Versammlung und Demo in Tambacounda
3. Februar
Tambacounda ist eine senegalesische Kleinstadt mit ca. 40.000 EinwohnerInnen. „Ressourcen“ lautete der Titel der Versammlung, die auf einem zentral gelegenen Platz mit mehreren hundert ZuhörerInnen stattfand. SpecherInnen verschiedener Bergarbeitergewerkschaften aus der Region informierten über die Bedingungen, unter denen in Afrika von transnationalen Unternehmen Minen betrieben werden. VertreterInnen von BürgerInneninitiativen berichteten über die Praxis systematischer Vergewaltigungen vor allem an Kindern in Mali und im Senegal, die vor Einrichtung einer Mine die Familien vertreiben sollen. Wegen dieser Praxis und der erheblichen Verschmutzung der Umwelt – insbesondere durch die Verwendung von Quecksilber und Zyanid, die in einigen Dörfern bereits zur Zerstörung der Lebensgrundlagen geführt hat – gab es sowohl im Senegal als auch in Mali in den letzten Jahren Aufstände von BürgerInnen. Zudem schaffen die Minen kaum gut bezahlte Arbeitsplätze und inzwischen ist vielen Menschen klar, dass der Gewinn ausschließlich an die transnationalen Unternehmen geht und die schwerwiegenden Umweltschäden die Lebensgrundlagen nachhaltig zerstören.
Momentan gibt es im Norden von Timbuktu in Mali Auseinandersetzungen zwischen den Tuareg, die dort leben, und insbesondere auch französischem Militär um den Bau einer Uranmine, die der französische Konzern Areva einrichtet.
Gleichzeitig zu dieser Versammlung startete entlang der Hauptstrasse eine kleine Demonstration, in deren Mitte die Lausprecheranlage von einem in der Stadt üblichen Transportmittel – einem Pferdekarren – gezogen wurde. Die Ansprachen wurden in französisch und wolof gemacht und mit dem Umzug, der von zwei Bolzenschneidern auf Stelzen und einem Transparent „Für eine Welt ohne Grenzen“ angeführt wurde, entwickelten sich wieder vielerlei Kontakte zur lokalen Bevölkerung. Einige beteiligten sich spontan an der Demonstration und einmal mehr bestätigte sich, was wir während der gesamten Tour erleben: die Menschen in Mali und im Senegal, die – wenn nicht persönlich, so doch über Verwandte und Bekannte ihre Erfahrungen mit dem EU-Grenzregime haben – reagieren interessiert und unterstützen sofort die Forderungen nach Abschaffung der Grenzen sowie nach globaler Bewegungsfreiheit. Schließlich entspricht dies direkt oder indirekt ihrem unmittelbaren sozialen Interesse, denn Migration ist oder wäre für viele eine Option auf ein besseres Leben. Gleichzeitig ist der Alltag hier in Westafrika dermaßen stark von einem ständigen Überlebenskampf ums Einkommen geprägt, dass keine oder kaum Zeit und Energie für eine entsprechende politische Auseinandersetzung oder gar Organisierung bleibt. Es erscheint vor diesem Hintergrund als eine der grossen Herausforderungen für Afrique-Europe-Interact, über das Karawaneprojekt hinaus in diesem sozial-politischen Spannungsfeld längerfristige gemeinsame Perspektiven zu entwickeln.