25. Januar 2013 | Pressemitteilung Nr. 4 von Afrique-Europe-Interact zur BürgerInnenkarawane (Weißer Marsch)
Französische Armee verhindert „Bürger-Karawane für Frieden in Mali“ (ursprünglich: „Weißer Marsch“) – unterdessen verschärft sich die ökonomische Situation der Bevölkerung dramatisch.
Trotz ausdrücklicher Befürwortung seitens des malischen Innen- und Verteidigungsministeriums sowie vom malischen Übergangspräsidenten hat das französische Militär die Straße zwischen Segou und Mopti nicht für die Busse der seit November geplanten „Bürgerkarawane für Frieden“ (ursprünglich: „Weißer Marsch“) freigegeben. Nach zwei Absagen innerhalb der letzten sieben Tage haben die an dem Projekt beteiligten Basisgruppen aus der malischen Zivilgesellschaft daher entschieden, die Friedenskarawane auf den nächstmöglichen Zeitpunkt zu verschieben.
Die maßgeblich von der malischen Sektion von Afrique-Europe-Interact initiierte Bürgerkarawane spricht sich für das Recht auf Selbstverteidigung aus, warnt aber vor den katastrophalen Konsequenzen einer militärischen Eskalation des Konflikts, zumal Frankreich mit seiner Intervention in erster Linie ökonomische und politische Interessen verfolge. Als Schlüssel zu einem nachhaltigen Frieden wird stattdessen die Eröffnung eines Dialogs mit jenen Teilen der Tuareg-Bevölkerung aus dem Norden betrachtet, die sich weder durch das islamistische Ansar Dine noch die laizistische MNLA vertreten sehen. Denn nur so könnten die Islamisten sozial und politisch marginalisiert und ihre schrittweise Entmachtung erreicht werden.
Wie wichtig ein solcher friedenspolitischer Dialog ist, zeigen insbesondere die mutmaßlichen Hinrichtungen von so genannten Kollaborateuren durch Angehörige der malischen Armee – darunter mehreren Tuareg. Das bestätigt auch Ousmane Diarra, Präsident der ebenfalls an der Karawane beteiligten „Assoziation der Abgeschobenen Malis“ – wobei es noch keine endgültigen Bestätigungen für die vor allem von französischen und malischen Menschrechtsorganisationen gemeldeten Hinrichtungen gibt. Erinnerst sei nur an den Fall eines bekannten Radiojournalisten aus Gao: Mehrere Quellen meldeten am 19. Januar unabhängig voneinander seine Ermordung durch islamistische Besatzer, woraufhin der islamistische Polizeichef von Gao von der lokalen Bevölkerung gelyncht wurde. Erst 48 Stunden später entpuppte sich die Todesnachricht glücklicherweise als falsches Gerücht.
Unterdessen erfreut sich das militärische Vorgehen gegen die Islamisten nach Auskunft zahlreicher BasisaktivistInnen aus Bamako unverändert großer Zustimmung innerhalb der Bevölkerung. Demonstrationen im Ausland gegen die französische Militärintervention würden daher auf absolutes Unverständnis stoßen – unabhängig davon, ob der Protest antikolonial oder religiös begründet sei. Dennoch könne die Stimmung bei der Mehrheit keineswegs als kriegerisch beschrieben werden. Im Gegenteil: Im Vordergrund stünde das Verlangen nach Frieden, entsprechend würden umfängliche Gebete und Koran-Lektüren in den Moscheen breiten Raum einnehmen. Maßgeblich für die Gestimmtheit vieler Menschen sei dabei die Sorge, dass die soziale und kulturelle Identität Malis durch die Herrschaft der radikalen Islamisten nachhaltig Schaden nehmen könnte. Die gesamte Gesellschaft sei daher von einer Art Positiv-Boom des in Mali ohnehin vorherrschenden Sufi-Islam erfasst worden.
Unbeschadet der kriegsbedingt einmal mehr verschärften ökonomischen und sozialen Krise halten die westlichen Länder – darunter auch Deutschland – unverändert an der nach dem Putsch im März 2012 erfolgten Suspendierung der Entwicklungszusammenarbeit mit der malischen Regierung fest. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass große Teile der Bevölkerung die Absetzung der hochgradig korrupten Regierungselite rund um den ehmaligen Präsidenten Amadou Toumani Touré bis heute ausdrücklich begrüßen. Afrique-Europe-Interact verurteilt dieses Vorgehen als zutiefst undemokratisch, stattdessen fordern wir umfassende Hilfe für das durch Krieg, Korruption und 20 Jahre IWF-Strukturanpassungspolitik schwer gezeichnet Land – hierzu gehört auch die Unterstützung des demokratischen Aufbruchs, wie er von von der malischen Zivilgesellschaft im Anschluss an den Putsch auf den Weg gebracht wurde.
Rückfragen zur Friedenskarawane oder zur Arbeit von Afrique-Europe-Interact in Mali beantworten wir gerne (nolagerbremen@yahoo.de oder 015152527776), bei Interesse stellen wir auch gerne Kontakt zu OrganisatorInnen der Karawane her. Verwiesen sei zudem auf unsere Webseite mit aktuellen Informationen, Hintergrundartikeln und Links zu zahlreichen Newsportalen und Webseiten mit Malibezug.