04. Dezember 2020 | „Gefühl, nicht akzeptiert zu sein“- Riadh Ben Ammar über Dschihadismus und EU-Migrationspolitik
Riadh Ben Ammar ist Aktivist und Theaterschauspieler. 2000 bis 2006 lebte er in einem Flüchtlingslager in Mecklenburg-Vorpommern. 2010 war Riadh Ben Ammar in Mali an der Gründung von Afrique-Europe-Interact beteiligt.
Am 21. Oktober 2020 wurden in Nizza bei einem dschihadistischen Anschlag drei Menschen getötet. Wie schon bei anderen Anschlägen in den vergangenen Jahren ist der Tatverdächtige ein junger Tunesier. Wie groß ist die dschihadistische Bewegung in Tunesien?
Seit der Revolution 2010/11 ist die Bewegung der Salafisten immer stärker geworden und mittlerweile ein großes Thema. Bis 2011 saßen Tausende von ihnen als Gegner des Diktators Ben Ali in den tunesischen Gefängnissen. Im Zuge der Revolution kamen sie frei und erklärten die Revolution zu einer islamischen Revolution. In der Folge ist die gesamte Bewegung sehr stark geworden.
Dezember 2018 | "Totale Perspektivlosigkeit": Migrant_innen aus Nordafrika. Gespräch mit Riadh Ben Ammar
Das Interivew ist erstmalig in der 4-seitigen Zeitung Nr. 9 von Afrique-Europe-Interact erschienen, die unter anderem der “tageszeitung taz” am 29.11.2018 beigelegen ist.
Riadh Ben Ammar gehört zu den Gründern von Afrique-Europe-Interact. Seit dem Arabischen Frühling 2011 ist er auch regelmäßig in Tunesien aktiv. Ab 2019 möchte er sich in seiner Heimatstadt Hammam-Lif am Aufbau eines offenen Begegnungszentrums in einem alten Kino beteiligen.
Riadh, du unterstützt Migrant_innen aus den Maghreb-Staaten – wie sieht ihre Situation aktuell aus?
Seit der Silvesternacht 2015 hat sich unser Leben als Nordafrikaner sehr verändert. Das ist eine krasse Entwicklung, alles ist verbunden mit dem rassistischen Bild vom Nordafrikaner als einem Kriminellen – dieses Bild ist heute sehr stark. Die meisten Asylbewerber_innen aus Nordafrika, und da geht es hauptsächlich um Männer, werden heutzutage nach Sachsen geschickt. Ich lebe auch in Sachsen und suche regelmäßig die Orte auf, wo viele Nordafrikaner sind, die kein Recht auf Arbeit haben und daher Drogen verkaufen. In Leipzig ist das unter anderem die Eisenbahnstraße, die angeblich gefährlichste Straße Deutschlands. Das ist ein Ort totaler Perspektivlosigkeit, ganz ähnlich wie beim Leipziger Hauptbahnhof. Entsprechend ist in den Medien nur von unserer Kriminalität die Rede, von sonst nichts.
April 2018 | Video: Mini-Parade für Bewegungsfreiheit in Leipzig
Als Vorbereitung zur Welcome United-Parade in Hamburg , zu der auch Afrique-Europe-Interact aufgerufen hat, hat die Gruppe “Die Grenze ist das Problem” am 28. April mit Unterstützung von Afrique-Europe-Interact eine kleine Parade durch Leipzig organisiert, zu der nicht zuletzt Migrant_innen aus nordafrikanischen Ländern eingeladen waren. Das Video berichtet von der Aktion, zu der auch eine Theateraufführung von Riadh Ben Ammar gehört hat.
Oktober 2017 | Die Grenze ist das Problem: Neugründung in Leipzig
Im Oktober 2017 hat in Leipzig die unter anderem von Afrique-Europe-Interact organisierte Konferenz Selbstbestimmt & solidarisch: Migration, Entwicklung, ökologische Krise stattgefunden.
Ein Ergebnis dieser Konferenz war unter anderem die Gründung der Gruppe “Die Grenze ist das Problem (Leipzig)”, an der auch Riadh Ben Ammar von Afrique-Europe-Interact maßgeblich beteiligt ist. Die Leipziger Gruppe ist schwerpunktmäßig in Sachsen aktiv, allerdings gibt es über Riadh Ben Ammar auch enge Verbindungen nach Tunesien.