Für Bewegungsfreiheit & selbstbestimmte Entwicklung!

September 2019 | Spendenaufruf: Überschwemmungen in Mali (mit Bildern & Videos)

Massive Überschwemmungen in Mali +++ 130.000 Menschen betroffen, vor allem bäuerliche Haushalte +++ Zerstörte Hütten, Felder und Ernten, steigendes Malariarisiko +++ Ursachen: Schlechte Infrastruktur, mangelhafte Wartung von Kanälen und Klimawandel +++

Seit Ende Juli ist es in Mali zu massiven Überschwemmungen gekommen. Betroffen sind Orte im gesamten Land, selbst im Norden, der zur Sahara gehört. Im Zuge der Überschwemmungen sind tausende Lehmhütten zusammengebrochen, auch Erntevorräte und Felder mit Reiskulturen wurden zerstört, außerdem hat sich das in der Regenzeit ohnehin hohe Malariarisiko einmal mehr zugespitzt. Einer der geographischen Schwerpunkte ist das Office du Niger, ein Bewässerungsgebiet 300 Kilometer nord-östlich der Hauptstadt Bamako. Im Office du Niger arbeitet unser transnationale Netzwerk Afrique-Europe-Interact mit der bäuerlichen Basisgewerkschaft COPON zusammen. Über diesen Kontakt haben wir nicht nur zahlreiche Berichte aus erster Hand erhalten, sondern auch Bilder und Videos. Gerade die Bilder und Videos sind aus unserer Sicht bedeutsam. Denn sie vermitteln einen halbwegs realitätstauglichen Eindruck davon, was es bedeutet, buchstäblich vor dem sozialen Nichts zu stehen – eine Erfahrung, die gerade in Europa schwer nachzuvollziehen ist. In diesem Sinne haben wir zwei kurze Videodokumentationen von Modibo Nabé – dem Pressesprecher der COPON – bei youtube hochgeladen (3.21 min + 4.36 min). Modibo Nabé spricht auf Bambara, die deutschen Untertitel stammen von der europäischen Sektion von Afrique-Europe-Interact:

Verwiesen sei zudem auf einige Bilder, die wir auf unserer Webseite dokumentiert haben, unter anderem von der Fischzucht eines Fischer*innenkollektivs in Bamako, das ebenfalls Mitglied bei Afrique-Europe-Interact ist. Denn durch die Überschwemmungen ist nicht nur ein Teil ihrer Infrastruktur zerstört, sondern auch zahlreiche Fische weggeschwemmt worden. Das ist umso tragischer, als dieses Fischer*innenkollektiv erst vor einigen Jahren mit der Fischzucht begonnen hat. Hintergrund ist, dass die Fischbestände im Niger unter anderem wegen des Klimawandels stark zurückgegangen sind.

Mit dem Cursor durchklicken. Die Bilder sind in hoher Auflösung sichtbar, sodass auch Details gut erkennbar sind.

Ausgelöst wurden die Überschwemmungen vor allem durch Bewässerungskanäle, die über die Ufer getreten sind. Wie es dazu kommen konnte, ist jedoch unklar: Die einen bringen das mit Starkregenfällen in Verbindung und werfen die Frage auf, inwieweit das mit dem Klimawandel zu tun hat. Denn Fakt ist, dass sich im Sahel nicht nur die Temperaturen in den letzten Jahrzehnten schrittweise erhöht haben. Vielmehr ist es auch zu grundlegenden Veränderungen in den Niederschlagsmustern gekommen: Insgesamt regnet es weniger, zudem hat sich die Regenzeit um 2 bis 4 Wochen verkürzt. Gleichzeitig hat die Zahl der Starkregen-Ereignisse zugenommen – was insbesondere deshalb schlimm ist, weil der sowieso ausgetrocknete Boden nicht in der Lage ist, die plötzlichen Wassermassen aufzunehmen. Doch das ist nur die eine Seite der Medaille. Hinzu kommt, dass gerade im Office du Niger die Kanäle schlecht gewartet werden, sodass das Wasser nicht schnell genug ablaufen kann. Und noch etwas: Im Falle des Dorfes Marka Bassi scheinen auch zwei Großgrundbesitzer eine fatale Rolle zu spielen. Wenn in ihren Kanälen zu viel Wasser ist, leiten sie dieses immer wieder Richtung Marka Bassi ab. Hier scheint offensichtlich das Recht des Stärkeren zu gelten. Einer der Großgrundbesitzer heißt Bakary Togola und ist ausgerechnet Präsident der APCAM, der ständigen Versammlung der Landwirtschaftskammern Malis. Wir betonen das, weil Bakary Togola in den letzten Jahren immer wieder wegen Korruption, Unterschlagung und Sachbeschädigung zum Nachteil anderer Bauern und Bäuerinnen in die Schlagzeilen geraten ist.

Deutlich ist also, dass die aktuellen Überschwemmungen nicht einfach zu erklären sind. Vielmehr kommen ganz verschiedene Faktoren zusammen – vom Klimawandel über unzureichende Infrastruktur bis hin zu Korruption und Misswirtschaft. Und das gilt auch für Bamako. Dort ist das Wasser laut der Fischer*innen von zwei Bergen runtergeströmt, wo zwar Grundstücke verkauft, aber keine Straßen und Abwasserkanäle gebaut werden.

Unabhängig davon dürfte kein Zweifel daran bestehen, dass die betroffenen bäuerlichen Haushalte in einer äußerst katastrophalen Lage sind. Wir sind daher mit der COPON darüber im Gespräch, ob auch politischer Protest Sinn machen könnte. Nicht nur um Entschädigung und Nothilfe zu fordern, sondern auch um öffentlichkeitswirksam Kritik zu formulieren. Gleichzeitig gilt, dass die Bauern und Bäuerinnen unmittelbar in Not sind. Deshalb möchten wir die Mitglieder der COPON zum frühstmöglichen Zeitpunkt finanziell unterstützen – einerseits beim Kauf von Lebensmitteln, andererseits beim Wiederaufbau ihrer Häuser.

In diesem Sinne rufen wir zu Spenden an Afrique-Europe-Interact unter dem Stichwort “Überschwemmungen in Mali” auf – online über unsere Webseite oder als Überweisung:

Name: Globale Gerechtigkeit e.V.
Bank: GLS Gemeinschaftsbank
IBAN: DE67 4306 0967 2032 2373 00
BIC: GENODEM1GLS

Eine letzte Anmerkung: Wie die meisten wissen dürften, befinden sich die Sahelländer bereits seit Jahren in einer äußerst schwierigen Lage, unter anderem wegen verschiedener bewaffneter Konflikte. Auch das Office du Niger wird seit 2016 immer stärker in diese Dynamiken reingezogen, nicht zuletzt, weil die islamistische Massina-Befreiungsfront vor allem unter Viehhirten immer stärkeren Zulauf erfährt. In diesem Sinne sind solche Ereignisse wie die aktuellen Überschwemmungen absolutes Gift. Denn gerade die schlechte Verwaltung seitens des Staates ist einer der Gründe, weshalb sich junge Männer bewaffneten Gruppen wie der Massina-Befreiungsfront anschließen. Wer mehr wissen möchte, sei daher auf die Dokumentation einer Tagung verwiesen, die das Netzwerk Fokus Sahel (an dem auch Afrique-Europe-Interact beteiligt ist) im März 2019 unter dem Titel “Wege aus der Gewalt? Gesellschaftliches Engagement im Kontext politischer Destabilisierung und gewaltsamer Konflikte im Sahel” organisiert hat: