Baumwolle in Mali und Gambia
Stellungnahme der Baumwollproduzenten zu den Reformen im afrikanischen Baumwollsektor. Mali - Gambia
Einleitung
Während der Kolonialisierung kontrollierte die „Compagnie Francaise de Développement des Textiles“ (CFDT) den Baumwollsektor. Mit Erreichen der Unabhängigkeit wurde er verstaatlicht. Nachdem der Baumwollsektor eine Zeit lang zur Verbesserung der Lebensbedingungen, vor allem der in den ländlichen Gebieten siedelnden Bevölkerung, beigetragen hatte, ist er nun in eine Reihe von Krisen geraten, deren Ausmaße sich nach Funktion und Größe des Sektors im jeweiligen Land unterscheidet. Das staatliche Monopol in diesem Sektor hatte einen schlechten Ruf. Dies führte zu der Liberalisierung einiger afrikanischer Baumwollsektoren, unter ihnen auch der von Gambia. Mali, welches seinen Bereich ebenfalls liberalisieren wird, erwartet die Umsetzung von bereits mehrfach verschobenen Reformen.
Diese Stellungnahme zeigt die verschiedenen institutionellen Veränderungen des gambischen und malischen Baumwollsektors auf. Sie beginnt mit der Einführung der Baumwolle in die genannten Länder, um sich dann den verschiedenen Entwicklungsphasen bis hin zur Infragestellung des Staatsmonopols zu widmen, welches zu der Liberalisierung des jeweiligen Sektors geführt hat.
Der malische Baumwollsektor
1 Geschichte der Einführung der Baumwolle in Mali
Die Baumwollkultur hat seit mehreren Jahrhunderten die malische Bevölkerung, vor allem im Süden, geprägt. Einige Historiker sind der Meinung, dass die Einführung des Baumwollanbaus in das 11. Jahrhundert auf die von den Arabern islamisierten Zonen zurückgeht. Andere Autoren vermuten, dass bereits vor dieser Zeit lokale Baumwollbauern existierten. Während der Kolonialisierung wurde der Baumwollanbau durch die französische Kolonialverwaltung im Sudan unterstützt. Im Jahr 1919 wurde in der Region Ségou die erste experimentelle Baumwollfarm errichtet. Ab 1936 wurden Riffelanlagen in Sikasso, Kadiolo und Bougouni installiert.
Mit dem Entstehen der CFDT im Jahr 1949 erhielt die Baumwollproduktion eine neue Dimension. Im Jahr 1951 wurde sie in Sikasso, dem ersten Sektor der CFDT, eingeführt. Zur Zeit der Kampagne 1952/1953 betrug die Produktion in dem Gebiet von Sikasso 140 Tonnen. Im Jahr 1955 zählte der CFDT zusätzlich zu dem Untersektor von Sikasso zwei weitere Untersektoren in Koutiala und San. Im Jahr 1960 wurden diese beiden Untersektoren zu eigenen Sektoren (Vollsektoren), die Resultate der Kampagne wurden als exzellent bewertet: gegenüber geplanten 500 Tonnen wurden in Sikasso 700 Tonnen erwirtschaftet; in San wurden gegenüber geplanten 600 Tonnen 945 Tonnen erwirtschaftet. Die erste Riffelfabrik in Sikasso wurde im Jahr 1963 errichtet. Im Jahr 1964 beauftragte die Regierung von Mali den CFDT mit dem Vertrieb von Baumwolle für einen Zeitraum von 10 Jahren, vor allem in den Verwaltungsgebieten von Sikasso, Ségou und Bamako.
Die Entstehung der „Compagnie Malienne pour le Developpement des Textiles“ (CMDT) im Jahr 1974 kennzeichnet einen wesentlichen Wendepunkt in der malischen Baumwollwirtschaft. Sechzig Prozent (60%) der Anteile dieser Gesellschaft gehörten dem Staat, der CFDT als technischem Partner gehörten vierzig Prozent (40%). Genau wie der CFDT erhält der CMDT den Auftrag, die ländlichen Gebiete der gesamten Baumwollanbauzone zu entwickeln. Im Jahr 1975 wurde das Modell der „associations villageoises“ (AV) (=Dorfgemeinschaft) in den Dörfern der fünf existierenden CMDT-Regionen eingeführt. Zwischen 1974 und 1986 stieg die Produktion von 60.000 Tonnen auf 170.000 Tonnen. Die „Banque Nationale de Développement Agricole“ (BNDA) (etwa: Nationale Landwirtschaftsentwicklungsbank) ist schrittweise in Bezug auf die Gewährung von Krediten an die Stelle der CMDT getreten. Zu derselben Zeit erblickten die ersten „Zones d’Animation et d’Expansion Rurale“ (etwa Zonen der ländlichen Belebung und des ländlichen Aufschwungs) das Licht der Welt, bestehend aus leistungsfähigen AVs.
Trotz dieser rasanten Entwicklung blieben dem malischen Sektor Krisen nicht erspart. Im Jahr 1986 trat unerwartet die erste Krise auf, eng verbunden mit dem weltweiten Sturz der Baumwoll-Kurse, welcher wiederum eng mit dem Verfall des US-Dollar-Kurses zusammenhing. Das bestehende Umrechnungs-System hatte keinen Anpassungsmechanismus an diese Absenkung vorgesehen, und da der Stabilisierungsfonds nicht funktionierte, war der Staat dazu verpflichtet, den Baumwollsektor zu unterstützen. Nachfolgend wurde im Jahr 1989 das Monopol des SOMIEX abgeschafft (1) und der erste Wirtschaftsplanungsvertrag zwischen dem Staat und dem CMDT unterzeichnet. Der zweite Fall der weltweiten Baumwoll-Kurse, gekoppelt an die Überbewertung des Wechselkurses, vernichtete alle Anstrengungen des ersten Plans. Darauf folgte eine Revolte der Produzenten im März 1991, genannt „l‘esprit de mars“. Als Wiederbelebungsstrategie schloss der Staat mit dem CMDT und dem SYCOV einen zweiten Wirtschaftsplanungsvertrag (2) . Dieser sah vor, dass der CMDT ein eigenständiges Unternehmen werden und für ihre Finanzen und die industriellen und wirtschaftlichen Aktivitäten selbst verantwortlich werden sollte. Auf diese Art erhielt das Unternehmen direkt den Ertrag des Baumwollverkaufs und war nicht länger den Exportzöllen unterworfen.
Die finanzielle Situation der Baumwollgesellschaft verbesserte sich schrittweise. Durch die im Januar 1994 plötzlich eingetretene Abwertung des CFA-Francs (= in Westafrika: CFA-Franc BCEAO, Währung der westafrikanischen Wirtschaftsunion iUEMOA, ehemals an den Franc, heute an den Euro gebunden, Anm. d. Ü) konnten die Preise verdoppelt werden. Hierdurch konnte der CMDT die Erlöse im Verlauf der folgenden vier Kampagnen bis zum Jahr 1998 verdoppeln. Die Gewinne wurden wie folgt aufgeteilt: 35% an die Produzenten, 53% an den Staat und 12% an den CFDT. Im Verlauf dieser Periode ist die Ausdehnung der besäten Fläche signifikant angestiegen, jedoch sind die Erträge gesunken. Die schlechte Geschäftsführung der CMDT im Jahr 1999, gefolgt von Veruntreuungen im Jahr 2000, haben im Zusammenspiel mit niedrigen Preise (Herstellerpreis von 170 CFA-Francs) zu einem Streik der Produzenten geführt. Durch den Streik sank die Produktion von 575.000 Tonnen im Jahr 2000 auf 241.000 im Jahr 2001. Die geschätzten Verluste des CMDT betragen mehr als 26 Milliarden CFA-Francs.
Im Februar 2000 wurde der Generaldirektor des CMDT entlassen und ein neues Management an die Spitze des Unternehmens gesetzt. Im Juli 2000 wurde das Unternehmen einem Finanz- und Buchhaltungs-Audit unterworfen. Im April 2001 organisierte der Staat einen Nationalen Baumwollgipfel, im Verlauf derselben Zeit organisierten die Kreditgeber technische Diskussionen, zuerst in Bamako, dann in Washington. Dies führte im Juni zu der Gründung der „Mission de Restructuration du Secteur Cotonnier“ (Delegation/Auftrag zur Restrukturierung des Baumwollsektors). Die erste Fassung des „Lettre de la Politique de Développement du Secteur Coton (LPDSC) (= Politischer Brief zu der Entwicklung des Baumwollsektors) wurde ebenfalls verfasst, er ist ausgerichtet auf einen 18-monatigen Plan. Diese Maßnahmen streben vor allem an, das Vertrauen der Produzenten wiederherzustellen, das Defizit mittels eines Notfallplans zu kontrollieren und eine unabhängige Behörde zu installieren, welche mit den Reformen betraut wird. Als sofortiges Resultat, stieg die Produktion von Baumwollsamen von 231.000 Tonnen auf 612.000 Tonnen. Trotz dieser unsteten Schwankungen der Produktion hat Mali immer seinen Status als ersten Produzenten der Franc-Zone (3) behalten, bis zum Jahr 2003 (nachfolgend hat Burkina Faso den ersten Platz eingenommen).
In Mali beschäftigt der Baumwollsektor mehr als 3 Millionen Menschen, das ist ein Drittel der malischen Bevölkerung. Der Baumwollsektor trägt zu – je nach Jahr – 30% bis 50% der Exporteinnahmen bei, und erwirtschaftet 10% des Bruttoinlandsprodukts. Neben diesem makroökonomischen Einfluss hat die Baumwolle einen starken Antriebseffekt auf die Dynamik der Modernisierung des landwirtschaftlichen Sektors und auf die Verbesserung des Lebensstandards der malischen Landwirte. Allerdings ist der Baumwollsektor heute durch indigene und exogene Faktoren gefährdet, namentlich durch die anhaltende Abwertung des weltweiten Baumwoll-Kurses, der schlechten Verwaltung des CMDTs, der Stagnation aber auch durch abnehmende Erträge. Trotz dieser Schwierigkeiten ist der malische Sektor weiterhin von erstrangiger strategischer Wichtigkeit für die ländliche Entwicklung der Baumwollanbaugebiete und das wirtschaftliche Wachstums des ganzen Landes. Deshalb wurden die Anpassungsmaßnahmen in Hinblick auf die Wiederbelebung des Baumwollanbaus unternommen.
2 Der Weg der Privatisierung
Die Strukturreformen des malischen Baumwollsektors kamen seit 2001 in Gang (Wechsel des Generaldirektors, Entstehung des MRSC (4), CMDT-Audit, Generalversammlung, Entwicklung und Umsetzung des LPDSC (5) etc….). Deren Ausrichtungen wurden durch den Privatisierungsplan des CMDT verstärkt. Das durch diese Maßnahmen angestrebte Ziel ist die Verstärkung der Produktivität dieses Sektors, die Verbesserung des Lebensstandards der Bevölkerung, wirtschaftliches Wachstum und Verringerung des Haushaltsrisikos, welches der Baumwollsektor auf die Staatsressourcen ausübt. Nach mehreren Behördenberichten wurde die Privatisierung der CMDT von der Nationalversammlung im April 2008 beschlossen. Die Schwerpunkte der Privatisierung lauten wie folgt:
- Vollendung des bäuerlichen Strukturierungs- und Organisierungsprozesses, Durchführung eines umfangreichen Informations- und Schulungsprogramms für die Baumwollproduzenten
- Ausarbeitung der Eröffnungsbilanz der Bereiche der CMDT, hierdurch soll der für den malischen Baumwollsektor bestmöglich geeignete Privatisierungsplan festgelegt werden.
- Einsatz des Funktionärspersonals (CMDT und OHVN1) in den neuen Tochtergesellschaften. Anders gesagt: Das Personals der CMDT und OHVN soll auf vier Tochtergesellschaften, welche aus der Spaltung der erloschenen CMDT hervorgehen werden, aufgeteilt werden.
- Einsetzung von Organisations- und Verordnungsrahmen, innerhalb dessen die Akteure des Baumwollsektors handeln können. Darin eingeschlossen ein Konsens-Mechanismus der Produzenten zur Preisfestlegung und ein Unterstützungsfonds für den Fall von weltweiten Preisstürzen unterhalb einer bestimmten zentralen Untergrenze.
- Öffnung des Kapitals des CMDT für die Produzenten
- Einsetzung eines „Offices de Classement du Coton OCC“ (=Büro der Baumwollklassifizierung)
Nach zahlreichen Berichten wurde die Schaffung von vier geographischen Zonen, Ergebnis der Zerschlagung des CMDT in vier verschiedene Tochtergesellschaften, als Privatisierungsplan dieser Gesellschaft angenommen. Jedes Unternehmen wird für eine Tochtergesellschaft verantwortlich sein, deren Aktien wie folgt aufgeteilt werden sollen: 61% an private Marktteilnehmer, 20% an Produzenten, die innerhalb der UN-SCPC2 umgruppiert werden, 2% an Arbeiter der aufgelösten CMDT und 17% an den malischen Staat. Jedes Tochterunternehmen wird in seiner geographischen Zone das Monopol auf den Kauf von Baumwollsamen haben und wird für alle kritischen Aufgaben verantwortlich sein, welche mit dem Baumwollanbau zusammenhängen.
Für einen verbesserten Einsatz dieses Plans wird eine Aufteilung in die folgenden Tochtergesellschaften in Betracht gezogen:
- Die südliche Tochtergesellschaft wird die Regionen Sikasso und Bougouni des CMDT zusammenfassen
- Die nord-östliche Tochtergesellschaft wird die Regionen San und Koutiala des CMDT beinhalten
- Die zentrale Tochtergesellschaft wird die Region Fana des CMDT und die OHVN-Zone zusammenfassen
- Die westliche Tochtergesellschaft entspricht der Region Kita des CMDT
Diese vor mehreren Jahren in Gang gesetzten gründlichen Reformen des malischen Baumwollsektors sollten eigentlich den Baumwollsektor wiederbeleben und daran anschließend die Baumwollproduzenten zum Baumwollanbau motivieren, da diese ihren Anbau schrittweise auf andere Pflanzen, vor allem Getreide, verlagert haben. Obwohl die verschiedenen Akteure des Baumwollsektors ihren Willen bekundet haben, sich an der Durchführung der Privatisierung zu beteiligen, muss man feststellen, dass der Privatisierungsvorgang des CMDT nicht effektiv abläuft. Dies stürzt den Baumwollsektor in eine unsichere Situation. Es ist außerdem sehr wichtig, die Organisierung der bäuerlichen Produzenten zu verstärken, da diese in den neu entstehenden Unternehmen eine wichtige Rolle als Aktionäre spielen könnten. Die Einhaltung des Privatisierungsplans, wie vorgesehen, und eine gute Umsetzung dieses Plans, werden sowohl dem Staat Mali als auch den Maliern Wohltaten bringen.
B – Der gambische Baumwollbereich (nicht übersetzt)
(…)
Zusammenfassung
Da weniger auf die Privatisierungs-Reformen vorbereitet, haben die gambischen Akteure ihre wichtigste Riffelfirma privatisiert. Dies geschah unter dem Gesichtspunkt, die Produktion wieder anzukurbeln. Die Lebensbedingungen der von dem Baumwollanbau abhängigen Menschen sollte verbessert werden. Allerdings sind die erwarteten Resultate mehr als fünfzehn Jahre später noch weit davon entfernt, erreicht zu werden. Die Reform, die ohne eine reelle Möglichkeit des Mitgestaltens der Produzenten durchgeführt wurde, hat vielmehr zu einem Ungleichgewicht in der Baumwoll-Produktionskette geführt.
Der malische Baumwollsektor ist nach einer sehr erfolgreichen Phase in eine akute Krise geraten, die aus einer Kombination von exogenen und endogenen Faktoren resultiert. Der sich fortsetzende Rückgang der Produktion hat die Akteure dazu gebracht, die Privatisierung der CMDT zu akzeptieren. Es empfiehlt sich, die Aufmerksamkeit dieser Akteure auf das Scheitern der Liberalisierung des gambischen Baumwollsektors zu richten. Dieses Scheitern ist das Ergebnis der fehlenden Einbindung der Basis-Akteure, sprich der Baumwollproduzenten. Daher sollten die Baumwoll-Produzenten bei der Umsetzung des in Mali verabschiedeten Privatisierungsplans voll und ganz mit einbezogen werden.
Anmerkungen
(1) SOMIEX = Société Malienne d’Importation et d’Exportation, Monopol auf Rohstoffexporte und den Import bearbeiteter Produkte sowie Nahrungsmittel wie Zucker, Tee, Trockenmilch….
(2) SYCOV = Syndicat de Cotonniers et Vivriers du Mali (etwa: Malische Lebensmittel und Baumwoll-Gewerkschaft)
(3) Anm. d. Ü.: ob es sich um die o.g. westafrikanische CFA-Franc-Zone handelt, geht aus dem Text nicht hervor.
(4) MRSC = Mission de Restructuration du Secteur Coton (MRSC)
(5) LPDSC = Lettre de Politique de Developpement du Secteur Coton