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30. März 2020 | DR Kongo: Bericht von Victor Nzuzi

Victor Nzuzi ist Kleinbauer, Journalist und Aktivist in der Demokratischen Republik Kongo. Er gehört zu den Gründungsmitgliedern von Afrique-Europe-Interact. Dieser Beitrag gehört zu seinem Kongo-Blog, in dem Victor seit 2018 immer wieder über die Situation in der DR Kongo berichtet.

In der Demokratischen Republik Kongo hat die Zahl der Todesfälle seit gestern Abend 81 Fälle und insgesamt 8 Tote erreicht. Zwei Berater des Präsidenten der Republik sind bereits verstorben und ein dritter, dem Präsidenten nahe stehender, prominenter Anwalt, Herr Mukendi. In der Gemeinde Mont Ngafula in Kinshasa verabreichte eine Mutter ihren Kindern zur Vorbeugung ein traditionelles Produkt, aber dieses Produkt vergiftete und tötete die drei Kinder am vergangenen Donnerstag. Grundsätzlich ist es schwierig, über bereits identifizierte Patienten zu sprechen, da die Menschen oft aus Mangel an Mitteln nicht ins Krankenhaus gehen.

Im Osten des Landes gibt es bereits Infektionen in Bukavu [eine Stadt am Kivusee] und in der Provinz Ituri. Es gibt auch verdächtige Fälle in der Provinz Kasai. In Mbuji Mayi besuchte eine Frau aus Belgien ihre Familie. Diese Frau starb in Kinshasa, wo sie nach dem Auftreten von Symptomen behandelt werden musste. So ist die Stadt Mbuji Mayi in Panik geraten [eine der wichtigsten Bergbaustädte für Diamanten in der DR Kongo].

Die Situation ist sehr schwierig: Die Hauptstadt Kinshasa (12 Millionen Einwohner*innen) ist isoliert, so dass es kein Herausgehen und Hereinkommen mehr gibt. Die Regierung hat Schulen, Universitäten, Kirchen, Restaurants und Bars geschlossen. Es ist verboten, sich in Gruppen von mehr als 20 Personen aufzuhalten. Die Sperrung der Hauptstadt sollte eigentlich am Samstag stattfinden, aber die Regierung hat dies aufgeschoben, da die Bevölkerung nicht die finanziellen Mittel hat, um einfach zu Hause zu bleiben – die Menschen müssen daher auf die Straße gehen, um Geld zu verdienen [freie Übersetzung des Originals].

Die Regierung hatte gerade beschlossen, die Wasser- und Stromrechnungen für zwei Monate zu bezahlen. Für die Gefangenen gibt es fast keine Lösungen. Die Regierung forderte jedoch die Freilassung der nicht gefährlichen Gefangenen. Für den Reaktionsplan werden 150 Millionen Dollar gesucht.

Wir leben in Angst: Mangel an Existenzgrundlage (Armut) und auch die Tatsache, dass wir keine ausgerüsteten Krankenhäuser haben. Die Situation ist besonders beunruhigend, weil unser Gesundheitssystem völlig unzureichend ist: Die Krankenhäuser sind nicht mit Material und Geräten, Infrastruktur und Mobiliar ausgestattet (kaum Zimmer oder Räumlichkeiten, um mehr Patienten aufzunehmen, oft Betten ohne Matratzen, …). Die Masken kosten 2500 Franc, fast 2 Dollar. Aber es gibt fast keine. Im Falle von Atembeschwerden gibt es in der ganzen Stadt Kinshasa nur 60 Beatmungsgeräte.

Ich habe den Eindruck, dass sich die Bevölkerung der Bedeutung der Prävention nicht bewusst ist: Vor allem um Essen zu bekommen, muss man rausgehen und sich durchschlagen. Besonders das Transportsystem, in dem die Menschen zusammengedrängt werden, ist problematisch. Und die ungesunden Bedingungen in der Stadt. Kurz gesagt, es ist kompliziert. Wir verfolgen die Bilder aus Italien, Spanien… es macht traurig. Was soll bloß mit unserem Kongo werden?

Wir im Dorf sind sehr, sehr besorgt. Wir wissen nicht, was passieren wird. Wir sind in einer äußerst schwierigen Situation, wir müssen die landwirtschaftliche Arbeit fortsetzen. Wir müssen auch die Vermarktung von Produkten mit landwirtschaftlichen Produktgruppen organisieren. Also müssen wir unseren Maniok, unsere Tomaten und so weiter verschicken. Der Verkauf vom Dorf aus ist zurzeit schwierig. Wir müssen unsere Produkte mit kleinen Lastwagen nach Kinshasa schicken. Und von dort aus brauchen wir Seife, Zucker, Salz, vielleicht Masken… Bald werden alle Kontakte mit der Stadt Kinshasa völlig abgebrochen sein.

Als Aktivist*innen führen wir viele Telefonate für Radiosendungen, um die Bevölkerung aufzuklären. Im Moment ist es auch ein Problem der Bildung und des Bewusstseins. Wir brauchen viele Sendungen in den Radios, die in unseren Dörfern sehr, sehr beliebt sind.

In einer Radiosendung haben wir gestern beschlossen, im Falle einer totalen Ausgangssperre mit der Herstellung von lokaler Seife zu beginnen. Alles, was wir brauchen, ist ein kleiner Vorrat an Ätznatron. Was die Tierhaltung und das pflanzliche Eiweiß betrifft, so werden wir die Initiativen zu Meerschweinchen und Kaninchen, Soja und Mais wieder aufnehmen. Auf diese Weise können wir Autonomie erlangen.