ist dieser Krieg in Frankreich als „Staatsgeheimnis“ eingestuft.

Rodrigue Péguy Takou Ndie stammt aus Kamerun. Er floh 2013 nach der Veröffentlichung eines kritischen Romans über Jugendarbeitslosigkeit nach Deutschland. 2015 veröffentlichte er in Frankreich ein Buch über den deutschen Kolonialismus im heutigen Kamerun, Anfang 2018 erscheint auf deutsch sein Roman über das Lagerleben von Geflüchteten in Deutschland. Heute ist er unter anderem bei Afrique-Europe-Interact aktiv.

Richard Djif stammt aus Kamerun und dort Theater- und Filmwissenschaften studiert. 2012 erschien sein Film „139… Die letzten Raubtiere” (Original: „Les derniers prédatuers“), eine Satire über Korruption und Unterdrückung in einem fiktiven afrikanischen Staat. Nachdem Richard nach der Veröffentlichung entführt, inhaftiert und gefoltert wurde, floh er 2013 nach Deutschland. Er lebt in Berlin, arbeitet als Regisseur für Film und Theater, Drehbuchautor, Schauspieler und ist bei Afrique-Europe-Interact aktiv.

19.00 Abendessen

20.00-22.00: Theater und Podiumsdiskussion

Theater “Eldorado – Europa”
Mit und von Riadh Ben Ammar (Afrique-Europe-Interact/Theater für Bewegungsfreiheit) 

Ort: Saal May Ayim

Nach langem Hoffen und Bangen hat Sami sein Ziel erreicht: Europa. Dort trifft er jedoch auf eine völlig andere Realität als erwartet. Nach der Flucht aus einer erstarrten Gesellschaft Nordafrikas ist sein Alltag wieder von endlosem Warten und Perspektivlosigkeit geprägt, von Kriminalisierung und Rassismus. In seinem Stück „Eldorado – Europa“ beschreibt Riadh Ben Ammar auf fesselnde Weise, wie sich die europäische Migrationspolitik auf das Leben junger Nordafrikaner in ihren Herkunftsländern und Europa auswirkt.

Riadh Ben Ammar ist Künstler tunesischer Herkunft und politischer Aktivist bei Afrique-Europe-Interact.

Podiumsdiskussion: Kriminalisierung der Migration und Marshallplan mit Afrika – ein Gegensatz oder die beiden Seiten derselben Medaille?

Alassane Dicko (Afrique-Europe-Interact, Mali), Rex Osa (Refugees for Refugees, Stuttgart) & Napuli Paul Görlich (Aktivistin, Berlin)

Moderation: Nyima Jadama (Journalistin, Freiburg) & Olaf Bernau (Afrique-Europe-Interact)

Ort: Saal May Ayim // gedolmetscht in DE–FR–EN

Spätestens seit Geflüchtete und Migrant_innen im Sommer 2015 das europäische Grenzregime vorübergehend aus den Angeln gehoben haben, ist seitens der EU-Regierungen viel von “Fluchtursachen” die Rede. Diese müssten durch milliardenschwere Entwicklungsprogramme “bekämpft” werden (beispielsweise durch einen “Marshallplan”), nur so sei verhinderbar, dass weitere Menschen Richtung Europa aufbrechen würden. Das klingt erst mal nicht schlecht. Aber bei genauerem Hinsehen wird deutlich, dass es quasi ausschließlich um die Abwehr von Geflüchteten geht. Entsprechend arbeitet die EU sogar mit verbrecherischen Regierungen zusammen, etwa im Sudan, in Äthiopien oder jüngst in Libyen. Hinzu kommt, dass in der Debatte meist grundlegende Ursachen für die desaströsen Verhältnisse im globalen Süden ausgeblendet werden – vor allem die Gründe für Flucht, die mit dem kapitalistischen Wachstumsmodell des globalen Norden zu tun haben (wie ungleicher Handel, Ressourcenraub im großen Stil, ökologische Zerstörung etc.). Auch bleibt die Frage unbeantwortet, welche Art von Entwicklung überhaupt gefördert werden soll. In diesem Sinne wollen wir über die Frage diskutieren, wie die verschiedenen Strategien der EU-Regierungen zusammenhängen.

Alassane Dicko ist ausgebildeter Informatiker. 2006 wurde er aus der Elfenbeinküste nach Mali vertrieben, woher seine Eltern ursprünglich stammten. In Bamako hat er die Assoziation der Abgeschobenen (AME) mit aufgebaut, seit 2010 ist er Pressesprecher der malischen Sektion von Afrique-Europe-Interact.

Rex Osa ist Refugee-Aktivist und aktiv beim Netzwerk Refugees4Refugees in Stuttgart sowie bei der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und Migrant_innen. Auch war er zehn Jahre bei The VOICE Refugee Forum. Rex Osa kam 2005 von Nigeria nach Deutschland und engagiert sich seitdem gegen Isolierung, Kriminalisierung und Abschiebung von Migrant_innen und Geflüchteten.

Napuli Paul Görlich ist Aktivistin aus dem Sudan und lebt in Berlin. Sie kämpfte während des Protestcamps am Oranienplatz für die Rechte von Geflüchteten und leitet die NGO Blacks and Whites Together for Human Rights. Sie hat als Mediatorin für Gewaltfreiheit gearbeitet und setzt sich für Genderfragen und Menschenrechte ein.

22.00-1.00: Party, Tanzen, Konzert, Film

Film: Concerning Violence (Regie: Göran Hugo Olsson, Schweden/USA/Dänemark 2014, 85 Minuten)

Ort: Lottas Kaufladen (Erich-Köhn-Str. 68) // EN mit deutschen Untertiteln

Auf der Grundlage von Frantz Fanons berühmtem antikolonialem Werk “Die Verdammten dieser Erde“ erzählt der Film vom bewaffneten Widerstand, der zur Entkolonialisierung Afrikas führen sollte. Olsson konzentriert sich dabei auf Archivmaterial, das schwedische Dokumentarfilmer und Fernsehjournalisten zwischen 1966 und 1984 in Afrika aufgenommen haben. Aufnahmen von der Befreiungsbewegung in Angola, der Frelimo in Mozambique und dem Unabhängigkeitskampf in Guinea-Bissau werden dokumentarische Bilder von schwedischen Missionaren in Tansania und einem Streik in einer schwedischen Mine in Liberia gegenübergestellt. Die Musikerin Lauryn Hill erweckt die polarisierenden Texte Fanons zum Leben, die das Bildmaterial strukturieren und kommentieren.

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Sonntag

9.00-10.00: Frühstück

Vom Reden und Analysieren zur praktischen Solidarität

10:00-11:30 Uhr: Worldcafé (Diskussion in Kleingruppen)
12.00-12:30 Uhr: Kurze Beobachtungen zur Konferenz u.a. von Victor Nzuzi & Diory Traoré
12:30-13:30 Uhr: Gemeinsame Abschlussdebatte
 
Ort: Saal May Ayim // gedolmetscht in DE–FR–EN

Während der Vorbereitungstreffen waren es insbesondere Geflüchtete in unserem gemischt zusammen gesetzten Kreis, die immer wieder darauf hingewiesen haben, dass unsere Konferenz einen praktischen Nutzen haben müsste: “Einfach nur reden, dass können wir uns als Geflüchtete nicht leisten! Denn wir sind tagtäglich von Abschiebung und rassistischer Ausgrenzung betroffen! Und auch die Situation in unseren Herkunftsländern wird immer schlimmer!” In diesem Sinne haben wir gemeinsam beschlossen, dass wir am Sonntag möglichst konkret bzw. praktisch werden möchten: Was machen wir mit all den Informationen, die wir am Freitag und Samstag erhalten haben? Wie geht es mit den Kontakten weiter, die wir gemacht haben? Welche praktischen Projekte, Kampagnen und Netzwerke gibt es bereits? Und was sind die grundlegenden Herausforderungen sowohl in Europa als auch global, mit denen wir in den nächsten Jahren konfrontiert sein werden?
 
Um diese und ähnliche Fragen zu diskutieren, wollen wir am Sonntagmorgen zunächst ein so genanntes “Worldcafé” machen, d.h. an unterschiedlichen Tischen wechselnde (von der Vorbereitungsgruppe ausgewählte) Fragen diskutieren. Danach wollen wir im großen Plenum die Gesprächsergebnisse aus dem Worldcafé unter Beteiligung von möglichst vielen Menschen gemeinsam diskutieren. In diesem Zusammenhang werden auch zwei oder drei unserer (weiter gereisten) Gäste Einschätzungen zur Konferenz und zur aktuellen globalen Lage aus einer südlichen Perspektive formulieren. Und vielleicht endet die Konferenz ja auch mit gemeinsamen Forderungen oder einem ganz konkreten Vorschlag – je nach Verlauf unserer Debatte…
 
Damit all dies funktionieren kann, sind wir allerdings darauf angewiesen, dass wirklich alle Konferenzteilnehmer_innen rechtzeitig um 10 Uhr da sind – trotz Sonntagmorgen und trotz Party am Samstagabend! Denn letztlich ist es eine Frage der Solidarität, dass wirklich alle mit dem Gefühl nach Hause fahren können, dass es sich gelohnt hat, zusammenzukommen und gemeinsam die Lage der Welt zu besprechen.

Ausstellungen

Die afrikanische Revolution. Burkina Faso 2014
Im Oktober 2014 gingen große Teile der Bevölkerung Burkina Fasos auf die Straße und zwangen den autokratischen Präsidenten Blaise Compaoré abzutreten. Die aufständische Bevölkerung übernahm tagelang die Kontrolle auf den Straßen der Städte. Sie stürzte eine Regierung, die jahrzehntelang einer der Stützpfeiler neokolonialer Machtinteressen in Afrika war und dafür durch Frankreich und andere europäische Mächte am Leben erhalten wurde. Die Ausstellung zeigt Arbeiten von Hippolyte Sama, Issa Nikiéma, Harouna Marané, Nomwindé Vivien Sawadogo u.a., die seit 2013 die Oppositionsbewegung und den Aufstand dokumentiert haben. Die Ausstellung wurde erstellt von Dr. Peter Stepan.

Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg
Millionen Soldaten aus Afrika, Asien und Ozeanien haben im Zweiten Weltkrieg gekämpft, um die Welt vom deutschen und italienischen Faschismus sowie vom japanischen Großmachtwahn zu befreien. Sowohl die faschistischen Achsenmächte als auch die Alliierten rekrutierten in ihren Kolonien Hilfstruppen und Hilfsarbeiter_innen oftmals mit Gewalt. Weite Teile der Dritten Welt dienten auch als Schlachtfelder und blieben nach Kriegsende verwüstet und vermint zurück. Doch so gravierend die Folgen des Zweiten Weltkriegs in der Dritten Welt auch waren, in der hiesigen Geschichtsschreibung kommen sie nicht vor.

Mit Frauenpower in die Unabhängigkeit
Seit über 20 Jahren setzt sich das unabhängige Frauenzentrum Xochilt Acalt in Nicaragua gegen die Diskriminierung und Unterdrückung von Frauen ein, um so einen gesellschaftlichen Wandel anzustoßen. Dass dies nicht nur leere Worte sind, sondern für die Frauen von Xochilt Acalt Realität geworden ist, zeigen die Bilder der „Ausstellung auf der Wäscheleine”, die von INKOTA entwickelt wurde, eindrücklich.

Faso Kele – Ökologisches Kunsthandwerk und Fotografien
Soziale Gerechtigkeit, Umwelt- und Ressourcenschutz, globale Bewegungsfreiheit, kollektive und sozial-ökologische Verantwortung, gemeinschaftliches Zusammenleben, Transkulturalität und Menschlichkeit, das sind die Schwerpunkte der Arbeit von Faso Kele. Faso Kele ist ein transkulturelles und multidisziplinäres Künstler*- und Aktivist*innen-Kollektiv, das sich 2010 in Mali gegründet hat und seit April letzten Jahres in Guinea (Conakry) ein ökologisches Künstler*innen-Dorf aufbaut. Ausgestellt werden Erzeugnisse kunsthandwerklicher Tätigkeit der Gruppe sowie Fotografien der Bremer Künstlerin Julia Daiber, die Faso Kele 2017 zweimal mehrere Wochen lang besucht hat. www.fasokele.org

PDF: Programme Konferenz: dt, engl, fr

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