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September 2017 | Anlageplatz Afrika: Das Ende der Entwicklungshilfe?

Von Olaf Bernau, in: Blätter für Deutsche und Internationale Politik, September 2017

Nichts weniger als das Ende der Entwicklungshilfe verkündete Angela Merkel auf der G20-Afrika-Konferenz der Bundesregierung Mitte Juni in Berlin, zu der auch zahlreiche Vertreter afrikanischer Staaten geladen waren. Mit einem „Compact with Africa“ (Pakt mit Afrika) will die Bundesregierung den Kampf der G20-Staaten gegen Hunger und Armut in Afrika vom Kopf auf die Füße stellen: Kern der Initiative sind Partnerschaften mit ausgewählten afrikanischen Ländern, mittels derer die Rahmenbedingungen für Privatinvestitionen dort verbessert werden sollen. Öffentliche (Entwicklungshilfe-)Gelder sollen dann nur noch fließen, wenn sie privatwirtschaftliche Investitionen erleichtern und somit als Hebel für wirtschaftliche Entwicklung fungieren. Das aber bedeutet letztlich nichts anderes als die Erschließung Afrikas als Anlageplatz für europäisches Kapital – unter dem Mantel der Fluchtursachenbekämpfung. Die G20-Staaten haben auf ihrem Gipfel Anfang Juli in Hamburg diese deutschen Vorschläge bestätigt, allerdings ohne verbindliche Finanzzusagen.

21. Juni 2017 | Who profits from the "G20 Compact with Africa"? (Video-Interviews)

Anlässlich des G20-Gipfels hat die Rosa-Luxemburg-Stiftung drei Video-Interviews mit Vertreter_innen der afrikanischen Zivilgesellschaft zu den afrikabezogenen G20-Verhandlungen erstellt.

Interview with Ndongo Samba Sylla (Rosa-Luxemburg-Stiftung Dakar, Senegal)

13. Juni 2017 | Afrika im Fadenkreuz der G20 (Neues Deutschland)

Die von der Bundesregierung angestoßene »Partnerschaft mit Afrika« markiert eine neue Etappe der kapitalistischen Ausbeutung des Kontinents. Von Samuel Decker und Thomas Sablowski, in: Neues Deutschland

Im November 1884 lud der damalige Reichskanzler Bismarck zur Afrikakonferenz nach Berlin: Die europäischen Kolonialmächte und die USA verhandelten die Handelsfreiheit am Kongo und Niger. Das Abschlussdokument, die Kongoakte, markierte den Beginn einer neuen Etappe im Wettlauf der Kolonialmächte um die Aufteilung Afrikas. In diesen Tagen findet wieder eine Afrikakonferenz in Berlin statt. Diesmal treffen sich Regierungsvertreter der G20-Staaten, um über eine »Partnerschaft mit Afrika« zu beraten. Die Bundesregierung hält in diesem Jahr den Vorsitz in der G20 und hat Afrika ganz oben auf ihre Agenda gesetzt. Die »Partnerschaft« mit afrikanischen Staaten soll offiziell zu Wirtschaftswachstum und Stabilität über die Grenzen der G20 hinaus beitragen.

13. Juni 2017 | Afrika-Gipfel: Ohne die Zivilgesellschaft funktioniert es nicht (Zeit-Online)

Der Berliner Afrika-Gipfel soll Investitionen in die Infrastruktur des Nachbarkontinents anstoßen. Doch werden die Pläne der westlichen Experten den Bedürfnissen gerecht? Von Christiane Grefe, Zeit-Online

Dike Chukwumerije ist ein Performancekünstler aus Lagos, in seiner Lyrik spießt er öfter mal die Scheuklappen der Entwicklungspolitik auf. Im Vorfeld des G20-Gipfels etwa trug der Nigerianer diesen Spoken-Word-Kommentar vor: “Sollen wir unser Land für eine stabile Zukunft bauen / dann dürfen wir nicht allein auf Infrastrukturen vertrauen …” Der Vers trifft zielsicher ein Unwohlsein, das die zweitägige große Berliner Afrika-Konferenz bei vielen Beobachtern hinterlassen hat. Das Gefühl: Hier fehlt doch etwas? Etwas Wichtiges?

12. Juni 2017 | Der „Merkelplan“ (taz)

Investitionen statt Entwicklungshilfe sehen die Staatschefs als Zukunft Afrikas. Von Menschenrechten reden sie nicht. Von Christian Jakob, Simone Schlindwein, taz

Es kam wie bestellt: Am Montag stellte der Industriestaatenverband OECD seine Wachstumsprognose für Afrika vor. Verdoppeln soll sich dieses im kommenden Jahr – auf 3,4 Prozent. Wie ein guter Wetterbericht vor einem Ausflug dürften diese Zahlen die Stimmung gehoben haben, als am Montagnachmittag fast ein Dutzend afrikanischer Staatschefs im Berliner Gasometer eintrafen.

Zwei Tage diskutieren sie auf Einladung der deutschen G20-Präsidentschaft über die Förderung von Investitionen in Afrika. Privates Kapital statt Entwicklungshilfe – das ist die Idee. Grundlage ist eine vom Bundesfinanzministerium entwickelte Reforminitiative namens „Compact with Africa“.

12. Juni 2017 | G20-Afrika-Gipfel: Bitte befreit uns nicht!

Die Politik der G20 zu Afrika erinnert mehr an den Morgenthau-Plan, der vorsah Deutschland sicherheitshalber komplett zu deindustrialisieren, als dem dann umgesetzten Marshallplan, mit dem die USA Westeuropa aufbauten. Von Anne Jung, medico international.

Die Nestlé Babybreipackung mit dem leicht anstaubten blauen Teddy vorne drauf hofft in dem kleinen Supermarkt am Rande einer informellen Siedlung in Kenias Hauptstadt Nairobi auf Kundschaft. »Keine Packung habe ich von dem Mist verkauft«, beschwert sich der Ladenbetreiber. Zugegeben, bis hierhin keine besonders interessante Geschichte. Vielleicht wecke ich noch Ihr Leseinteresse, wenn ich hinzufüge, dass sich an dieser Momentaufnahme aus dem Frühjahr 2017 die ganze Scheinheiligkeit der »Afrikapolitik« der mächtigsten Industrienationen der Welt zeigen lässt.

12. Juni 2017 | G20: Realitätstest für den Compact with Africa (Deutsche Welle)

Bei der G20-Afrikakonferenz in Berlin, die an diesem Montag beginnt, geht es um ein zentrales Versprechen der deutschen Präsidentschaft: Mehr Privatinvestitionen sollen nach Afrika fließen. Kann das funktionieren? Von Daniel Pelz, Deutsche Welle

Die Messlatte für die G20-Afrikakonferenz ist hoch. Entsprechend viel Politprominenz aus Deutschland und Afrika hat sich für das zweitägige Treffen in Berlin angesagt. Denn es geht um ein zentrales Vesprechen der deutschen G20-Präsidentschaft: Neue Wege bei der Zusammenarbeit zwischen den größten Industrie- und Schwellenländern und Afrika zu finden, um die Armut auf dem Kontinent zu reduzieren. “Wir werden uns vor allen Dingen mit der Frage auseinandersetzen, wie wir neben der klassischen Entwicklungshilfe bessere Instrumente in Gang bekommen, um wirtschaftliche Entwicklung in Afrika voranzubringen”, versprach Bundeskanzlerin Angela Merkel bereits vergangenes Jahr.

11. Juni 2017 | Die Wiederentdeckung Afri­kas (taz)

Mehrere Gipfeltreffen wollen Afrikas Märkte öffnen und Grenzen schließen. Der Kontinent soll unseren Wünschen gehorchen. Von Simone Schlindwein und Christian Jakob, tageszeitung taz

Im Jahr 2004 widmete die Unesco eine Tagung. Ihr Titel: „Der vergessene Kontinent“. Damals war das fast ein Synonym für ­. Das ist vorbei. Deutschland hat den Kontinent ins Zentrum seiner laufenden 20-Präsidentschaft gestellt. Gleich drei deutsche Bundesministerien – Entwicklung, Wirtschaft und ­Finanzen – haben eigene Initiativen dazu präsentiert. Am Montag kommen afri­kanische Staatschefs nach Berlin zum „-20—Partnerschaft-“ – ein Novum. In Genf und Brüssel wird mit über Migration verhandelt, und Ende Juni steigt schon die nächste -Migrationskonferenz in Berlin. Auch Menschen, die hauptberuflich die Afri­kapolitik erforschen, kommen da kaum mit.

03. Mai 2017 | Untergräbt das G20-Investitionsprogramm das Pariser Abkommen und die Agenda 2030?

Stellungnahme von Gerrit Hansen, Germanwatch und Jan Kowalzig, Oxfam

Die G20, also die Gruppe der weltweit führenden Industrie- und Schwellenländer, ist ein zentrales Forum zur Gestaltung der Rahmenbedingungen für die globale Wirtschaft und Finanzwelt. Seit einigen Jahren steht auch nachhaltige Entwicklung, Klimapolitik und grünes Wachstum auf der traditionell eher von konventionellen Wirtschaftsthemen dominierten G20-Agenda. Unter chinesischer Führung hat die G20 im Jahr 2016 erstmals “inklusive” wirtschaftliche Entwicklung in den Mittelpunkt gerückt. Auch ein eigener Aktionsplan zur Umsetzung der Agenda 2030 wurde entworfen, und in der Abschlusserklärung von Hangzhou verpflichten sich die G20 explizit zur Erhöhung der Kohärenz im Bereich nachhaltiger Entwicklung.

13. April 2017 | Compact with Africa: G20-Initiative mit gefährlicher Kehrseite (mit PDF)

Positionspapier von Entschuldungsbündnis erlassjahr.de – Entwicklung braucht Entschuldung e. V.

Mit dem Compact with Africa propagiert die diesjährige deutsche G20-Präsidentschaft die Verbesserung der Investitionsbedingungen in afrikanische Länder zum Ausbau der Infrastruktur und Produktion. Hinter dem Begriff Compact with Africa verbergen sich eigentlich mehrere Compacts, denn für jedes teilnehmende afrikanische Land soll ein eigener Compact (dt.: Vertrag, Pakt) formuliert werden, der verschiedene Maßnahmen umfasst. Bei den Kapitalflüssen aus G20-Ländern in afrikanische Staaten handelt es sich nicht um Entwicklungshilfe, also Zuschüsse oder zinsgünstige Kredite, sondern um Kredite zu Marktkonditionen, also mit kurzen Laufzeiten und Zinssätzen zwischen 5 und 15 Prozent.

März 2017 | Deutschlands neue Afrikapolitik vor dem Aufbruch (mit PDF)

Von Robert Kappel, erschienen in: GIGA Focus | Afrika | Nummer 01 | März 2017

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat ein neues Afrikakonzept vorgelegt. Es ist rhetorisch stark, gut und öffentlichkeitswirksam inszeniert, aber dennoch bleiben Fragen offen. Das BMZ möchte die weitere Marginalisierung Afrikas durch inklusives und nachhaltiges Wachstum bremsen. Auf dem G20-Gipfel in Hamburg im Juli 2017 wird die Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre neue Afrikapolitik begründen und versuchen, die anderen G20-Mitglieder für eine fokussierte Kooperation mit Afrika zu gewinnen.

Februar 2017 | Afrika und Europa - Neue Partnerschaft für Entwicklung, Frieden und Zukunft

Von der richtigen Analyse zur wirksamen Politikänderung? Das Beispiel Handelspolitik. Blog-Beitrag von Tobias Reichert, germanwatch

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat mit den “Eckpunkten für einen Marshallplan mit Afrika” ein in weiten Teilen überzeugendes Plädoyer für eine Neuordnung der Beziehungen zwischen der EU und Afrika vorgelegt. Die wenn auch kurze Analyse der Gründe für die krisenhafte Situation vieler afrikanischer Staaten (S. 7-9) erkennt die historische Verantwortung Europas durch den Kolonialismus ausdrücklich an, und geht auch auf aktuelle Probleme wie das Verhalten internationaler Konzerne bezüglich Umwelt und Menschenrechten sowie der Steuervermeidung ein. Auch die europäische Politik habe sich zu stark an kurzfristigen Wirtschafts- und Handelsinteressen orientiert. Die Eliten Afrikas haben dem meist nicht nur nichts entgegengesetzt, sondern die Probleme durch Kapitalflucht, Raubbau an natürlichen Ressourcen und Unterdrückung der Zivilgesellschaft noch verschärft.

23. Januar 2017 | Fluchtursachen: Deutschlands neue Afrikapolitik (TELEPOLIS)

Die Investitionsbedingungen sollen in einer neuen Partnerschaft mit Afrika verbessert werden – und man spricht von einem Marshallplan mit Afrika. Von Nico Beckert, erschienen in: TELEPOLIS

Die deutsche Politik hat Afrika neu “entdeckt”. Sowohl über die G20-Präsidentschaft, als auch durch einen “Marshall-Plan mit Afrika” beziehungsweise durch eine gemeinsame Initiative vom Minister für Entwicklungspolitik Müller und Wirtschaftsminister Gabriel sollen Unternehmen und Investitionen nach Afrika gelockt werden. Ziel dieser Initiativen ist es, Perspektiven in afrikanischen Ländern aufzubauen, um Fluchtursachen zu überwinden.

Doch diese Politik ist nur alter Wein in neuen Schläuchen. Afrikanische Staaten werden schon seit Jahren dazu getrieben, vermeintliche Investitionshemmnisse abzubauen und ausländische Unternehmen anzulocken. Bisher haben diese Ansätze aber nicht zur Schaffung von Perspektiven beigetragen. In vielen afrikanischen Staaten gibt es eine Beschäftigungskrise1 und eine hohe Jugend-Arbeitslosigkeit2.