18. April 2016 | Feldbesetzung contra Landgrabbing: Faxaktion und finanzielle Unterstützung gesucht!

Französicher Protestbrief (mit deutscher Übersetzung) sowie aktuelle Pressemitteilung finden sich weiter unten

Seit über 2 Jahren unterstützt das transnationale Netzwerk Afrique-Europe-Interact die beiden Dörfer Sanamadougou und Sahou in Mali, die seit 2010 einen Großteil ihrer landwirtschaftlich genutzten Flächen durch Landgrabbing verloren haben. Seitdem hat sich vieles getan: Der malische Investor Modibo Keita (der indirekt auch von Geldern aus der deutschen Entwicklungszusammenarbeit profitiert) ist durch diverse Aktionen in Mali und Deutschland massiv unter Druck geraten, und auch die malischen Behörden stehen unter Zugzwang, nachdem immer neue skandalöse Details ans Licht gekommen sind. Vor diesem Hintergrund haben die Dorfbewohner_innen am Montag mit einer mindestens einwöchigen Feldbesetzung auf einem Teil ihres geraubten Landes begonnen.

Video von einer Aktion 2015 – in unmittelbarer Nähe von der aktuellen Feldbesetzung

Ursprünglich hatten wir bereits im vergangenen Juni und Juli ein entsprechendes Sit-in angekündigt. Doch jedes Mal sind die Bauern und Bäuerinnen zurückgeschreckt, weil die Polizei ein massives Vorgehen angedroht hatte. An diesen Drohungen hat sich nicht wirklich etwas geändert – beispielsweise ist am Mittwoch der Präfekt mit 21 Mitarbeiter_innen aufgeschlagen und hat den Bauern und Bäuerinnen angedroht, dass dem Investor demnächst 20.000 weitere Hektar verpachtet würden und dann alle Dörfer verschwinden müssten. Geändert hat sich allerdings die Entschlossenheit der Bauern und Bäuerinnen. Denn immer mehr Familien sehen sich mit der Frage konfrontiert, ob sie endgültig abwandern müssen, d.h. mittlerweile geht es um alles oder nichts: Entweder die uralten Dörfer erhalten ihre Flächen zurück oder sie verschwinden schrittweise.

Die Besetzung hat in Mali bereits ein lebhaftes Echo ausgelöst. Darüber hinaus hat Afrique-Europe-Interact in den letzten Tagen nicht nur zahlreiche malische Regierungsvertreter_innen von Europa aus telefonisch kontaktiert, sondern auch den Investor Modibo Keita selbst. Dabei hat der Investor ganz ungeniert sein Leid geklagt, zudem hat er gefragt, ob wir denn Lösungsvorschläge hätten. Auf den naheliegenden Vorschlag, das Land zurückzugeben, wollte er sich aber (noch) nicht einlassen.

Spendenkonto, Faxnummern & Adressen

Namen: Globale Gerechtigkeit e.V.
Bank: GLS Gemeinschaftsbank
IBAN: DE67 4306 0967 2032 2373 00
BIC: GENODEM1GLS

Darüber hinaus möchten wir darum bitten, die Aktion mit einem Protestbrief an die politisch Verantwortlichen in Mali zu unterstützen. Da Fax-Nummern in Mali nicht immer funktionieren, möchten wir darum bitten, den Brief in erster Linie mittels Post an die Malische Botschaft in Berlin zu schicken (einzelne Mails werden eher ignoriert). Wer darüber hinaus ein Fax-Gerät zur Verfügung hat, möge bitte auch versuchen, den Brief direkt als Fax nach Mali zu schicken:

Malische Botschaft in Berlin: Botschaft der Republik Mali, Kurfürstendamm 72, 10709 Berlin

Fax-Nummern malische Regierung: 00223 20299403 ODER 00223 20228104.

Protestbrief: Bitte die französische Version nutzen

Französische Version

PDF-Version zum Runterladen weiter unten

Son excellence Ibrahim Boubacar Keïta,
Président de la République du Mali
Palais Koulouba
Bamako, Mali

Nom:
Rue:
Ville:
Pays:

La date:

Objet: Conflits ruraux à Sanamadougou et Sahou

Monsieur le Président,
Mesdames, Messieurs,

Permettez-moi de vous contacter aujourd'hui à cause d'une affaire très urgente: À travers des relations publiques du réseau transnational de l'Afrique-Europe-Interact j'ai entendu de deux villages Sanamadougou et Sahou à l'Office du Niger. Dans ce contexte, j'ai lu aussi les deux lettres ouvertes qui l'Afrique-Europe-Interact a écrit tant à vous que au gouvernement allemand, en février 2016 (les deux lettres sont documentées sur le site web de l'Afrique-Europe-Interact: www.afrique-europe-interact.net).

Dans ce sens, je veux exprimer ma solidarité avec les protêts des deux villages qui ont commencé ce matin à Sahou. Car généralement il ne peut y avoir de doute, à mon avis, que l'investisseur Modibo Keita n'a pas eu le droit de prendre les superficies cultivées de Sanamadougou et Sahou.

C'est pourquoi j'étais trés surpris sur l'information que le procès à ce sujet devant le tribunal à Markala est interrompu depuis décembre 2012, sans les raisons précises. J'étais également surpris sur le constat que les paysans et paysannes auraient recu les dédommagements. Parce que selon toutes mes informations les paysans et paysannes refusent les dédommagements formellement.

Monsieur le Président, Mesdames, Messieurs, je vous veux demander vraiement de prendre toutes les mesures nécessaires pour que l'investisseur Modibo Keita va restituter la terre à Sanamadougou et Sahou encore avant le début de la campagne agricole 2016/2017. En outre, le gouvernement malien devrait soutenir les enquêtes de la Banque africaine de développement contre Modibo Keita. Parce que tout porte à croire que Modibo Keita a recu un crédit de 16,8 millions d'euros en septembre 2014 sur la base des informations fausses.

Je vous prie d'agréer l'expression des mes sentiements distingues,

Ampliation:

  • Les Membres du gouvernement malien
  • Le Président Directeur Général de l'Office du Niger

PDF des Protestbriefes zum Ausdrucken und Wegschicken

Download lettre_prot__t_au_gouvernement_malien__fr.pdf - 40 kB


Deutsche Version (nur zur Kenntnis)

Herrn
Ibrahim Boubacar Keïta
Präsident der Republik Mali
Palais Koulouba
Bamako, Mali

Name:
Straße:
Stadt:
Land:

Datum:

Landkonflikt in Sanamadougou und Sahou

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,

bitte gestatten Sie mir, dass ich mich heute in einer dringlichen Angelegenheit an Sie wende: Durch die Öffentlichkeitsarbeit von Afrique-Europe-Interact habe ich von den beiden Dörfern Sanamadougou und Sahou im Office du Niger erfahren. In diesem Zusammenhang habe ich auch die offenen Briefe gelesen, die Afrique-Europe-Interact sowohl an Sie als auch die deutsche Bundesregierung im Februar 2016 geschrieben hat (beide Briefe sind auf der Webseite von Afrique-Europe-Interact dokumentiert).

Vor diesem Hintergrund möchte ich meine Solidarität mit den Protesten der beiden Dörfer zum Ausdruck bringen, die heute morgen in Sahou begonnen haben. Denn grundsätzlich kann meines Erachtens kein Zweifel daran bestehen, dass der Investor Modibo Keita sich die landwirtschaftlichen Nutzflächen von Sanamadougou und Sahou zu Unrecht angeeignet hat.

In diesem Zusammenhang war ich auch sehr über die Information überrascht, dass der diesbezügliche Prozess vor dem Gericht in Markala seit Dezember 2012 ohne Angabe von näheren Gründen ruht. Ebenfalls überraschend war die Information, dass die Bauern und Bäuerinnen entschädigt worden sein sollen. Denn nach allem, was ich gehört habe, lehnen die Bauern und Bäuerinnen Entschädigungen ausdrücklich ab.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte Sie deshalb bitten, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, damit der Investor Modibo Keita die Felder an Sanamadougou und Sahou noch vor Beginn der Erntesaison 2016/2017 zurückgibt. Zudem sollte die malische Regierung die Afrikanische Entwicklungsbank bei ihren Ermittlungen gegen Modibo Keita unterstützen. Denn alle Informationen sprechen dafür, dass Modibo Keita seinen Kredit über 16,8 Millionen Euro im September 2014 auf der Grundlage falscher Informationen erhalten hat.

Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen,

Nachrichtlich an:

- Mitglieder der malischen Regierung, – Generaldirektor des Office du Niger

Pressemitteilung von Afrique-Europe-Interact (18.04.2016)

18.04.2016: Protest der beiden Dörfer Sanamadougou und Sahou (Mali) gegen Landgrabbing in Mali +++ Verantwortlicher Investor hat Kredite u.a. von Afrikanischer Entwicklungsbank erhalten +++ Deutsche Bundesregierung wurde in diesem und anderen Fällen mit explizit falschen Informationen irregeführt +++

Landgrabbing ist eines der strittigsten Themen der malischen Politik. Doch der Fall der beiden Dörfer Sanamadougou und Sahou im Office du Niger dürfte zu den skandalösten gehören: Seit 2010 hat sich der malische Investor Modibo Keita einen Großteil der landwirtschaftlichen Nutzflächen der beiden Dörfer angeeignet. Offiziell hat Modibo Keita mit dem malischen Staat einen Pachtvertrag über das Land geschlossen. Doch das in dem Vertrag nur grob umrissene Gebiet umfasst ganz offensichtlich nicht das Land von Sanamadougou und Sahou (was unter anderem anhand des in dem Vertrag benannten Bewässerungskanals deutlich wird).

Trotz dieser offenkundigen Widersprüche hat die Afrikanische Entwicklungsbank Modibo Keita im September 2014 einen Kredit von 16.8 Millionen Euro gewährt. Bemerkenswert ist, dass zu den Kreditauflagen unter anderem gehörte, dass hinsichtlich Sanamadougou und Sahou keine gerichtlichen Verfahren mehr anhängig seien und dass die betroffenen Familien zudem Entschädigungen erhalten hätten (beim Zustandekommen dieser Auflagen hat die Deutsche Bundesregierung eine maßgebliche Rolle gespielt). Beides hat Modibo Keita bestätigt, beides ist jedoch unzutreffend, wie Afrique-Europe-Interact zusammen mit den DorfbewohnerInnen aufzeigen konnte. Denn Fakt ist, dass ein im Februar 2012 begonnener Prozess seit Ende 2012 unterbrochen ist – obwohl das Gericht am 20.12.2012 per Beschluss angeordnet hat, dass ein Gutachter zur Klärung des Sachverhalts eingesetzt werden soll. Zudem wurden Gelder nur an Einzelpersonen ausgezahlt, nicht aber an die jeweiligen Haushaltsvorstände, entsprechend liegen auch keinerlei Abtretungsurkunden von Land vor.

Sanamadougou und Sahou haben in den letzten Jahren immer wieder national und international für Aufsehen gesorgt. Nicht nur das renommierte Oakland-Institute aus den USA hat den Fall in einem Bericht zu Landgrabbing in Mali vorgestellt, vielmehr liegt auch ein langer Report von der Menschenrechtsorganisation FIAN International vor. In Mali ist der Fall am 02.07.2015 kontrovers im Parlament diskutiert worden, zudem haben die betroffenen Bauern und Bäuerinnen unzählige Briefe verfasst und zahlreiche Aktionen durchgeführt. Passiert ist bis heute allerdings nichts.

Vor diesem Hintergrund haben die beiden Dörfer heute Morgen (18.04.2016) mit einer Feldbesetzung in unmittelbarer Nähe von Sahou begonnen – ihre Forderung ist die unmittelbare Rückgabe des gesamten Landes vor Beginn der Erntesaison 2016/2017. Dabei werden sie zum einen von mehreren Nachbardörfern aus der Region Sansanding sowie von der bäuerlichen Basisgewerkschaft COPON (Koordination der Bauern im Office du Niger) unterstützt. Zum anderen trägt das transnationale Netzwerk Afrique-Europe-Interact die Proteste aktiv mit, entsprechend sind auch ca. 40 AktivistInnen aus Bamako vor Ort – zusammen mit zahlreichen MedienvertreterInnen. Afrique-Europe-Interact hat darüber hinaus im Februar 2016 einen offenen Brief an den malischen Präsidenten, an die Afrikanische Entwicklungsbank und an die Deutsche Bundesregierung geschrieben. In diesem Brief werden die zentralen Informationen zusammenfassend dokumentiert – einschließlich des erwähnten Gerichtsurteils vom 20.12.2012. Der Brief ist in drei Sprachen verfügbar:

Deutsch: http://afrique-europe-interact.net/1432-0-Antwortbrief-an-BMZ.html

Englisch: http://afrique-europe-interact.net/1438-2-Lettre-au-Prsident-IBK.html?article_id=1438&clang=1

Französisch: http://afrique-europe-interact.net/1438-2-Lettre-au-Prsident-IBK.html?article_id=1438&clang=2

Afrique-Europe-Interact fordert die Internationale Öffentlichkeit auf, das Gespräch mit den malischen Behörden und der Afrikanischen Entwicklungsbank zu suchen. Denn es darf nicht sein, dass in Europa einerseits die Bekämpfung von Fluchtursachen gefordert wird, dass jedoch andererseits mehrere tausend Bauern und Bäuerinnen in Dörfern wie Sanamadougou und Sahou ihrer Existenzgrundlagen beraubt werden (während die Deutsche Bundesregierung mit nachweislich falschen Informationen in die Irre geführt wird). In diesem Zusammenhang sei daher auch ausdrücklich auf einen weiteren Landgrabbing-Fall in dem Dorfverbund Siengo Extension hingewiesen, zu dem Afrique-Europe-Interact ebenfalls eine umfassende Stellungnahme verfasst hat. Denn Siengo Extension ist auch deshalb pikant, weil es hier in einem aus den Mitteln der Deutschen Entwicklungszusammenarbeit finanzierten Projekt zur korrupten Aneignung von Land durch staatliche Funktionäre gekommen ist. Die entsprechenden Briefe von Afrique-Europe-Interact sind auf deutsch und französisch ebenfalls auf der Webseite des Netzwerks verfügbar.

Kontakt in Mali (direkt vor Ort): (00223) 75019860 (Bambara und Französisch); (00223) 66573818 (Bambara und Französisch); (00223) 79163677 (Bambara, Französisch und Englisch); (00223) 76411040 (Bambara)

Kontakt in Deutschland: 0049-15152527776

Pressemitteilung von Afrique-Europe-Interact (18.04.2016)

Download lettre_prot__t_au_gouvernement_malien__fr_1.pdf - 40 kB