31. März 2020 | Wie sich Afrika für das Coronavirus rüstet (Deutschlandfunk)
Während das Coronavirus sich weltweit weiter rapide ausbreitet, meldeten afrikanische Länder lange relativ niedrige Infektionszahlen. Und das, obwohl viele der Staaten enge Kontakte zu China pflegen, wo das Virus zuerst aufgetreten war. Der Kontinent kann bei der Bekämpfung aber auf Erfahrungen im Ungang mit Epidemien zurückgreifen. Bitte hier klicken, um zum Orginalbeitrag zu kommen
Inzwischen melden mehr als 30 afrikanische Länder Corona-Fälle, die meisten wurden aus Europa „importiert“. Experten sind sich einig: Wenn sich das Virus auf dem Kontinent weiter ausbreitet, könnte dies für viele Menschen dramatische Folgen haben. Nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation müssen sich die Staaten darauf einstellen, dass die im weltweiten Vergleich sehr niedrigen Infektionszahlen bald rapide steigen werden. „Afrika sollte aufwachen“, sagte WHO-Chef Tedros. Er selbst ist Äthiopier und betonte, der beste Ratschlag sei, sich auf das Schlimmste vorzubereiten, und heute damit anzufangen.
Viele Länder haben Einreisestopps
Das machen inzwischen viele Staaten auf dem Kontinent und haben drastische Einschränkungen angekündigt – einige sogar, obwohl sie noch gar keinen Infektionsfall haben. Kenia oder Nigeria etwa setzen insbesondere auf Einreisestopps, und auch auf ein Verbot von Versammlungen. Allerdings sind die Regelungen sehr unterschiedlich und teilweise widersprüchlich – so werden bestimmte religiöse Zusammenkünfte mancherorts erlaubt, andere Versammlungen aber nicht.
Mehrere afrikanische Länder haben ihre Sicherheitsvorkehrungen zur Bekämpfung des Coronavirus verschärft. In Simbabwe wurde eine landesweite Ausgangssperre verhängt. Auch in Namibia gibt es regionale Beschränkungen, die auf das ganze Land ausgeweitet werden sollen. In Südafrika gilt bereits eine dreiwöchige Ausgangssperre, deren Einhaltung von Polizei und Militär überwacht wird. Viele Bewohner, vor allem in armen Vierteln, verstoßen jedoch gegen die Auflagen. Nach offiziellen Zahlen infizierten sich in Südafrika bislang mehr als 1.000 Menschen, zwei starben. In Ruanda gilt auch schon eine Ausgangssperre. Nigeria kündigte an, dass einen Monat lang keine Flugzeuge aus dem Ausland mehr landen dürften. Für Notfallflüge gelte aber eine Ausnahme. Uganda schloss seine Grenzen und lässt nur noch Güterlieferungen hindurch. Äthiopien kündigte an, alle ankommenden Passagiere müssten nun in Quarantäne. Auch Kongo-Brazzaville und Ghana schlossen ihre Grenzen.
Viele Testlabore eingerichtet
Aber die afrikanischen Länder profitieren im Kampf gegen das Coronavirus auch von ihren bisherigen Erfahrungen mit Epidemien. So kann der Kontinent auf Lehren aus Ausbrüchen des deutlich aggressiveren Ebolavirus zurückgreifen. Es gibt inzwischen auch in fast allen Ländern Labore, die das Coronavirus nachweisen können. Sie wurden binnen kurzer Zeit mithilfe der WHO nachgerüstet. Als Anfang März ein Passagier aus Brüssel am internationalen Flughafen von Kameruns Hauptstadt Jaunde mit Fieber landete, wurde er nach Angaben der Gesundheitsbehörden sofort in ein Krankenhaus gebracht. Keine vier Stunden später wurde bei ihm der vierte Fall des Coronavirus im Land diagnostiziert.
Schon lange bevor in China das neue Virus ausbrach, kontrollierte das zentralafrikanische Land Menschen allgemein auf Krankheiten, auch andere Nationen verfahren so.
Angst vor Ausbruch in Armenvierteln
Weitere Aspekte könnten eine Rolle spielen, weshalb sich das Virus auf dem Kontinent zumindest offiziell noch nicht so stark ausgebreitet hat wie anderswo: Dazu zählt, dass es an vielen Orten noch keine flächendeckenden Tests gibt, also nicht alle Infizierten erfasst werden. Auch der vergleichsweise niedrige Altersdurchschnitt der Menschen könnte eine Rolle spielen. Laut Virologen fallen Krankheitsverläufe insbesondere bei Kindern und jungen Menschen eher milde aus.
Aber es sprechen auch einige Faktoren dafür, dass Covid-19 sich massiv ausbreiten könnte in einigen Ländern. Das liegt zum Beispiel an der hygienischen Situation 60 Prozent der mehr als vier Millionen Einwohner in Armensiedlungen. Dort haben viele zuhause kein fließendes Wasser und nicht immer gibt es kostenlose Hydranten in den Gassen. Zudem sind die Preise für Desinfektionsmittel stark gestiegen, so dass sie sich viele Menschen nicht leisten können. Schließlich leben gerade ärmere Menschen dicht gedrängt auf kleinem Raum, was die Ausbreitung wesentlich beschleunigen könnte und eine Selbstisolierung Betroffener praktisch kaum umsetzbar macht.
Viele flüchten aufs Land und lösen neue Sorgen aus
Viele Afrikaner flüchten derzeit aus den Städten auf das Land und lösen damit Befürchtungen aus, das Virus könnte sich dadurch noch stärker verbreiten. Solche Entwicklungen sind in Kenias Hauptstadt Nairobi aber auch in anderen afrikanischen Großstädten von Kampala bis Johannesburg und Rabat zu sehen. Vielen Behörden bereitet dies Sorgen, weil sich in der Vergangenheit Krankheiten wie Ebola auf ähnlichem Wege verbreiteten. Der Gouverneur der Region Rift Valley in Kenia, George Natembeya, richtet daher eine scharfe Botschaft an die Reisenden: „Sie werden ihre Großmutter umbringen. Sie tragen die Krankheit mit sich – und wenn Menschen sterben, dann wird diese Schuld den Rest Ihres Lebens auf Ihnen lasten.“
Eine weitreichende Ausbreitung könnte die Gesundheitssysteme insbesondere besonders unterentwickelter Staaten wie dem Südsudan oder Burkina Faso überfordern. Der Direktor des Africa Center for Disease Control and Prevention in Addis Abeba, John Nkengasong, warnte Ende Februar: „Sie können sich vorstellen, wie verheerend das werden kann, da gibt es keinen Zweifel.“