BürgerInnenkarawane für Frieden in Mali (Marche Blanche)
16.01.2013: Deklaration der malischen Sektion von Afrique-Europa-Interact
Unsere Initiative bezieht sich ausdrücklich auf den Umstand, dass eine militärische Intervention noch mehr zivile Opfer im Norden verursachen dürfte – so wie zu befürchten ist, dass die derzeitige Kriegssituation noch längfristiger in Mali bestehen könnte. In diesem Sinne betreffen unsere Sorgen besonders die Dauer der militärischen Intervention, die Strategien zur Beendigung der Krise und die Frage der Beteiligten bei der Suche nach wirklichen Lösungen für die territoriale Einheit des Landes.
Uns wird nahegelegt, die Militäraktion gegen die im Norden Malis verankerten Dschihadisten zu begrüßen. Denn sie sei eine sicherheitspolitische Notwendigkeit gewesen, um das Überleben der Bevölkerung im Süden des Landes zu gewährleisten. Doch es ist zu einfach, jetzt zu behaupten, dass „ohne die französische Intervention von außen die Islamisten in zwei oder drei Tagen in die malische Hauptstadt vorgerückt wären“ (*). Unsere Frage ist daher, was denn das Signal zur Beendigung der Feindseligkeiten sein soll und entlang welcher Überlegungen es zu Verhandlungen unter Beteiligung der Tuareg kommen könnte, die ja auch eine wesentliche Rolle beim Ausbruch der aktuellen politisch-militärischen Krise gespielt haben? Es ist klar, dass die Frage der Repräsentation (der Tuareg – Anm. des Übersetzers) ein entscheidender nächster Schritt sein wird, damit Normalität in diesen Teil Malis wieder einkehren kann.
Der unmittelbare Befund ist, dass die Islamisten die besetzten Städte verlassen haben. Ihre Logistik soll zerstört worden sein, aber die militärische Gegenoffensive hat bereits zivile Opfer gefordert. Am Samstag, den 12. Januar sind laut „Human Rights Watch“ 10 Menschen ums Leben gekommen, darunter drei Kinder.
„Wir möchten in Erinnerung rufen, dass sich die Vergewaltigungen, die wir in den besetzten Teilen unseres Landes beklagen müssen, durch die Stationierung von mehreren tausend Soldaten vervielfachen dürften“ und dass all dies einen erzwungenen Exodus, d.h. noch mehr Vertriebene und Flüchtlinge hervorbringen wird.
„Wir möchten zudem in Erinnerung rufen, dass die Zerstörung des sozio-ökonomischen Gewebes dieser Region und die Ernährungsunsicherheit mit andauernden Luftangriffen und Bodenkämpfen zunehmen dürften, oft für den ohnehin besonders verwundbaren Teil der Bevölkerung.“
„Krieg ist extreme Gewalt gegen die Zivilbevölkerung, darunter Frauen und Kinder.“ In diesem Sinne muss man unsere Bewegung hinsichtlich des Tuaregproblems wachrütteln und die Bevölkerung zur Wachsamkeit mit Blick auf die Entstehung eines permanenten Kriegszustands auffordern. Wir setzen uns dafür ein, ein Ende der Dauerkrise mittels der Stimme des Dialogs zu finden, und zwar in einem Moment, wo sich die Streikräfte Westafrikas auf ein Eingreifen vorbereiten und in dem nach der jüngsten Offensive der Islamisten Richtung Süden eine von vielen begrüßte ausländische Intervention überstürzt erfolgt.
Die Rolle der souveränen malischen Armee ist die Sicherung des Territoriums, weshalb unsere Soldaten genug Waffen zur Unterstützung der Bevölkerung haben müssen, um so ihrer ehrenvollen Verantwortlichkeit gerecht zu werden.
Die Karawane des Friedens (**) teilt das allgemeine Verlangen nach einer Befreiung Malis und möchte daher an die Intellektuellen und Führer der Tuareg appellieren, diese Chance zu nutzen und sich an der Lösung der Krise im Norden zu beteiligen. Die Botschaft richtet sich an unsere Brüder, neue Führer (jenseits von Ansar Dine und MNLA – Anm. des Übersetzers) zu benennen, die die grundlegenden Wünsche der Tuareg-Basis vertreten könnten. Die gemeinsamen Anstrengen können einen dritten Weg Platz machen, um die Integrität Malis zu wahren.
Anmerkungen
(*) Die Zitate in dem Text stammen aus den Diskussionen der malischen Sektion von Afrique-Europe-Interact – eine in Basisbewegungen immer wieder angewandte Methode der kollektiven Texterstellung.
(**) Als Reaktion auf den Kriegsbeginn wurde der ursprünglich auf die diplomatischen Bemühungen gemünzte Name des Projekts von „Weißer Marsch“ in „Bürgerkarawane für Frieden in Mali“ umbenannt („La Caravane Citoyenne pour la Paix au Mali“).