19.09.2015 | Solidaritätsdeklaration des Netzwerks Afrique-Europe-Interact
Militärputsch stoppen! Verteidigt die Demokratie und die Revolution in Burkina Faso, es lebe der Kampf der Bevölkerung!
Afrique-Europe-Interact beobachtet die aktuelle Lage in Burkina Faso sehr genau, insbesondere verurteilen wir den Militärputsch der Präsidialgarde RSP gegen die Übergangsregierung unmissverständlich. Wir sind über die Brutalität empört, mit der die Putschisten gegen die nicht-bewaffnete Bevölkerung vorgehen, einzig um die Macht an sich zu reißen. Wir trauern um jene, die bereits von den bewaffneten Kräften des Putsches umgebracht wurden. Wir verurteilen entschieden jeden Akt des Terrors und der Einschüchterung, der sich gegen Aktivist_innen der Zivilgesellschaft oder Journalist_innen richtet. Wir fordern die sofortige Freilassung der Mitglieder der Übergangsregierung sowie von all denen, die inhaftiert oder als Geiseln genommen wurden!
Unsere Solidarität gilt allen, die mit bloßen Händen die Demokratie und die burkinische Revolution verteidigen. Werte Mitstreiter_innen in Burkina Faso, wir wünschen Euch sehr, dass Euer Kampf zur Beendigung des terroristischen Vorgehens seitens der RSP erfolgreich sein wird und dass ihr euren vielversprechenden Weg weitergehen könnt, der mit dem Aufstand gegen das Regime von Blaise Compaoré begonnen hat.
Es liegt gerade mal ein Jahr zurück, seitdem die friedlichen und wohlmeinenden Bürger_innen Burkina Fasos gemeinsam aufgestanden sind und der bis an die Zähne bewaffneten Armee des Regimes die Stirn geboten haben. Sie sind seinerzeit auf die Straße gegangen, um dem Tyrann klar zu machen, dass es wirklich reicht. Denn sie hatten das blutige, mehr als 20-jährige Regime des Diktators Blaise Compaoré satt, sie hatten es satt, eine privilegierte und korrupte Minderheit zu erleben, die sich den Reichtum des Landes unter den Nagel gerissen hat, während die Bevölkerung unter Armut leiden musste. Angesichts der Revolte und der Entschiedenheit der Bevölkerung hat der Diktator keine andere Möglichkeit mehr gesehen, als die Flucht zu ergreifen.
Diese friedliche Revolution – die erste im Afrika südlich der Sahara seit dem arabischen Frühling – hat ein neues demokratisches Klima in Burkina Faso geschaffen und somit auch als Beispiel für die Bevölkerung in anderen Ländern Subsahara-Afrikas gedient. Ein Vorbild für alle, die die Nase voll von diktatorischen und korrupten Regimen haben – Regimen, die sich zudem seit Jahrzehnten der Unterstützung durch die neokolonialen Mächte erfreuen können.
Aber nein, heute läuft dieser gemeinsame Kampf Gefahr, von dem Putsch der Präsidialgarde vernichtet zu werden, angeführt vom General Gilbert Diendéré, einem Mörder, Vertrauten des früheren Präsidenten Compaoré, Mitglied der französischen Ehrenlegion und Angehöriger des französischen Geheimdienstes. Und auch sollte erwähnt werden, dass die putschistische Präsidialgarde eine schwerbewaffnete Eliteeinheit der Armee ist, die seit Jahren von den USA im sogenannten Kampf gegen den Terror trainiert wird.
Unterdessen wird im Westen eine Verurteilung des Putsches laut, die weit davon entfernt ist, die Ernsthaftigkeit und das Ausmaß der Situation angemessen wiederzugeben. Entsprechend geben sich die Kanäle des französischen Fernsehens alle Mühe, den Putschistenführer als neuen starken Mann in Burkina Faso zu präsentieren, ja ihn verkappt als Macher anzupreisen, insbesondere im Kampf gegen islamistische Gruppen.
Demgegenüber fordert Afrique-Europe-Interact von Regierungen weltweit sowie von internationalen Organisationen, alle notwendigen und angemessenen Maßnahmen zu ergreifen, um die Putschisten physisch, ökonomisch und politisch zu isolieren. Den Putsch nicht anzuerkennen, genügt nicht. Wir möchten vielmehr praktische Maßnahmen sehen, die diejenigen unterstützen, die auf die Straße gehen, um sich gegen den Putsch und die Rückkehr des Militärs an die Macht zur Wehr zu setzen. Es geht um Maßnahmen, die geeignet sind, eine schnelle Lösung zur Beendigung des Militärputsches und zur Wiedereinsetzung der Regierung und des Übergangsparlaments zu finden. Zudem ist es erforderlich, die Putschisten festzunehmen und vor ein Gericht in einem freien Burkina Faso zu stellen, und zwar um die Fortführung des aktuellen demokratischen Prozesses zu gewährleisten, wozu insbesondere die Vorbereitung der Wahlen gehört.
Auf der Ebene der bloßen Absichtserkärung zu bleiben, würde nur die Rückkehr der so genannten starken Männer an die Macht unterstützen und zudem die Diktatur, die Gewalt und die Macht der Waffen überall in Afrika stärken. Wir wollen nicht, dass es ein Blutbad gibt, ja dass die Menschen in Burkina Faso erst zu Flüchtlingen werden müssen, bevor gehandelt wird.
In diesem Zusammenhang möchten wir auch die Heuchelei der so genannten demokratischen Länder des Westens genauso wie der afrikanischen Regierungen in Erinnerung rufen: Sie sind immer schnell dabei, Bokyottmaßnahmen und politischen Druck zu beschließen, wenn es einen Putsch gibt, der ihnen missfällt – und dies selbst dann, wenn der Putsch durch die Bevölkerung unterstützt wird wie 2012 in Mali oder 2015 in Burundi. Umgekehrt zögern sie nicht, irgendwelche diktatorischen Regime oder starke Männer zu akzeptieren, so denn diese bereit sind, ihren eigenen ökonomischen, politischen und militärischen Interessen zu dienen.
Der Volksaufstand in Burkina Faso im Oktober 2014 war ein Signal der Hoffnung für all jene, die sich in Afrika oder irgendwo sonst auf der Welt für Freiheit einsetzen. Diese Hoffnung darf nicht durch einen putschistischen Akt erstickt werden.
Nieder mit dem Putsch-Regime und General Diendéré!
Es lebe die Revolution sowie der Kampf der mutigen Bevölkerung in Burkina Faso!
19.09.2015, Afrique-Europe-Interact