Für Bewegungsfreiheit & selbstbestimmte Entwicklung!

6. Februar 2020 | Internationaler Gedenktag für die auf den Migrationsrouten getöteten und vermissten Personen

Am 6. Februar 2014 versuchten mehr als 200 Migrantent*innen aus marokkanischem Gebiet über den Strand von Tarajal in die Stadt Ceuta, eine spanische Exklave, einzureisen. Die spanische Guardia Civil feuerte Rauchpatronen und Gummigeschosse auf die Menschen im Wasser ab, um sie am Eindringen in spanisches Gebiet zu hindern. Fünfzehn Migranten wurden auf der spanischen Seite getötet, dutzende verschwanden und andere starben auf marokkanischem Gebiet.

Seitdem wurde der 6. Februar zum Gedenktag für die an jenem Tag zwischen Tarajal und Ceuta und anderswo getöteten und vermissten Migranten*innen und Flüchtlinge erklärt, die in den Meeren, Wüsten, an Grenzen und auf den Migrationsrouten getötet wurden und vermisst werden. Am 6. Februar 2020 fand in verschiedenen Städten auf afrikanischem und europäischem Boden eine sogenannte “CommémorAction” (d.h. “Gedenken und Handeln”) statt.

CommémorAction am 6. Februar 2020 in Sokodé, Togo<br />
(Bildquelle: Association Togolaise des Expulsés (ATE))

CommémorAction am 6. Februar 2020 in Sokodé, Togo
(Bildquelle: Association Togolaise des Expulsés (ATE))

Vom 6. bis 8. Februar fand in Oujda, Marokko, eine große Gedenkaktion von Watch the Med – Alarmphone und der Vereinigung “Pionniers Volontaires” statt, mit öffentlichen Konferenzen, Ausstellungen und künstlerischen Darbietungen, Zeugnissen von Überlebenden, einem Sit-in an der marokkanisch-algerischen Grenze und einer “Gedenkkarawane” in der Stadt Saïdia, zum Gedenken an alle Toten und Vermissten auf See und an den Landgrenzen.

CommémorAction am 6. Februar 2020 in Oujda, Marokko, mit den Werken einer kamerunischen Künstlerin
(Bildquelle: Watch the Med – Alarmphone)

CommémorAction in Oujda, Marokko, Treffen an der Algerisch-Marokkanischen Grenze am 8. Februar 2020
(Bildquelle: Watch the Med – Alarmphone)

Am Strand von Saidia, Marokko, in CommémorAction an alle Toten und Vermissten auf den Meeren und an den Landesgrenzen<br />
(Bildquelle: Watch the Med – Alarmphone)

Am Strand von Saidia, Marokko, in CommémorAction an alle Toten und Vermissten auf den Meeren und an den Landesgrenzen
(Bildquelle: Watch the Med – Alarmphone)

Bamako, Mali

In Bamako fand eine Pressekonferenz statt, die von Berichten ehemaliger Migrantent*innen begleitet wurde, die den Horror in Libyen überlebt hatten und aus spanischen Gewässern nach Marokko zurückgetrieben worden waren. Es gab auch Berichte vertriebener Zentralafrikaner*innen, die vor der Krise in ihrer Heimatregion nach Mali geflüchtet waren. Die Medienberichte konzentrierten sich einerseits auf die Auswirkungen der Terrorismusbekämpfung auf die Migrationsrouten und andererseits auf die Gewaltsamkeit der Migrationssteuerung zwischen Afrika und Europa unter dem Deckmantel der Entwicklungshilfe bzw. -zusammenarbeit in den Herkunftsländern der Migranten inmitten der politischen und sicherheitspolitischen Krise in der Sahelzone. Die Gedenkfeier in Bamako wurde von verschiedenen malischen Medien verfolgt.

Pressekonferenz zur CommémorAction in Bamako, Mali<br />
(Bildquelle: Alarme Phone Sahara Mali)

Pressekonferenz zur CommémorAction in Bamako, Mali
(Bildquelle: Alarme Phone Sahara Mali)

Die Aktivist*innen von Alarme Phone Sahara (APS) Mali fuhren auch zum Busbahnhof Bamako Sogoniko, einem Ausgangs- und Durchgangsort für viele Menschen, die in der Region Westafrika unterwegs sind, darunter auch Menschen auf der Migration und zurückgekehrte oder ausgewiesene Migrant*innen. In diesem Rahmen führte APS Mali eine Sensibilisierungskampagne durch, um Informationen und Erfahrungen auszutauschen.

CommémorAction und Verteilung von Flyern am Busbahnhof Bamako Sogoniko
(Bildquelle: Alarme Phone Sahara Mali)

Sokodé, Togo

In Sokodé fand eine Diskussionsveranstaltung mit Beiträgen der Familien der Verschwundenen – unter anderem der Familien der Menschen aus Sokodé, die 2015 im Meer zwischen Nigeria und Gabun auf dem Weg nach Gabun ums Leben gekommen waren – statt. Darüber hinaus gab es Berichte von im November 2019 nach Sokodé zurückgekehrten Migrant*innen.

Schilderungen von Ali Farouk (Quelle: Association Togolaise des Expulsés (ATE))

Die Erklärung von Sokodé vom 6. Februar 2020:

Hier ein Redebeitrag von Razak ABOUBAKARI, dem Koordinator der ATE-Togo:

“COMMÉMORACTION 6. FEBRUAR 2020, SOKODE-TOGO

Seit langem sind wir ständig mit dem Tod an den Außengrenzen Europas, auf See, in der Wüste oder in Internierungslagern konfrontiert, in unserem Versuch Migrant*innen davon abzubringen Togo auf der Suche nach einem besseren Leben leichgläubig zu verlassen.

Vor genau sechs Jahren hat die spanische Grenzpolizei mindestens 15 Migrant*innen, die versuchten die Grenze zur spanischen Exklave Ceuta zu überqueren, massakriert. Ihr Tod wurde bis heute nicht anerkannt; die beteiligten Beamten wurden nicht bestraft.

Tausende anderer Migrant*innen haben ihr Leben in der Wüste oder auf See verloren oder sind verschwunden.

Ebenso sind togoische Migrant*innen, Männer, Frauen und Kinder, 2015 auf dem Seeweg nach Gabun ums Leben gekommen.

An diesem Tag, dem 6. Februar 2020, gedenken wir dieser Todesfälle und kämpfen für eine gerechtere Welt, in der Bewegungsfreiheit endlich und wahrhaftig ein grundlegendes Menschenrecht sein wird. Wir teilen die Trauer und den Schmerz der Angehörigen der Opfer und beten, dass unsere lieben Freunde in Frieden ruhen.

In diesem Moment, in dem wir hier in Sokodé, Togo, gedenken, haben sich viele andere Menschen in Oujda (Marokko), Bamako (Mali), Niamey und Agadez (Niger) versammelt, um sich zu erinnern und miteinander auszutauschen.

Mit unserer Aktion “CommémorAction” werden wir all die Migranten*innen, die ihr Leben verloren haben, nicht vergessen und in unserem täglichen Leben weiterhin für Bewegungsfreiheit für alle Menschen kämpfen.

Gesprochen in Sokodé am 6. Februar 2020.

Danke!”

Agadez, Niger

In Agadez fand eine Diskussionsveranstaltung zum Thema “Mörderische Migrationspolitik” statt. Wer ist dafür verantwortlich und welche Maßnahmen sollten ergriffen werden? Im Rahmen der Veranstaltung gab es eine Filmvorführung und Austausch mit und Berichte von Migrant*innen, die derzeit in Agadez festsitzen oder nach Agadez zurückgeführt wurden. Das Gedenken an die auf der Migration Verstorbenen war ein sehr bewegender Moment und die Teilnehmenden waren zu Tränen gerührt.

Eindrücke von der CommémorAction in Agadez
(Bildquelle: Alarme Phone Sahara, Agadez)

Erklärung des Alarme Phone Sahara vom 6. Februar, gelesen von Moctar Dan Yaye (Quelle: Alarme Phone Sahara, Agadez)

Reden von Ibrahim Manzo Diallo und Anderen bei der CommémorAction in Agadez (Quelle: Alarme Phone Sahara, Agadez)

Schilderungen von Awa Ouattara, Migrantin aus Mali und aktuell in Agadez (Quelle: Alarme Phone Sahara, Agadez)

Edéa, Kamerun

Der Aktivist Gabriel Bassand, Mitglied bei APS und aus Marokko nach Kamerun zurückgekehrt, nahm an der Gedenkfeier für die Opfer von Ceuta teil. Er brachte junge Menschen aus der Stadt, in der er lebt, zusammen, um seine Erfahrungen mit ihnen zu teilen.

Bildquelle: Gabriel Bassand

Bildquelle: Gabriel Bassand

Gedenken in Europa

Auch verschiedenen europäischen Städten fanden Gedenkveranstaltungen statt, darunter Hamburg und Berlin. In Hamburg gab es eine öffentliche Veranstaltung organisiert von Lampedusa Hamburg.

Bildquelle: Lampedusa Hamburg