17. Juni 2012 | Europäische Sektion von Afrique-Europe-Interact zu den Festnahmen von MigrantInnen in Marokko
Übersetzung aus dem Französischen:
Laut Informationen aus Marokko finden zur Zeit massenhaft Festnahmen und Abschiebungen von MigrantInnen an die marokkanisch-algerische Grenze statt. Diese Festnahmen und Rückschiebungen, deren Opfer MigrantInnen aus Subsahara-Afrika in Marokko sind, haben psychische und physische Folgen für die Betroffenen. Sie verletzen das „Gesetz 02-03“ hinsichtlich der Einreise von AusländerInnen nach Marokko sowie internationale Abkommen, die Marokko unterzeichnet hat, insbesondere die „Konvention über die Rechte von Wanderarbeitern und ihre Familien“ und die „Genfer Flüchtlingskonvention“ von 1959.
Die europäische Sektion von Afrique-Europe-Interact (AEI) ebenso wie andere Organisationen und Netzwerke, die für Rechte und Bewegungsfreiheit für alle und überall kämpfen, betrachtet diese Festnahmen als Teil einer diskriminierenden, ungerechten und beschämenden Politik (zumal sie zeitgleich mit ähnlichen Maßnahmen in anderen Ländern wie Belgien, Spanien, Griechenland, Ungarn und kürzlich Großbritannien stattfinden). Die Europäische Union verfolgt diese Politik, um Bewegungsfreiheit zu verhindern, obwohl diese ein in der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ festgeschriebenes Grundrecht ist.
Wir verurteilen auch die schlechte Behandlung subsaharischer MigrantInnen in Marokko und machen die Europäische Union dafür verantwortlich, die verstärkt auf Marokko und andere Länder Druck ausübt, die Rolle eines Grenzwächters an den europäischen Außengrenzen zu spielen.
AEI lehnt sich gegen ein Europa auf, das vorgibt, Garant von Menschenrechten und Freiheiten zu sein und unter diesem Vorwand auch offenen Krieg gegen solche afrikanische Regimes führt, die nach europäischer Lesart diese Rechte nicht gewährleisten, das jedoch umgekehrt Rückübernahmeabkommen mit Regimen abschließt, bei denen die Verletzung von Menschenrechten, staatlicher Rassismus und Xenophobie offensichtlich sind.
AEI erinnert die EU und ihre Komplizen daran, dass die sogenannte „illegale“ Migration eine Konsequenz aus dem neokolonialen Ausbeutungssystem, der Strukturanpassungspolitik und der ökonomischen Partnerschaft ist – also jenen Maßnahmen, die Afrika aufgezwungen wurden und die Ursache der Plünderung der Reichtümer und der Verarmung des afrikanischen Kontinents sind.
Marokko setzt sich unentwegt für die Respektierung der Rechte seiner eigenen EmigrantInnen ein. AEI erinnert deshalb daran, dass Marokko nichts gewinnen wird, wenn es jenen subsaharischen MigrantInnen die Rechte und Freiheiten verweigert, die sein Land durchqueren oder die sich auf seinem Territorium niederlassen. Anstatt bestimmte ehemalige Diktatoren und ihre Familien aufzunehmen, sollte Marokko diese Gastfreundschaft vielmehr subsaharischen MigrantInnen zukommen lassen – seien sie auf Durchreise oder gewillt zu bleiben. Denn sie sind dem Chaos entflohen, das besagte Despoten hinterlassen haben.
AEI unterstützt die subsaharischen MigrantInnen in Marokko und die Organisationen und Individuen der marokkanischen Zivilgesellschaft, die für die Anerkennung von Grundrechten für alle kämpfen und übermittelt ihnen seine solidarische Unterstützung in dieser schwierigen Zeit.
Angesichts der Tatsache, dass die Schließung der Grenzen Tausende von Toten im Mittelmeer und in der Wüste zur Folge hat, unterstützt AEI die Aktion „Boats4People“, die im Juli 2012 zwischen Italien und Tunesien stattfinden wird und Bewegungsfreiheit sowie die Respektierung der Rechte von MigrantInnen fordert (siehe www.boats4people.org).
Beschlossen in Bremen / Deutschland am 17.6.2012 / www.afrique-europe-interact.net