12. November 2015 | EU-Afrika-Gipfel: Money, money, money (taz)
Europa will Mithilfe, Afrika möchte mehr Geld. Beide geizen mit Zusagen. Verhandlungsmasse: afrikanische MigrantInnen. Außen vor: NGOs.Von Kirsten Maas. Quelle: taz, 16. November 2015
Gleich zu Beginn des zweitägigen Migrationsgipfels in La Valetta, Malta, machte einer der afrikanischen Staatschefs seine Verhandlungsposition unmissverständlich deutlich: „Money, money, money!“, ruft der malische Präsident Keita lächelnd den Journalisten zu. Auch der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz, spricht eingangs über Geld „um Menschenleben zu retten“. 1,8 Milliarden Euro aus dem Europäischen Entwicklungsfonds sollen für 23 Länder in vier afrikanischen Gebieten zur Verfügung gestellt werden. Während des Gipfels sollte auf das Doppelte erhöht werden, am Ende wurden es nur 78 Millionen Euro zusätzlich. Die europäischen Mitgliedsländer hielten sich zurück, während die afrikanischen Staatschefs auf wachsenden Finanzbedarf für Infrastruktur oder die Anpassung an den Klimawandel pochten.
Im Gegenzug sollen die afrikanischen Länder die Migration in den Griff bekommen. Dafür vorgesehen sind Grenzkontrollen, Kampf gegen Schmuggler und nicht zuletzt durch Rückübernahmeabkommen – wichtige Elemente des Aktionsplans.
Das Grundgerüst dafür entspricht im Wesentlichen dem europäischen Interesse, Migration von Afrika nach Europa zu drosseln und sogenannte illegale MigrantInnen, die es über das Mittelmeer geschafft haben, in ihre Herkunftsländer oder in sogenannte sichere Drittstaaten zurückzuführen. Das Übereinkommen ist ein Baustein, um die Außengrenzen Europas dicht zu machen.
Die Mechanismen und Instrumente existieren bereits, aber angesichts der Dringlichkeit sollen sie nun effektiver umgesetzt werden. „Wir sind in einer sehr schweren Situation in Europa und brauchen die Hilfe unserer afrikanischen Partner“, so freundlich drückt es der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn aus. Kanzlerin Angela Merkel hingegen spricht deutlicher von „klaren Forderungen” an die afrikanische Seite. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban stellte klar: „Wir sollten die Sprache ändern und Migration nicht als etwas Positives sehen.“
Aktionsplan mit einigen konkreten Maßnahmen
„Der Gipfel konzentriert sich auf das was die Europäer als gemeinsame Herausforderungen Europas und Afrikas bezeichnen“, so sieht es Sarah Tesorieri von Oxfam International. Sie spricht auf der kleinen zivilgesellschaftlichen Konferenz mit dem Titel „#Human Rights First“ am Rande des Gipfels. Ein Event, das vom Medienrummel kaum beachtet in der Universität stattfindet.
Ein von afrikanischen und europäischen NGOs ausgearbeitetes „civil society statement“ bringt Alternativen ins Spiel, die für Entwicklung auf dem Kontinent und eine humanere Migrations- und Flüchtlingspolitik einstehen. „Entwicklungshilfe darf nicht als Verhandlungsmasse zur Verhinderung von Migration dienen“, heißt es in dem Dokument, das im Gipfelgetümmel unterzugehen droht. NGOs sind nicht zugelassen.
Am Ende des Gipfels steht der Aktionsplan mit einigen konkreten Maßnahmen, mit denen beispielsweise die Rückführung praktikabler gestaltet werden soll. So sollen etwa afrikanische Delegationen dabei helfen, an „Hotspots” und anderen Registrierungsinstanzen afrikanische Staatsbürger zu identifizieren. Doch die afrikanischen „Partner“, auf die sich Europa stützen will, zeigten sich zögerlich bei den anvisierten Transitlagern und den Rückübernahmeverhandlungen.
Nun soll der Aktionsplan schnell umgesetzt werden. Schon Ende 2016 will man die Ergebnisse auswerten – messen wird man den Erfolg vermutlich an zurückgehenden Zahlen afrikanischer Migranten in Europa.