7. Juli 2025 | Pressemitteilung von Afrique-Europe-Interact zu den jüngsten Protesten in Togo
+++ français en bas +++
Nach über zwei Jahrzehnten an der Macht ist die Herrschaft von Faure Gnassingbé so umstritten wie nie zuvor. 2005 wurde er nach dem Tod seines Vaters in einer Nacht-und-Nebel-Aktion vom Militär, dem Parlament und dem Verfassungsgericht zum Nachfolger bestimmt. Erst unter internationalem Druck ließ er sich in massiv gefälschten Präsidentschaftswahlen „offiziell“ bestätigen. Bei den anschließenden Massenprotesten kamen rund 900 Menschen durch staatliche Sicherheitskräfte ums Leben, 4.000 wurden verletzt, mindestens 60.000 flohen in die Nachbarländer Ghana und Benin. Auch in den Jahren 2012/13 und 2017/18 kam es zu landesweiten Protesten, die jeweils brutal niedergeschlagen wurden. Seit 2024 ermöglicht eine illegale und illegitime Verfassungsänderung Faure Gnassingbé den unbegrenzten Verbleib an der Macht. Als Afrique-Europe-Interact haben wir wiederholt auf die weitgehende Straflosigkeit und politische Repression in Togo hingewiesen – insbesondere seit den Protesten 2017/18. Nun kam es im Juni 2025 erneut zu größeren Demonstrationen, auf die das Regime mit massiver Gewalt reagierte. Aus diesem Anlass wenden wir uns mit der folgenden Pressemitteilung an die Öffentlichkeit.
Togo: Die politische Lage spitzt sich zu – brutale Repression gegen Protestbewegung
Vom 26. bis 28. Juni kam es in mehreren Stadtteilen der Hauptstadt Lomé zu Aktionen des zivilen Ungehorsams. Die Protestierenden forderten einen grundlegenden politischen Wandel und den Rücktritt von Staatschef Faure Gnassingbé. Die Reaktion des Staates war von massiver Gewalt geprägt: Staatliche Sicherheits- und Ordnungskräfte schlugen auf Demonstrierende ein, drangen in Häuser ein und nahmen laut Berichten in sozialen Medien dutzende Menschen fest. An ihrer Seite beteiligten sich bewaffnete Milizionäre, von denen die meisten vermummt waren, mit brutaler Gewalt an der Repression. Mit Schlagstöcken gingen sie auf wehrlose Menschen los, verletzten und töteten sie. In einer gemeinsamen Erklärung vom 27. Juni und nochmals am 29. Juni forderten mehrere zivilgesellschaftliche Organisationen, darunter Togo Debout, ein sofortiges Ende der staatlichen Repression. Am 30. Juni veröffentlichte auch die Konferenz der togoischen Bischöfe eine Erklärung, in der sie die Gewalt aufs schärfste verurteilt. Mindestens sieben Menschen kamen ums Leben, darunter zwei Jugendliche im Alter von 12 und 15 Jahren.
Verhaftung des Rappers Aamron als Auslöser der Proteste
Unmittelbarer Auslöser der Ereignisse war die Verhaftung des Rappers Aamron am 26. Mai, die eine Welle des Protests, der Empörung und der Solidarität auslöste. In Live-Videos auf TikTok hatte Aamron die schlechte Regierungsführung angeprangert und den Rücktritt von Faure Gnassingbé gefordert. Nach einer Erhöhung der Strompreise intensivierte er seine öffentliche Kritik. In einer satirisch gehaltenen Botschaft rief er die Bevölkerung dazu auf, dem Staatschef am 6. Juni „einen schönen Geburtstag zu wünschen“ und ihm „für die großen Errungenschaften zu danken, die Togo zum Strahlen bringen“. Vor allem junge Menschen solidarisierten sich mit Aamron und gingen am 6. Juni spontan auf die Straße. Die über soziale Netzwerke durch Blogger und TikToker organisierten Demonstrationen wurden schnell und gewaltsam aufgelöst. Es kam zu Dutzenden Festnahmen; einige der Festgenommenen berichteten später von Misshandlungen während ihrer Festnahme und Haft. Laut Togo Debout wurden 56 Personen später wieder freigelassen.
Statt die Bewegung zu brechen, befeuerten die Repressionen den Widerstand: In der Diaspora fanden Solidaritätsaktionen statt, neue Aufrufe zu Protesten verbreiteten sich rasch online. Während die politischen Parteien ANC und FDR sowie zivilgesellschaftliche Organisationen wie Togo Debout ab dem 23. Juni zum zivilen Ungehorsam aufriefen – einer in Artikel 150 der Verfassung von 1992 verankerten Form des Protests –, mobilisierten Blogger und TikToker für landesweite Demonstrationen am 26., 27. und 28. Juni. In den Aufrufen hieß es, es sei an der Zeit, dass „das Volk seine Souveränität zurückerobert“ und „die illegitime Autorität zerschlägt“. Trotz Aamrons Freilassung am 21. Juni und anhaltender Repression gingen am 26. Juni erneut hunderte Menschen dezentral auf die Straße. Nach über zwei Jahrzehnten an der Macht ist die Herrschaft von Faure Gnassingbé so umstritten wie nie zuvor.
Kritik an illegaler und illegitimer Verfassungsänderung
Die Proteste ereigneten sich auch vor dem Hintergrund einer umstrittenen Verfassungsreform, die im April 2024 ohne Referendum verabschiedet wurde. Sie führt ein parlamentarisches System ein – die sogenannte „Fünfte Republik“ –, in dem Faure Gnassingbé den Vorsitz des Ministerrats übernimmt. Dieses Amt, das dem eines Regierungschefs entspricht, ermöglicht es ihm, die verfassungsmäßige Begrenzung der Amtszeiten zu umgehen und unbegrenzt an der Macht zu bleiben. Die Gnassingbé-Dynastie sichert sich damit die Fortführung ihrer inzwischen 58-jährigen Herrschaft.
Die Opposition bezeichnet die Reform als „Verfassungsputsch“ und spricht von einem autoritären Regime, das von Gewalt, wachsender Armut und Korruption geprägt sei. Selbst aus dem engsten Umfeld Faure Gnassingbés regt sich Widerstand: Essossimna Marguerite Gnakadè, frühere Verteidigungsministerin, fordert inzwischen öffentlich seinen Rücktritt. In einer eindringlichen Erklärung kritisiert sie die ökonomische Misswirtschaft unter der Herrschaft von Präsident Faure und ruft die Armee dazu auf, sich nicht länger als Erfüllungsgehilfe eines skrupellosen Machtapparats missbrauchen zu lassen, sondern im Sinne der Bevölkerung zu handeln.
Forderungen von Afrique-Europe-Interact
In einer Erklärung vom 1. Juli 2025 kritisieren afrikanische zivilgesellschaftliche und Menschenrechtsorganisationen – darunter verschiedene nationale Gruppen des Netzwerks Tournons la Page – den Umgang der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) mit der staatlichen Gewalt in Togo. Die ECOWAS verharmlose die staatlich organisierte Repression und schweige zu verfassungswidrigen Entwicklungen. Afrique-Europe-Interact schließt sich dieser Kritik ausdrücklich an und fordert darüber hinaus:
- ein sofortiges Ende der Repression und staatlichen Gewalt gegen Demonstrierende,
- die lückenlose Aufklärung der Menschenrechtsverletzungen sowie die strafrechtliche Verfolgung der Verantwortlichen – anstelle anhaltender Straflosigkeit,
- die Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung von 1992 – anstelle einer Legitimierung der sogenannten „5. Republik“ durch die bevorstehenden Kommunalwahlen,
- ein Ende der der fast 60-jährigen Herrschaft der Familie Gnassingbé, um endlich den Weg freizumachen für eine tatsächliche Demokratisierung Togos.
Togo : la situation politique s'aggrave – répression brutale contre le mouvement de protestation
Communiqué de presse d'Afrique-Europe Interact de 4 juillet 2025
Du 26 au 28 juin, des actions de désobéissance civile ont eu lieu dans plusieurs quartiers de la capitale Lomé. Les manifestants réclamaient un changement politique fondamental et la démission du chef de l'État Faure Gnassingbé. La réaction de l'État a été marquée par une violence massive : Les forces de sécurité et de l'ordre ont frappé des manifestants, fait irruption dans des maisons et, selon les informations relayées par les réseaux sociaux, arrêté plusieurs dizaines de personnes. À leurs côtés, des miliciens armés, pour la plupart cagoulés, ont participé à la répression avec une violence brutale. Ils ont frappé à coups de matraques des personnes sans défense, les blessant et les tuant. Dans une déclaration commune publiée le 27 juin, puis réitérée le 29 juin, plusieurs organisations de la société civile, dont Togo Debout, ont exigé la fin immédiate de la répression étatique. Le 30 juin, la Conférence des évêques du Togo a également publié une déclaration condamnant fermement les violences. Au moins sept personnes ont perdu la vie, dont deux adolescents âgés respectivement de 12 et de 15 ans.
L'arrestation du rappeur Aamron, déclencheur des manifestations
Le déclencheur immédiat des événements a été l'arrestation du rappeur Aamron le 26 mai, qui a déclenché une vague de manifestations, d'indignation et de solidarité. Dans des vidéos diffusées en direct sur TikTok, Aamron avait dénoncé la mauvaise gouvernance et exigé la démission de Faure Gnassingbé. Après une augmentation des prix de l'électricité, il a intensifié ses critiques publiques. Dans un message satirique, il a appelé la population à « souhaiter un joyeux anniversaire » au chef de l'État le 6 juin et à le « remercier pour les grandes réalisations qui font rayonner le Togo ». Les jeunes, en particulier, ont manifesté leur solidarité avec Aamron et sont spontanément descendus dans la rue le 6 juin. Les manifestations organisées via les réseaux sociaux par des blogueurs et tiktokeurs ont été rapidement et violemment dispersées. Des dizaines de personnes ont été arrêtées ; certaines ont ensuite fait état de mauvais traitements lors de leur arrestation et pendant leur détention. Selon Togo Debout, 56 personnes ont ensuite été libérées.
Au lieu de briser le mouvement, la répression a stimulé la résistance : des actions de solidarité ont eu lieu dans la diaspora et de nouveaux appels à manifester se sont rapidement répandus en ligne. Alors que les partis politiques ANC et FDR ainsi que des organisations de la société civile telles que Togo Debout appelaient à la désobéissance civile à partir du 23 juin – une forme de protestation inscrite à l'article 150 de la Constitution de 1992 –, es blogueurs et tiktokeurs ont mobilisé la population pour des manifestations nationales les 26, 27 et 28 juin. Les appels affirmaient qu'il était temps que « le peuple reprenne sa souveraineté » et « renverse l'autorité illégitime ». Malgré la libération d'Aamron le 21 juin et la répression continue, des centaines de personnes sont à nouveau descendues dans les rues de manière décentralisée le 26 juin. Après plus de deux décennies au pouvoir, le régime de Faure Gnassingbé est plus contesté que jamais.
Critiques d'une modification illégitime et illégale de la Constitution
Les manifestations se sont également déroulées dans le contexte d'une réforme constitutionnelle controversée, adoptée en avril 2024 sans référendum. Elle instaure un système parlementaire – dite « Cinquième République » – dans lequel Faure Gnassingbé assume la présidence du Conseil des ministres. Cette fonction, qui correspond à celle de chef du gouvernement, lui permet de contourner la limitation constitutionnelle du nombre de mandats et de rester indéfiniment au pouvoir. La dynastie Gnassingbé s'assure ainsi la poursuite de son règne, qui dure depuis maintenant 58 ans.
L'opposition qualifie cette réforme de « coup d'État constitutionnel » et parle d'un régime autoritaire marqué par la violence, la pauvreté croissante et la corruption. Même dans l'entourage le plus proche de Faure Gnassingbé, la résistance s'organise : Essossimna Marguerite Gnakadè, ancienne ministre de la Défense, réclame désormais publiquement sa démission. Dans une déclaration virulente, elle critique la mauvaise gestion économique sous le régime du président Faure et appelle l'armée à ne plus se laisser instrumentaliser par un appareil de pouvoir sans scrupules, mais à agir dans l'intérêt de la population.
Revendications d'Afrique-Europe-Interact
Dans une déclaration du 1er juillet 2025, des organisations africaines de la société civile et de défense des droits humains, dont plusieurs groupes nationaux du réseau Tournons la Page, critiquent l'attitude de la Communauté économique des États de l'Afrique de l'Ouest (CEDEAO) face à la violence étatique au Togo. La CEDEAO minimiserait la répression organisée par l'État et garderait le silence sur des développements anticonstitutionnels. Afrique-Europe-Interact se joint expressément à ces critiques et exige en outre :
- la fin immédiate de la répression et de la violence étatique contre les manifestants,
- la clarification complète des violations des droits humains et la poursuite pénale des responsables, au lieu de l'impunité persistante,
- le retour à l'ordre constitutionnel de 1992, au lieu de la légitimation de la soi-disant « 5e République » par les prochaines élections municipales,
- la fin du règne de la famille Gnassingbé, qui dure depuis près de 60 ans, afin d'ouvrir enfin la voie à une véritable démocratisation du Togo.