27. Juni 2013 | Protestbrief an malische Botschaften und Konsulate
In jüngerer Zeit ist es in Mali erneut zu Repressionen gegen Oppositionelle bzw. BewegungsaktivistInnen gekommen. Wir möchten daher dringend darum bitten, beiliegenden Protestbrief an malische Botschaften oder Konsulate zu schicken (wobei auf dem Musterbrief die Anschrift der malischen Botschaft in Deutschland angegeben ist) – denn es befinden sich immer noch mindestens 16 der Festgenommenen in Untersuchungshaft (Stand: 26. Juni)! Mehr Informationen zu den Hintergründen des Konflikts in Mali finden sich auf dieser Webseite einerseits in untenstehender Pressemitteilung, andererseits unter der Kategorie Mali: Krise im Norden
Adressen malischer Botschaften in Deutschland, Österreich, Schweiz und Belgien:
Deutschland: Telefon: 030 – 31 99 88-3; Fax: 030- 31 99 88 48; Email: ambmali@01019freenet.de; Postadresse: Botschaft der Republik Mali in Berlin, Kurfürstendamm 72, 10709 Berlin
Österreich: Telefon: (00 43) – 1 – 4 02 68 61 – 0 ; Fax: (00 43) – 1 – 4 02 68 61 – 30 ; Email: info@konsulatmali.at; Postadresse: Honorarkonsulat von Mali, Lenaugasse 19, A – 1080 Wien
Schweiz: Telefon: (00 41) – 22 – 7 10 09 60; Fax: (00 41) – 22 – 7 10 09 69; Email: malisuisse@yahoo.fr; Postadresse: Ambassade du Mali, Route de Pré-Bois 20, CP 1814, 1215 Genf 15 Aéroport
Belgien: Telefon: (322) 345 74 32 – 345 75 89 ; Fax: (322) 344 57 00; Email: info@amba-mali.be; Postadresse: Ambassade du Mali, 487 Avenue Molère, 1050 Brussels, Belgium
Musterbrief an malische Botschaften und Konsulate:
Name
Straße
PLZ, Ort
An
die Botschafterin von Mali
Frau Hawa Keita eps. Ba
Botschaft der Republik Mali in Berlin
Kurfürstendamm 72
10709 Berlin
Ort, Datum
Immer noch Inhaftierte nach Protesten in Bamako und Koutiala
Sehr geehrte Frau Botschafterin,
mit großer Sorge habe ich Berichten malischer und internationaler Medien entnommen, dass bislang nur ein Teil jener DemonstrantInnen wieder freigelassen wurde, die in Bamako und Koutiala am 8., 13. und 17. Juni festgenommen wurden. Die Inhaftierten sollen bei Demonstrationen gegen die Auflagen des Ausnahmezustandes verstoßen haben. Anlass der Demonstrationen waren die mittlerweile abgeschlossenen Verhandlungen zwischen der malischen Regierung und der MNLA in Ouagadougou.
Grundsätzlich ist mir vollkommen bewusst, dass die äußerst prekäre Sicherheitslage in Mali ein hohes Maß an zusätzlichen Kontrollen zum Schutze der Bevölkerung erforderlich macht. Gleichzeitig bin ich aber auch davon überzeugt, dass der Ausnahmezustand nicht die demokratische Beteiligung der Bevölkerung verhindern sollte. Denn Meinungs- und Versammlungsfreiheit gehören laut Artikel 19 der Allgemeinen Menschenrechtserklärung zu den grundlegenden Menschenrechten und dürfen grundsätzlich nicht außer Kraft gesetzt werden. Hinzu kommt, dass sich die Demonstrationen in Bamako und Koutiala nach meinen Informationen keineswegs gegen die Interessen der malischen Gesellschaft gerichtet haben. Die Forderungen der Protestierenden scheinen mir vielmehr eine handfeste Unterstützung für die vom Malischen Parlament am 29. Januar verabschiedete „Feuille De Route Pour La Transition“ darzustellen. Denn im Kern ist es um drei Dinge gegangen: Erstens die vollständige Entwaffnung der MNLA; zweitens die Beteiligung aller im Norden lebender Bevölkerungsgruppen an den Verhandlungen und drittens die Strafbarkeit all jener Verbrechen, die während des Krieges bzw. der Besatzung begangen wurden.
Vor diesem Hintergrund möchte ich Sie dringend bitten, sich für die Freilassung aller bis heute Inhaftierten einzusetzen. Außerdem sollten meines Erachtens Wege gefunden werden, wie zukünftig die Wahrnehmung der Grundrechte auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit trotz Ausnahmezustand gewährleiset werden können. Denn grundsätzlich kann kein Zweifel daran bestehen, dass sich die malische Zivilgesellschaft im Laufe der Krise immer wieder äußerst verantwortlich verhalten hat. Insofern möchte ich auch meiner großen Bewunderung Ausdruck verleihen, dass es die malische Gesellschaft in den vergangenen anderthalb Jahren geschafft hat, trotz der immensen Probleme ihren inneren Zusammenhalt aufrechtzuerhalten. Dies scheint mir absolut vorbildlich zu sein – auch weit über Afrika hinaus.
Mit freundlichen Grüßen,
27. Juni 2013 | Festnahme von Oppositionellen in Mali wegen Teilnahme an Demonstrationen trotz Ausnahmezustand
Pressemitteilung von Afrique-Europe-Interact
Am 8., 13. und 17. Juni sind in der malischen Hauptstadt Bamako und in Koutiala im Süden Malis 38 Personen festgenommen worden, von denen bis heute mindestens 16 in Haft sitzen. Sie sollen sich an Demonstrationen beteiligt und somit gegen das Demonstrationsverbot des seit Beginn der französischen Militärintervention Mitte Januar immer wieder verlängerten Ausnahmezustandes verstoßen haben. Anlass der Demonstrationen waren die Verhandlungen zwischen der malischen Regierung und der Tuareg-Rebellenorganisation MNLA, die am 18. Juni in Ouagadougou – der Hauptstadt Burkina Fasos – mit einem vorläufigen Friedensvertrag abgeschlossen wurden. Bei den Inhaftierten handelt es sich überwiegend um bekannte Akteure der malischen Zivilgesellschaft.
Gegenstand der Verhandlungen in Ouagadougou war der Status der nordmalischen Stadt Kidal. Denn seit der Vertreibung islamistischer Milizen durch die französische Armee ist diese nicht nur von MNLA-Rebellen gehalten worden. Vielmehr haben diese mit Zustimmung Frankreichs sowohl den malischen Behörden als auch der malischen Armee den Zutritt zur Stadt verweigert – und das mit der Konsequenz, dass lange ungeklärt war, inwiefern die für Juli geplanten Präsidentschaftswahlen in Kidal überhaupt durchgeführt werden könnten.
Zentrales Problem: Weite Teile der malischen Bevölkerung lehnen die auf Druck Frankreichs zustandegekommen Verhandlungen ab. Erstens, weil die MNLA über keine nennenswerte Verankerung innerhalb der Tuareg-Bevölkerung verfügt und einzig eine an eigenen Interessen orientierte Politik verfolgt. Zweitens, weil alle anderen im Norden lebenden (Sprach-)Gruppen von den Verhandlungen ausgeschlossen waren – unbeschadet dessen, dass sie Zweidrittel der dortigen Gesamtbevölkerung ausmachen. Drittens, weil die von MNLA-Vertretern geforderte Amnestie für Kriegsverbrechen strikt zurückgewiesen wird, das heißt die von Menschenrechtsorganisationen detailliert dokumentierten Vergewaltigungen, Plünderungen und systematischen Zerstörungen öffentlicher Infrastruktur durch Angehörige der MNLA (insbesondere zwischen Januar und Juni 2012).
Auch die malische Sektion des transnationalen Netzwerks Afrique-Europe-Interact steht den Verhandlungen kritisch gegenüber, ohne sie jedoch in Gänze in Frage zu stellen. Gefordert wird stattdessen die sofortige Entwaffnung der MNLA und die Abhaltung dezentral organisierter Versammlungen unter Beteiliung aller Bevölkerungsgruppen. Denn nur so könnten Korruption, Klientilismus und Misswirtschaft als die eigentlichen Ursachen der aktuellen Krise kollektiv aufgearbeitet werden – insbesondere mit Blick auf die Herbeiführung eines neuen „sozialen Vertrags“ zwischen Bevölkerung und politisch-institutioneller Sphäre an sich. In diesem Zusammenhang sorgt zudem der frühe, ebenfalls vom Westen aufgezwungene Wahltermin im Juli für lautstarke Kritik, nicht zuletzt dessen erpresserische Koppelung an die Wiederaufnahme der Entwicklungshilfe. Denn je früher gewählt würde, desto stärker spiele dies den alten Eliten in die Hände.
Sowohl die malische als auch die europäische Sektion von Afrique-Europe-Interact fordern die sofortige Freilassung aller Inhaftierten. Zudem sollte seitens der malischen Regierung schnellstmöglich eine Lösung gefunden werden, wie die Wahrnehmung der Grundrechte auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit trotz Ausnahmezustand gewährleiset werden kann.
Rückfragen beantworten wir gerne (nolagerbremen@yahoo.de oder: 01578 4852 921), bei Interesse können wir auch Direktkontakte zu BasisaktivistInnen in Mali herstellen.