2013 | Videos: Die Teilung Afrikas in Berlin (Victor Nzuzi und Mansour Ciss Kanakassy)
Victor Nzuzi zum Denkmal zur Berliner Afrikakonferenz 1884/85 (französisch, deutsche Übersetzung unter dem Video)
Was für mich wichtig ist, also wenn wir hier die Ketten sehen: das sind echte Fotos, also das sind echte Fotos, auf denen die Menschen angekettet sind als wären sie Ziegen oder Pferde. Aber selbst Pferde darf man wegen der Tierrechte nicht so anketten. Aber dies sind Männer und Frauen, die das erlebt haben. Und dies ist die Folge von der Aberkennung der Rechte, die die Afrikaner hatten/ kannten in Folge der Konferenz von 1884. Es hieß, dass diese Konferenz dem Fortschritt diene, aber es hat sich in die Entrechtung verkehrt. Für uns war es der schwierigste Augenblick der Geschichte, den wir in Afrika erlebt haben. Also man hat Afrika aufgeteilt, jede Macht sollte ihren Anteil bekommen. Also England bekam seinen Anteil hier und hier, Frankreich bekam Westafrika, Deutschland hier diesen Teil und einen Teil hier. Und Belgien wäre eigentlich leer ausgegangen, weil König Leopold sollte nur hier die Verwaltung übernehmen. Das ist wie eine Art Geschäftsführer oder Firmenleiter. Und der Firmendirektor Leopold, der den Kongo verwalten sollte, hat daraus seinen Privatbesitz gemacht. Er hat also eine Art Staatsstreich gegen die anderen Mächte gemacht. Um die Geschichte zu verstehen, muss man wissen, dass man zu der Zeit schon um den Wert der Reichtümer des Kongo wusste, Gold und Diamanten wurden bereits abgebaut, Eisenerz wurde bereits in Minen in Katanga abgebaut. Also schon vor der Kolonisierung, wurde Eisenerz extrahiert. Und auch Gold wurde in dieser Region aus dem Boden geholt. Also wusste man um diese Ressourcen im Kongo.
Und um nun auf die Berliner Mauer zu kommen, also Bismarck hatte das schon in seinem Konzept, weil die erste in Berlin gemachte Mauer, war die Teilung Afrikas. Die Teilung des Volkes einfach so hier, war ein Grenzziehung. Das war ein Mauerbau. Damit die Kolonialmächte in den Kongo eindringen konnten, haben sie Grenzen gezogen/ Mauern gebaut. Eine Kolonialmacht hat ein Gebiet eingegrenzt und sich ihren Teil genommen. Da gründet die Idee der Mauer! Und die heutigen Grenzen bewirken, dass Afrika quasi verdammt dazu ist, die Rohstoffe zu liefern und Europa produziert die Technologie. So funktionieren Grenzen. Wir müssen damit Schluss machen. Wenn wir heute von der Globalisierung reden und man möchte das sich Grenzen auflösen, wäre das ein Frotschritt, aber dabei geht es in erster Linie um den Profit. Das ist bedauerlich.
Es ist schrecklich, auch vor allem dieses Foto hier zu sehen, es tut sehr weh, die Menschen in Ketten zu sehen und zu wissen, dass sie wirklich so gelebt haben. Also wer ist dafür verantwortlich? Wir müssen an die Zukunft denken, aber dabei ist auch das Gestern wichtig. Und sei es die Reparation. Es muss Reparationen geben. Es müssen Reparationen beschlossen werden. Es handelt sich um eine Kultur, die zerstört wurde. Gesellschaften, die zerstört wurden. Menschen, die gestorben sind. Danach sagt man: Wir sind alle verantwortlich. Nein, die Verantwortlichen sind bekannt. Genau wie die Verantwortlichen heute. Es ist immer dasselbe. Damals hat man die Kultur zersört, die Familien und man sagte: wir sind alle verantwortlich. Es ist genau das selbe wie jetzt mit der Krise: man sagt, die Schuldenkrise, die heute Griechenland trifft, die Europa trifft, die hat ja gestern schon Afrika getroffen! Aber jetzt heißt es, wir sollen alle die Verantwortung annehmen. Nein, die Verantwortlichen sind bekannt, es sind die Kapitalisten und die Bankiers und es sind dieselben Kapitalisten, die damals zur Teilung Afrikas schritten. Die Teilung Afrikas war nicht für die Interessen der einfachen Europäer, sondern für die großen Unternehmer und die Fabriken, die es schon gab. Nein, die Verantwortlichen sind bekannt. Genau wie wenn wir vom Klimawandel reden, der heute dazu führt, dass wir Bauern, unser Dorf verlassen müssen, , wir werden gezwungen zu gehen, wegen der Überschwemmungen, die die Umweltverschmutzung bewirkt wie auch die Vertrocknung der Böden. Man zwingt uns auszuwandern. Wir sind zur Migration verdammt.
Mansour Ciss Kanakassy
Mansour Ciss Kanakassy spricht über das Denkmal zur Berliner Kongokonferenz und die nötige “Deberlinisation” (französisch, deutsche Übersetzung unter dem Video).
Ich heiße Mansour Ciss Kanakassy. Ich komme aus dem Senegal und leben schon seit einigen Jahren in Berlin. Wir sind hier heute bei diesem historischen Denkmal oder wie soll ich es nennen? Denn es gibt nur dieses Denkmal in Berlin und ich finde es sehr schade, dass es nichts außer dieser kleinen Erinnerung an die folgenreiche Teilung Afrikas gibt. Ich bedaure das sehr. Stellen Sie sich ein angemessen großes Denkmal vor, das die historische Bedeutung dessen anzeigt, was hier 1884 und 1885 passiert ist und um den Kindern (nachfolgenden Generationen) die Geschichte zu erklären, die hier ihren Ausgangsort nahm, die Teilung Afrikas in Berlin 1884 und 1885.
Dieses Denkmal ist als Ausgangspunkt gut, aber in meinen Augen ist es eine Schande, dass es bis heute kein repräsentativeres Denkmal an dieser Stelle gibt, für das Gedenken, das Andenken und um sich an das zu erinnern und um sich auszusöhnen für uns untereinander und mit unserer Geschichte hier in Berlin.
Ich habe also das Laboratoire/ Labor der Déberlinisation in Berlin gegründet im Jahr 2001. Seit 2001 existiert dieses Laboratoire und es ist ein Labor der Ideen, um den Dialog über die Zukunft Afrikas zu beginnen und weiterzutreiben.
Die Vereinigten Staaten von Amerika waren auch zu dieser Konferenz eingeladen, die eine Leidenschaft der auf die Reichtümer Afrikas gierigen Staaten Europas war und ihrem Streben Legitimität verleihen sollte. Die Konferenz sollte die Grenzen, die willkürlich gezogen wurden, legitimieren. Diese willkürliche Teilung Afrikas hat den Kontinent sehr geschwächt. Sie haben sich nicht an ethnischen oder geografischen Gegebenheiten orientiert, sie haben den afirkanischen Kontinent gemäß ihrer Interessen aufgeteilt. Es ging nur um den Reichtum im afrikanischen Boden und mit gar keinem Interesse für die Ethnien, die sie so geteilt haben oder die Geografie. Soweit zu den Fakten, über die wir noch weitere Reflektionen anstellen können und über die Perspektiven für die Entwicklung des afrikanischen Kontinents.
Die Mauer von Berlin ist 1989 gefallen. Nach 1989 wurden an vielen Orten der Welt neue Mauern gebaut, insbesondere an der europäischen Außengrenze, die die Grenzschutzagentur Frontex „schützt“. Frontex dient dazu, die Menschen, die aus dem globalen Süden kommen, davon abzuhalten, nach Europa zu kommen. Und dies ist ein wichtiger Aspekt der fehlenden Solidarität/ Unterstützung für die Menschen, die sie kolonisiert haben und ihrer ganzen Reichtümer beraubt und skrupellos den Kontinent geteilt haben – wie ich schon sagte – ohne Rücksicht auf ethnische und kulturelle Gegebenheiten.
Daher bin ich, der ich jedenfalls hier heute lebe, ungefähr seit zehn Jahren, das Laboratoire du Déberlinisation geschaffen, um einen Aufruf zu machen, dass die Künstler_innen sich an Lösungen beteiligen für alle die Probleme, von denen nicht gern geredet wird. Die Debatte muss begonnen werden und die Vielfalt der Lösungen gefunden werden. Oft fragt man mich, wieso in Berlin? Doch die folgenreiche Geschichte hat hier ihren Ausgang gehabt und daher müssen auch zukünftige Lösungen hier ihren Ausgang nehmen.