21. Dezember 2012 | „Die Revolution hat mir die Freiheit gegeben, die Grenzen in Frage zu stellen“.
Über die psychologischen und politischen Veränderungen zwei Jahre nach der Revolution.
Ort & Zeit: 21. Dezember 2012, 20 Uhr, in der Bobonfabrik, Hardenbergstr. 50-54 (Neustadt, Tram Nr. 4, Haltestelle Kirchweg)
Eine Veranstaltung von Boats4People und Afrique-Europe-Interact zum zweiten Jahrestag der tunesischen Revolution. Mit Wael Garnaoui (Psychoclub, Tunis) und Sinda Garziz (Netzwerk für den Kampf für Bewegungsfreiheit, Tunesien
Am 17.12.2010 gab Mohammed Bouazizi mit seiner Selbstverbrennung den letzten Anstoß zur Revolution in Tunesien. Der damalige Regierungschef Ben Ali musste kurz darauf aus dem Land fliehen. Seitdem fanden zwar Wahlen zur Verfassunggebenden Versammlung statt, doch sind die revolutionären Prozesse und Kämpfe um Einfluss, Anerkennung und Veränderung längst nicht abgeschlossen. Neben zahlreichen anderen Umwälzungen eröffnete die Revolution für viele, vor allem junge Menschen die Möglichkeit, über das Mittelmeer nach Europa zu reisen – allerdings nicht auf dem „regulären“ Weg. Allein 2011 starben daher fast 2.000 Menschen beim Versuch, mit Booten Europa zu erreichen – unter den Augen der EU-Grenzschutzagentur Frontex und der NATO, deren Schiffe vor Libyen stationiert waren. Seitdem wird über Migration in Tunesien teilweise sehr heftig gestritten – zum Beispiel fordern die Angehörigen verschwundener boat people von der tunesischen Regierung Aufklärung über das Schicksal ihrer Verwandten. Und der Tod von über 40 Tunesier_innen vor Lampedusa löste September diesen Jahres sogar heftige Proteste aus. Viel weniger beachtet, aber nicht weniger dramatisch ist das Schicksal von Flüchtlingen vor allem aus Sudan, Somalia und Eritrea sowie vielen anderen Ländern Subsahara-Afrikas im Camp Choucha im Süden Tunesiens, das spätestens bis Juni 2013 Stück für Stück geschlossen werden soll, ohne dass es bislang Lösungen für die noch verbliebenen ca. 2000 Flüchtlinge gibt.
Diesen Dezember kommen drei tunesische Aktivist_innen von Boats4People nach Deutschland. Sie werden über die Veränderungen berichten, die die Revolution bei den Menschen in Tunesien auslöste, und mit kurzen Filmen Einblick in die Dynamiken von gesellschaftlichen Umbrüchen und Migration geben. Die Geschehnisse 2011 waren der Ausgangspunkt für das von Afrique-Europe-Interact und vielen anderen gegründete transnationale Netzwerk Boats4People, das sich zum Ziel gesetzt hat, das Sterben auf dem Mittelmeer zu beenden und für Bewegungsfreiheit über das Meer zu kämpfen. Im Sommer 2012 fanden die ersten Aktionen von Boats4People in Italien und Tunesien statt, diesen Winter werden die Aktionen für 2013 geplant.
Mehr Informationen zu den Aktivitäten von Boats4People auf: www.afrique-europe-interact.net