Weser-Kurier 18.04.2012 | 24-Stunden-Protest in Bremen 50 Aktivisten übernachten vor Deutscher Bank
Bremen. Etwa 250 Menschen haben sich gestern Nachmittag zum Start einer 24-stündigen Belagerung der Deutschen Bank am Domshof versammelt. Mit der Aktion wollen sie gegen Nahrungsmittelspekulation und den Ankauf von Ackerland durch Großinvestoren in Entwicklungsländern – das sogenannte Landgrabbing – protestieren.
Bunte Zelte und eine Sofa-Landschaft direkt vor dem Eingang der Deutschen Bank kündigten es an: Die Aktivisten vom Netzwerk Afrique-Europe-Interact wollen dem Institut so dicht wie möglich auf die Pelle rücken. Schließlich gehe es um das Thema Landraub und mit der Aktion auch darum, symbolisch Raum zurückzuerobern.
“Die Deutsche Bank ist über ihre Agrarfonds an drei Millionen Hektar Land beteiligt und hat dafür 250 Millionen Dollar investiert”, sagt Aktivist Olaf Bernau von Afrique-Europe-Interact und bezieht sich auf eine Studie der Menschenrechtsorganisation Fian. Die Behauptung der Deutschen Bank, nicht mehr an Landgrabbing beteiligt zu sein, bezeichnete er als falsch.
Seine Organisation fordert eine Begrenzung spekulativer Geschäfte, mit denen die Preise für Nahrungsmittel in die Höhe getrieben werden. Auch Banken und Versicherungen müssten vom Rohstoffgeschäft ausgeschlossen werden. Die Spekulation mit Nahrungsrohstoffen sei zu 25 Prozent verantwortlich für den Preisanstieg und damit den Hunger auf der Welt, da viele Menschen in Entwicklungsländern bis zu 80 Prozent ihres Einkommens für Nahrung ausgeben müssen. “Außerdem fordern wir ein Moratorium auf den Verkauf von Land an Investoren, um die Geschwindigkeit des Landgrabbing zu stoppen”, so Bernau.
Während beispielsweise in Äthiopien rund 4,5 Millionen Menschen als unterernährt gelten, verhandelt die Regierung mit dem indischen Agrarmulti Karuturi Global über den Verkauf von mehr als einer halben Million Hektar Land. Auf dem Gebiet soll vor allem Reis für den Export angebaut werden. Landflucht, Vertreibung und die Zerstörung lokaler kleinbäuerlicher Strukturen sind oft die Folge dieser Geschäfte, an denen Industriestaaten wie Schwellenländer beteiligt sind.
“Brot statt Bio-Diesel” steht auf dem Schild eines Demonstranten am Domshof. Eine Ursache für Landgrabbing ist der Anbau von Energiepflanzen für Agrotreibstoffe in Europa und den USA. Aber auch für die Beschäftigten der Nahrungsmittelindustrie in Deutschland habe die Spekulation mit Lebensmitteln Auswirkungen, erklärte Dieter Nickel von der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG). “Bei Tarifverhandlungen sagen die Produzenten, dass sie ihren Angestellten nicht mehr zahlen könnten, da die Preise für Rohstoffe immer teuer werden”.
Von York Schaefer
Auf der Webseite des Weser-Kurier ist zudem ein kurzes Video-Clip von der Aktion dokumentiert