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11. September 2020 | Proteste in zahlreichen Ländern gegen das Gnassingbé-Regime in Togo +++ Zwei Kundgebungen in Berlin +++

An verschiedenen Orten gehen heute (11. September 2020) Mitglieder der togoischen Diaspora auf die Straße – unter anderem in Berlin, wo zwei Kundgebungen stattfinden: Um 10 Uhr vor der togoischen Botschaft (Grabbeallee 43) und um 13 Uhr am Hauptbahnhof.

Die Proteste richten sich in erster Linie gegen die Familiendiktatur des Gnassingbé-Clans, der das westafrikanische Land seit über 53 Jahren fest im Griff hält. In diesem Zusammenhang wird insbesondere gefordert, dass die Wahlergebnisse der Präsidentschaftswahlen am 22. Februar 2020 endlich bekannt gegeben werden. Denn bis heute liegt nur ein pauschales Wahlergebnis vor, nicht jedoch die Auszählung für die einzelnen Wahlbezirke. Entsprechend vermutet die Opposition, dass nicht Faure Gnassingbé die Wahlen gewonnen hat, sondern sein Herausforderer Agbeyomé Kodjo. Darüber hinaus kritisieren die Organisator*innen der heutigen Proteste die enge Zusammenarbeit der europäischen Regierungen mit dem togoischen Regime. Das ist der Grund, weshalb sich auch zahlreiche togoische Geflüchtete an den Protesten beteiligen. Viele sind unmittelbar von Abschiebung bedroht – trotz der hochgradig unsicheren Lage in dem Land.

Das transnationale Netzwerk Afrique-Europe-Interact unterstützt die heutigen Proteste – ausgehend von zwei Stellungnahmen, die wir vor und nach den Wahlen am 22. Februar 2020 veröffentlicht haben: https://afrique-europe-interact.net/1267-0-Soziale-Krise-in-Togo.html

In diesem Zusammenhang möchten wir auch auf eine kurze Deklaration aufmerksam machen, die der Medizin-Professor David Dosseh für die heutige Aktion verfasst hat. Professor David Dosseh ist Sprecher der Bewegung „Le Front Citoyen Togo Debout“, die bereits seit Jahren Massenproteste gegen das togoische Regime organisiert.

Für Rückfragen wenden sie sich bitte an: info@afrique-europe-interact.net (wir antworten umgehend und können bei Bedarf auch Kontakt zu den Organisator*innen der Demonstration herstellen).

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Deklaration von „Le Front Citoyen Togo Debout“ zu den heutigen Protesten:

“Afrika braucht starke Institutionen”. Barack Obamas Worte in Ghana im Jahr 2009 machen im Kontext von Togo Sinn. In der Tat verhindert die Schwäche der Institutionen (die der Exekutive untergeordnet sind) in unserem Land eine demokratische Regierungsführung zugunsten des Volkes und der Entwicklung. Und in der Tat ist das Regime seit der Krise von 2017 noch stärker geworden – auch deshalb, weil damals die Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS auf fragwürdige Weise vor allem Präsident Faure Gnassingbé unterstützt hat. Konkreter:

- Das Regime hat weiterhin die Exekutivgewalt inne.

- Das Regime hat auch das Parlament in der Hand. Denn die Opposition ist nicht im Parlament vertreten, weil aus der Parodie der Parlamentswahlen von 2018 ein Parlament einzig im Dienste des Regimes hervorgegangen ist.

- Das Regime kontrolliert und instrumentalisiert die Justiz, die es gegen seine Gegner einsetzt.

- Das Regime steuert auch die Armee, die keine Armee im Dienste des Volkes ist.

Andere Institutionen wie das Verfassungsgericht und die Nationale Wahlkommission sind ebenfalls nicht unabhängig. Vielmehr begünstigen sie das Regime, was einen friedlichen politischen Wechsel verunmöglicht und das soziale und politische Klima zerstört. Wahlen werden manipuliert, weil stets die Gefahr post-elektoraler Gewalt im Raum steht. Diese Situation hat hochgradig problematische Auswirkungen, da es keine wirkliche Gegenmacht gibt:

- Die Menschenrechtsverletzungen gehen weiter, ebenso wie die Brutalität der Polizei (Tötung von Bürgern während der Ausgangssperre und des Gesundheitsnotstands).

- Die Korruption ist allgegenwärtig.

- Soziale Sektoren wie Gesundheit und Bildung leisten nicht, was sie leisten sollen.

- Die Armut wird immer schlimmer.

Der ständige Machtmissbrauch ist aber auch auf anderen Ebenen zu beobachten: So hat zum Beispiel die zivilgesellschaftliche Plattform UST („Les Universités Sociales du Togo“) jüngst eine Veranstaltung mit Jugendlichen aus verschiedenen Vierteln durchgeführt. Es handelt sich um eine Veranstaltungsreihe im Geiste bürgerschaftlichen Engagements, bei der es um Persönlichkeiten geht, die die Geschichte der Schwarzen geprägt haben. Während einer dieser Veranstaltungen (bei der ein Film über Martin Luther King gezeigt wurde) überfielen vergangenen Freitag staatliche Sicherheitskräfte den Ort, nahmen die Vorführgeräte weg und verhafteten 5 Mitglieder der UST. Die Festgenommenen wurden nach mehreren Stunden freigelassen. Die Ausrüstung ist weiterhin beschlagnahmt.

All dies zeigt: Togo braucht wirklich starke und eigenständige Institutionen – nur so kann die Diktatur von Faure Gnassingbé beendet werden.

[Das Foto stammt aus dem Protestzyklus 2017-2019]