Dakar-Erklärung gegen Landraub (WSF 2011)
Wir – Bauernorganisationen, Nichtregierungsorganisationen, religiöse Organisationen, Gewerkschaften und andere soziale Bewegungen, versammelt in Dakar zum Weltsozialforum 2011:
In Erwägung, dass die bäuerliche und familienbasierte Landwirtschaft, die den größten Teil der Landwirte weltweit repräsentiert, am besten geeignet ist, um:
- ihre eigene Ernährungsbedürfnisse sowie die der eigenen Bevölkerung zu decken, indem
Ernährungssicherheit und Ernährungssouveränität der Länder gesichert wird, - Beschäftigung für die ländliche Bevölkerung bereitzustellen und ökonomische Aktivität in den
ländlichen Räumen aufrecht zu erhalten, was entscheidend für eine ausgeglichene regionale
Entwicklung ist, - die Umwelt zu schützen und natürliche Ressourcen für zukünftige Generationen zu erhalten.
In Erwägung, dass der jüngste massive Landraub, der mehrere zehn Millionen Hektar betrifft und dem Interesse von privaten Akteuren oder Drittstaaten dient – sei es für Nahrung, Energie, Bergbau, Umwelt, Spekulation oder Geopolitik – , die Menschenrechte verletzt, indem er KleinbäuerInnen, Wanderhirten oder Fischer ihrer Produktionsmittel beraubt, ihnen ihres Zugangs zu natürlichen Ressourcen bescheidet, ihnen ihrer Freiheit nimmt, zu produzieren wie sie es selbst wollen und die Ungleichheiten im Zugang zu und Kontrolle über Land besonders für Frauen verschärft.
In Erwägung, dass Investoren und mit ihnen kooperierende Regierungen das Menschenrecht auf Nahrung der ländlicher Bevölkerungen bedrohen, so dass sie verurteilt sind massive Arbeitslosigkeit und Landflucht zu erleiden, dass Armut und Konflikte verstärkt werden und dass dies zum Verlust von bäuerlichem Wissen, Fähigkeiten und kultureller Identitäten beiträgt.
In Erwägung, dass Landpolitik und Landfragen sowie die Einhaltung der Rechte der Menschen zuerst in der rechtlichen Verantwortung der nationalen Parlamente und Regierungen liegen und dass diese die Hauptverantwortung für den Landraub tragen.
Wir rufen die Parlamente und nationalen Regierungen auf, alle laufenden und künftigen großflächigen Landtransaktionen zu unterbinden und dafür zu sorgen, dass das geraubte Land zurückgegeben wird. Wir fordern die Regierungen auf, Unterdrückung und Kriminalisierung der Bewegungen zu unterlassen, die für ihr Land kämpfen und Aktivisten freizulassen, die illegitim eingesperrt wurden. Wir fordern die Regierungen auf, einen effektiven rechtlichen Rahmen für die Anerkennung und Regulierung von Landnutzungsrechten zu implementieren – unter Anhörung aller Betroffenen sowie im Vorfeld aller großen Landvergaben. Dazu bedarf es Korruption und Klientelwirtschaft zu beenden, die alle Versuche von gemeinsamem Landmanagement zunichtemachen.
Wir fordern, dass regionalen Staatenvereinigungen, die FAO und andere nationale und internationale Institutionen sofort die Zusagen umsetzen, die auf der Internationalen Konferenz zu Landreform und Ländlicher Entwicklung (ICARRD*) von 2006 gemacht wurden. Darunter die Landrechte der NutzerInnen zu garantieren, Agrarreformen basierend auf einem gerechten Zugang zu natürlichen Ressourcen zu beleben und ländliche Entwicklung zum Wohle aller anzustoßen. Wir verlangen, dass der Erarbeitungsprozess der FAO-Leitlinien* gestärkt wird und dass er auf den Menschenrechten basiert, wie sie in den verschiedenen Chartas und Pakten niedergelegt sind; diese Rechte sind nur effektiv, wenn verbindliche rechtliche Instrumente auf nationaler und internationaler Ebene verankert sind, die Staaten zur deren Einhaltung verpflichten. Weiterhin ist jeder Staat verantwortlich für die Auswirkungen seiner Politiken und der Aktivitäten seiner Unternehmen in den Zielstaaten der Investitionen. Ebenso müssen wir betonen, dass Menschenrechte dem internationalen Handel und Investitionen, Quelle von Spekulation mit natürlichen Ressourcen und landwirtschaftlicher Produkte, übergeordnet sind.
Gleichzeitig drängen wir das Komitee für Welternährungssicherheit (CFS*) die Prinzipien der Weltbank für Verantwortliche Investitionen in die Landwirtschaft (RAI*) definitiv zurückzuweisen, da sie illegitim und unzureichend sind, um das Phänomen des Landraubs anzugehen, und die Verpflichtungen von ICARRD wie auch die Schlussfolgerungen des „International Assessment of Agricultural Knowledge, Science and Technology for Development (IAASTD*)“ in seinen globalen Aktionsrahmen aufzunehmen.
Wir fordern, dass Staaten, regionale Organisationen und internationale Institutionen die notwendigen Investitionen tätigen, um Alternativen zu massivem Ausverkauf von Land und dem Agrobusiness zu unterstützen, die von einer bäuerlichen, familienbasierten Landwirtschaft und einer agrar-ökologischen Produktionsweise getragen wird. Angemessene Landwirtschaftspolitiken müssen alle ProduzentInnengruppen im Blick haben (Indigene Völker, Hirten, traditionelle Fischer, Kleinbauern und Agrarreformbegünstigte) und insbesondere auf die Bedürfnisse der Frauen und Jugendliche ausgerichtet sein.
Schließlich laden wir alle BürgerInnen und zivilgesellschaftliche Organisationen weltweit ein, diejenigen zu unterstützen, die gegen Landraub kämpfen – und zwar mit allen möglichen menschlichen, medialen, rechtlichen, finanziellen Mitteln – und Druck auszuüben auf die nationalen Regierungen und internationalen Institutionen, um ihren Verpflichtungen für die Rechte der Menschen nachzukommen. Wir haben alle die Verpflichtung Widerstand zu leisten und die Bevölkerungen zu unterstützen, die für
ihre Würde kämpfen!