06. November 2025 | Solidarität mit der Zivilgesellschaft in Tunesien und Protestbriefe an Tunesische Botschaften [deutsch] // Français : voir l'annonce ci-dessous
Tunesien: Demokratische Rechte verteidigen! Solidarität mit FTDES, ATFD, M’nemty, Nawaat und sozialen Bewegungen!
Hintergrund der Protestbrief-Kampagne mit Adressen // Der Protestbrief findet sich weiter unten als doc-Datei und als PDF-Datei zum Runterladen
In Tunesien läuft aktuell unter dem Regime des zunehmend autoritär regierenden Präsidenten Kaïs Saïed eine Repressionswelle gegen Organisationen und Aktivist*innen der demokratischen Zivilgesellschaft. Das Regime versucht, diejenigen zum Schweigen zu bringen, die sich in den letzten Wochen mit den Protesten gegen Umweltzerstörung durch Phosphatabbau in der Küstenstadt Gabès solidarisieren.
Mit fadenscheinigen Begründungen, wurde folgenden Organisationen jede Tätigkeit untersagt, vorläufig für einen Monat: Der Vereinigung tunesischer demokratischer Frauen (ATFD), dem Tunesischen Forum für ökonomische und soziale Rechte (FTDES), der antirassistischen Organisation M’nemty (arabisch „Mein Traum“) sowie Nawaat, Zeitschrift und Blog für investigativen Journalismus. Weitere fünf Organisationen, u.a. das unabhängiges Medienkollektiv Inkyfada, wurden unter Beobachtung gestellt.
Zahlreiche namhafte Menschenrechtsverteidiger*innen und Oppositionelle wurden bereits ins Gefängnis geworfen; zuletzt wurden unter anderem besonders exponierte Aktivist*innen aus dem Umfeld der Sumud Flotilla von Personen in Zivil brutal auf der Straße gekidnappt.
All diese repressionsbetroffenen Organisationen und Personen sind Repräsentant*innen eines demokratischen Tunesiens und kämpfen offen gegen die rassistische und autoritäre Politik der tunesischen Regierung – und aktuell mit den Menschen aus Gabès gegen Umweltzerstörung.
Afrique-Europe Interact und der No Border Summit Vienna haben daher eine Solidaritätserklärung verfasst und rufen dazu auf, das FTDES, die ATFD, M’nemty, Nawaat und die sozialen Bewegungen Tunesiens gegen die Repression des Kaïs Saïed – Regimes zu unterstützen. Unsere Solidarität ist umso notwendiger, da die EU-Staaten mit ihren Deals zur sogenannten Migrationskontrolle das tunesische Regime bedingungslos unterstützen. Damit sind sie sowohl für schwere Menschenrechtsverletzungen gegen Geflüchtete und People on the Move als auch für die Angriffe auf demokratische Rechte in Tunesien mitverantwortlich.
- Zeigt Solidarität gegen die Repressionswelle in Tunesien!
- Schickt die Solidaritätserklärung per Brief (am effektivsten), Fax (am zweiteffektivsten) oder e-Mail (am dritteffektivsten) an die tunesischen Botschaften in Wien, Berlin, Paris und Den Haag (alle oder eine Botschaft) – oder verfasst eigene Schreiben!
Danke für eure Unterstützung!
Adressen der tunesischen Botschaften :
Wien:
Tunesische Botschaft in Wien
Sieveringerstrasse 187
1190 Wien – AT
Fax : +43 1 58 15 592
Email : at.vienne@aon.at
at.vienne@diplomatie.gov.tn
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Berlin:
Botschaft der Tunesischen Republik
Lindenallee 16, 14050 Berlin – D
E-Mail : at.berlin@tunesien.tn
Fax : +49 30 30 82 06 83
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Paris:
Ambassade de Tunisie
25, rue Barbet de Jouy75007 Paris
e-Mail : at.paris@diplomatie.gov.tn
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Den Haag:
Embassy of the Republic of Tunisia
Gentsestraat 98
2587HX Den Haag – NL
Fax : +31 70 351 43 23
e-Mail: ambassadetunisie@ziggo.nl
Bitte Protestbrief an tunesische Botschaft(en) schicken - eigenen Namen bei Interesse gerne hinzufügen.
Der Brief steht weiter unten auch als Doc-Datei und PDF zum Runterladen zur Verfügung. Der eigene Name und die eigene Adresse können gerne hinzugefügt werden – das ist aber nicht zwingend.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Eure Exzellenz,
wir wurden über die aktuelle Welle von Betätigungsverboten, Inhaftierungen und sonstigen Repressionsmaßnahmen gegen Organisationen und Personen der tunesischen Zivilgesellschaft in Kenntnis gesetzt. Daher lassen wir Ihnen die folgende Stellungnahme zukommen.
Wir ersuchen Sie, diese an die zuständigen Stellen der Republik Tunesien weiterzuleiten.
Hochachtungsvoll,
Afrique-Europe Interact
No Border Summit Vienna
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Tunesien: Demokratische Rechte verteidigen!
Solidarität mit FTDES, ATFD, M’nemty, Nawaat und sozialen Bewegungen! Seit Oktober 2025 protestieren die Bewohner*innen von Gabès, einer Stadt an der tunesischen Mittelmeerküste, gegen die toxische Verunreinigung und anhaltende Umweltzerstörung durch den Phosphatabbau. Um von der eigenen Untätigkeit abzulenken und eine landesweite Mobilisierung zu verhindern, nimmt die Regierung Tunesiens, die in den letzten Jahren zunehmend autoritär agiert und Bürger*innenrechte und Migration kriminalisiert, zivilgesellschaftliche Akteur*innen ins Visier, die sich mit der Protestbewegung in Gabès solidarisiert haben und verhängt zudem ein Betätigungsverbot für eine der letzten unabhängigen Zeitschriften.
Am 20. Oktober 2025 untersagen die tunesischen Behörden alle Aktivitäten der Vereinigung tunesischer demokratischer Frauen (ATFD) mit der fadenscheinigen Begründung angeblicher Verstöße gegen verwaltungsrechtliche Vorgaben. Wenige Tage später trifft es das Tunesische Forum für ökonomische und soziale Rechte (FTDES), auch dieser Organisation wird mit ähnlichen Begründungen jede Tätigkeit für vorerst einen Monat untersagt. Und auch M’nemty (arabisch „Mein Traum“) – einer antirassistischen Organisation – wird offiziell jede Aktivität verboten. Schließlich muss auch Nawaat, Zeitschrift und Blog für investigativen Journalismus, für einen Monat seine Aktivität einstellen. Weitere fünf Organisationen, darunter auch Inkyfada, ein unabhängiges Medienkollektiv, werden unter Beobachtung gestellt.
All diese Organisationen sind Repräsentant*innen eines demokratischen Tunesiens und kämpfen offen gegen die rassistische und autoritäre Politik der tunesischen Regierung: AFTD betreibt seit den 1980er Jahren landesweit Anlaufstellen für (gewaltbetroffene) Frauen und bietet für Tunesierinnen wie auch Migrant:innen* rechtliche, psychologische und soziale Unterstützung an; FTDES setzt sich seit dem Sturz Ben Alis für Menschenrechte und soziale Rechte insbesondere marginalisierter Gruppen ein und dokumentiert seit mehr als einem Jahrzehnt Umweltkrisen, gesellschaftliche Spaltung und soziales Leid; M’nemty, deren Präsidentin Saadia Mesbah seit 17 Monaten ohne Anklage in Haft sitzt, betreibt law clinics für von Rassismus betroffene Tunesier:innen und kämpft für die Rechte tunesischer Minderheiten. Alle vereint der Kampf gegen die seit 2023 massiv verschärfte Kriminalisierung von Migration, gegen Menschenjagd, brutale Pushbacks an die Grenzen und in die Wüste sowie gegen das Sterben-Lassen von Menschen im Mittelmeer. Aber nicht nur Organisationen sind Opfer dieser Repressionswelle: zahlreiche namhafte Menschenrechtsverteidiger*innen und Oppositionelle wurden bereits ins Gefängnis geworfen; zuletzt traf es auch besonders exponierte Aktivist*innen, unter anderem aus dem Umfeld der Sumud Flotilla, die von Personen in Zivil brutal auf der Straße gekidnappt wurden.
Trotz aller autoritären Vorgehensweisen, die seit 2023 in Tunesien zu beobachten sind, hält die EU an der bedingungslosen Unterstützung des tunesischen Regimes fest. Die EU und ihre Mitgliedsstaaten, allen voran Deutschland und Italien, aber auch Österreich, finanzieren die Ausbildung tunesischer Polizist*innen, errichten Trainingscamps, schließen Abschiebeabkommen ab und sind damit mitverantwortlich für die Stärkung des tunesischen Polizeistaats und die Kriminalisierung von Migrant:innen, Geflüchteten und jenen, die sich für deren Rechte einsetzen.
Als Organisationen und Gruppen, die für Menschenrechte, Bewegungsfreiheit, Klimagerechtigkeit und eine freie und gerechte Gesellschaft eintreten, stehen wir solidarisch hinter FTDES, ATFD, M’nemty, Nawaat und allen anderen zivilgesellschaftlichen Akteur*innen, die in Tunesien von den Machenschaften der Kaïs Saïed-Regierung betroffen sind!
Wir fordern:
- Ende der Externalisierung des europäischen Grenzregimes
- Aufhebung aller willkürlichen Betätigungsverbote für zivilgesellschaftliche Organisationen in Tunesien!
- Freiheit für alle politischen Gefangenen!
- Ende der Kriminalisierung zivilgesellschaftlichen Engagements
- Solidarität mit den Protestierenden in Gabès – Umweltzerstörung und Raubbau beenden!
Afrique-Europe Interact
No Boder Summit Wien
Repression Tunesien: Solidarität & Protestbrief [deutsch]
Repression Tunesien: Solidarität & Protestbrief [deutsch/PDF]





