Newsletter Nr. 1 (Juli 2010)
Juli 2010
I. Sprachen:
Dieser Newsletter ist in deutsch, englisch und französisch verfügbar.
II. Um was geht es bei dem Projekt und wer ist beteiligt:
Zahlreiche Gruppen und Netzwerke aus Afrika und Europa sind inzwischen in die Vorbereitung einer 2- bis 3-wöchigen Aktionstour von Bamako nach Dakar im Januar/Februar 2011 eingestiegen – ein Projekt, zu dem auch die Teilnahme an der Versammlung der „globalen Charta der MigrantInnen/World Charter of Migrants“ auf der Insel Gorée/Dakar (2. bis 5. Februar 2011) und am nächsten „Weltsozialforum“ in Dakar (6. bis 11. Februar 2011) gehört.
Bislang verläuft der Vorbereitungsprozess eher polyzentrisch: Viele Gruppen und Netzwerke kennen sich nicht oder haben sich zumindest noch nicht getroffen. Trotzdem kann gesagt werden, wer beteiligt ist und wer welche Verantwortlichkeiten trägt:
a) Die Entscheidung für die Bamako-Dakar-Tour wurde ursprünglich auf dem letzten Nordafrikanischen Sozialforum in Marokko getroffen. Die Tour selbst wird in erster Linie von Gruppen in verschiedenen (west)afrikanischen Ländern vorbereitet. Die AME/“Assoziation der Abgeschobenen Malis“ (die vor allem in Bamako verankert ist) koordiniert den Vorbereitungsprozess – mehr Informationen über die AME können auf ihrer französischsprachigen Webseite gefunden werden: www.expulsesmaliens.info
b) Zweitens sind AktivistInnen mehrerer (vor allem französischsprachiger) Netzwerke beteiligt: Brücken statt Mauern (De Ponts Pas Des Mures), Manifeste Euro-Africain, Migreurop, NoVox International und GRAMI-AC.
c) Anlässlich der Bamako-Dakar-Tour wurde zudem das Afrique-Euro-Netzwerk im Januar 2010 gegründet. Im Afrique-Euro-Netzwerk sind AktivistInnen sowohl mit als auch ohne Flucht- bzw. Migrationshintergrund aktiv. Die meisten leben in Deutschland, einige in Österreich und den Niederlanden. Die verwendeten Sprachen sind englisch, französisch und deutsch.
Wie gesagt: Nicht alle beteiligten Gruppen und Netzwerke stehen bislang miteinander im Kontakt. Insbesondere die Verbindungen zwischen AktivistInnen in Frankreich und Deutschland sind im Moment arg schwächlich. Wir hoffen, dass sich dies rasch ändern lässt. Eine gute Möglichkeit könnte zum Beispiel das NoBorder-Camp in Brüssel sein (27. September bis 3. Oktober)…
III. Dakar-Tour – einige grundlegende Informationen:
a) Dauer und Zeitpunkt: Die genauen Daten stehen noch nicht fest! Zur Zeit ist geplant, mit der Tour am 25. Januar zu beginnen und in Gorée/Dakar am 2. Februar anzukommen. Nach dem WSF soll nach Bamako zurückgereist werden (mit Ankunft am 14. Februar). Natürlich wird nicht jedeR in der Lage sein, an der gesamten Tour teilzunehmen – diesbezüglich bedarf es noch einiges an Koordinierung im Rahmen des Vorbereitungsprozesses.
b) Name oder Titel: Der endgültige Name steht ebenfalls noch nicht fest. Beispielsweise sprechen einige von „Tour“, während andere „Karawane“ bevorzugen: eine von vielen offenen Fragen…
c) Transport: Wir werden mit Bussen reisen. Seitdem die Eisenbahn zwischen Bamako und Dakar privatisiert wurde, wird sie fast nur noch für Gütertransporte genutzt. Außerdem hält der Zug in vielen kleinen Dörfern/Städten entlang der Strecke nicht mehr.
d) TeilnehmerInnen: JedeR ist eingeladen, an der Tour teilzunehmen: Die AME-AktivistInnen erwarten mehrere hundert TeilnehmerInnen, vor allem aus afrikanischen Ländern. Das Afrique-Euro-Netzwerk wird ebenfalls dabei sein – mit schätzungsweise 15 bis 30 AktivistInnen.
e) Politische Themen der Tour: Auf der einen Seite wird sich die Dakar-Tour für die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen stark machen. Auf der anderen Seite möchten wir die strukturellen Hintergründe von Flucht und Migration kritisch beleuchten – oder positiv formuliert: Die Kämpfe lokaler Communities für soziale Gerechtigkeit und autonome bzw. selbstbestimmte und nachhaltige Entwicklung sollen ebenfalls unterstützt werden (mehr Infos hierzu: vgl. VI.).
f) Tour-Stops & Aktionen: Es ist geplant, an mindestens 5 Orten zu halten und Versammlungen mit der lokalen Bevölkerung durchzuführen. Darüber hinaus sind einige größere, gewaltfreie Aktionen geplant – unter anderem gegen Frontex (in diesem Zusammenhang wurde die Idee formuliert, simultane Aktionen in Mali oder Senegal und Deutschland/Europa zu organisieren).
g) Andere Karawanen/Touren: Das GRAMCI-AC-Netzwerk wird eine Karawane von Yaounde/Kamerun nach Bamako organisieren, um sich dort der Bamako-Dakar-Tour anzuschließen. Darüber hinaus ist die Idee aufgekommen, eine weitere Karawane von Marokko über Mauretanien nach Dakar zu organisieren.
IV. Globale Charta der MigrantInnen/ World Charter of Migrants – einige grundlegende Informationen:
Das Treffen wird in den Tagen vor dem WSF auf der Insel Gorée (gelegen vor Dakar) stattfinden. Gorée ist ein Ort, der an den Sklavenhandel erinnert. Denn die Insel war einer der Startpunkte für Sklavenschiffe nach Amerika und in andere Länder. Für detailliertere Infromationen geht bitte auf die Webseite des Projekts (mit Informationen in französisch, englisch, spanisch und arabisch): http://www.cmmigrants.org
V. WSF – einige grundlegende Informationen:
a) Zeitpunkt: 6. bis 11. Februar 2011.
b) Ort des WSF: Universitätsgelände in Dakar – direkt am Meer gelegen.
c) WSF in Dakar: Das WSF wird in Senegal breit getragen von Basisorganisationen, politischen Netzwerken und NGOs. Im Moment finden aber auch grundlegende Diskussionen statt, etwa darüber, ob der Präsident des Senegal aktiv an der Eröffnungsveranstaltung des WSF teilnehmen soll oder nicht.
d) Migration wird eines der zentralen Themen auf dem WSF sein.
e) Die AME-AktivistInnen haben bereits enge Beziehungen zu den Leuten in Dakar/Senegal aufgebaut, die für die Migrationsachse im WSF verantwortlich sind. Darüber hinaus hat auch Conni vom Hamburger Flüchtlingsrat Kontakte zu einigen der verantwortlichen Personen hergestellt.
e) Die AktivistInnen der Bamako-Dakar-Tour werden auf dem WSF eigene Workshops anbieten (mit Bezug zu den politischen Zielen bzw. Themen der Tour). Jenseits dessen soll auch ein migrationsbezogener Treffpunkt auf dem WSF eingerichtet werden (zum Ausruhen, für informelle Diskussionen etc.).
f) Genauere Informationen bezüglich des WSF können der offiziellen Webseite entnommen werden (mit Informationen in verschiedenen Sprachen): HYPERLINK “http://fsm2011.org/en/frontpage“http://fsm2011.org/en/frontpage
VI. Themen und politische Ziele der Dakar-Tour und der WSF-Workshops:
Grundsätzlich haben wir uns darauf verständigt, beides in den Blick zu nehmen: das Recht zu bleiben und das Recht zu gehen. Konkret wurden folgende Themen erwähnt bzw. vorgeschlagen:
a) Migrationspolitik der EU: Frontex, Rückübernahmeabkommen, (Charter)Abschiebungen, Lagerpolitiken (in Europa und Afrika). Hinsichtlich Frontex wurde der Vorschlag formuliert, das WSF aufzufordern, die Anti-Frontex-Aktivitäten klar zu unterstützen.
b) Situation von Flüchtlingen und MigrantInnen in Europa (Lager, Abschiebungen, Polizeigewalt, Arbeitsausbeutung etc.) – nicht zur Abschreckung von zukünftigen MigrantInnen, sondern damit sie sich besser auf Europa vorbereiten können.
c) Landwirtschaft: Zwischen Bamako und Dakar sind große Erdnussplantagen für die Vertreibung von Kleinbauern und bäuerinnen (mit)verantwortlich. Vor diesem Hintergrund sind viele Menschen aus dieser Region in den letzten Jahren in die Migration gegangen. Darüber hinaus haben Subventionen für EU/USA-Bauern und EU/USA-Exporteure negative Auswirkungen auf die kleinbäuerliche Landwirtschaft – in Kombination mit den Effekten des WTO-Agrarabkommens und der Macht des Agrobuisiness sowie der großen Supermarkt-Ketten. Schließlich hat die Zulassung von genveränderter bzw. genmanipulierter Baumwolle in den letzten Jahren zu starken Protesten von Bauern in Mali geführt: http://www.monde-diplomatique.de/pm/.search?tx=baumwolle+mali
c) Der Klimawandel hat ebenfalls dramatische Auswirkungen auf die Landwirtschaft in Mali bzw. Afrika. In diesem Zusammenhang spielt auch der Verlust von Süßwasser-Reserven zunehmend eine wichtige Rolle.
d) Privatisierung: Durch Privatisierung öffentlicher Verkehrsmittel, von Fabriken etc. haben vielen Menschen in Mali und anderswo ihren Job bzw. ihre Existenzgrundlagen verloren.
e) Erzwungene Privatisierung hat direkt mit der enormen Verschuldung afrikanischer Länder zu tun. Vor diesem Hintergrund sollten auch die „Strukturanpassungsprogramme“ (SAPs) des IWF und anderer Finanzinstitutionen auf unsere politsche Agenda gesetzt werden.
f) Fisch & Flucht: Die Fischerei der großen Fischfang-Flotten aus der EU vor den Küsten Westafrikas hat insbesondere für FischerInnen im Senegal katastrophale Effekte.
g) Uranabbau in Mali: Mehr Informationen findet sich an folgender Stelle: http://www.forumcivique.org/de/artikel/mali-das-falea-projekt (deutsch) und http://www.forumcivique.org/fr/articles/mali-le-projet-falea “http://www.forumcivique.org/fr/articles/mali-le-projet-falea” (französisch).
VII. Wer sind wir/was sind die grundsätzlichen Ziele unserer Kooperation:
Die Debatte über unser (langfristiges) Ziel, transnationale Kooperationen von unten aufzubauen hat erst begonnen. Daher ist bezüglich dieser Frage bislang noch keine endgültige bzw. gemeinsame Position entwickelt worden – vielmehr stehen zur Zeit unterschiedliche Stimmen im Raum:
a) Wie schon erwähnt: Grundsätzlich wollen wir transnationale Netzwerke aufbauen, um uns wechselseitig in unseren Kämpfen zu unterstützen – seit es für Bewegungsfreiheit oder für autonome bzw. selbstbestimmte Entwicklung. In diesem Sinne kommt es vor allem darauf an, Kontakte mit lokalen Communitites und MigrantInnen herzustellen, welche gerade auf dem Weg sind.
b) Wir sollten uns durch unsere Kämpfe in Afrika und Europa definieren (um den Leuten in Mali/Senegal und auf dem WSF verständlich zu machen, wer wir sind bzw. wer wir nicht sind).
c) Unter anderem drei Merkmale sind für das Afrique-Euro-Netzwerk charakteristisch: transnational verankert, basisorientiert und für Bewegungsfreiheit eintretend.
d) Wir sollten nicht zu ambitioniert sein – zumindest im ersten Schritt: Grundsätzlich sollte der Zweck der Bamako-Dakar-Tour sein, voneinander zu lernen und erste Erfahrungen zu sammeln (für viele europäische AktivistInnen dürfte es das erste Mal überhaupt sein, dass sie in Afrika sind bzw. dass sie an politischen Aktivitäten in Afrika teilnehmen).
e) Ein Aktivist der AME hob hervor, dass wir auf die eine oder andere Weise mit der Tatsache einen Umgang finden müssen, dass es eine große Lücke gibt: zwischen dem Wunsch der Menschen in Mali und Senegal (bzw. Afrika überhaupt) auf schnelle und grundlegende Veränderung einerseits und unseren begrenzten Kapazitäten andererseits.
f) Schließlich: Das „Brücken statt Mauern“-Netzwerk möchte zudem eine Verbindungslinie von der Bamako-Dakar-Tour zu weiteren Ereignissen ziehen – etwa zur „dritten euro-afrikanische Regierungskonferenz zu Migration und Entwicklung“ (März 2011).
VIII. Was ist zu tun:
a) WSF: Die Workshops für das WSF müssen bald angemeldet werden. In diesem Sinne wurden erste Schritte bereits gemacht. Jenseits dessen sollten wir uns mit all den anderen Gruppen, Netzwerken und Organisationen/NGO verständigen, die auch migrationsbezogene Workshops und Versammlungen auf dem WSF planen.
b) Bezüglich der Bamako-Dakar-Tour bedarf es mehr Kooperation und Kommunikation unter den Gruppen und Netzwerken, die bereits beteiligt sind – insbesondere unter AktivistInnen in Europa.
c) Eine Webseite sollte möglichst bald verfügbar sein – mit politischen und praktischen Informationen (unabhängig von der Frage, wie viele Webseiten wir am Ende haben werden).
d) Geld wird gebraucht – deshalb sind alle aufgefordert, Anträge bei Stiftungen zu stellen oder andere Wege der Geldbeschaffung zu finden.
e) Zu guter letzt: Tausend kleine Dinge müssen in den nächsten Wochen und Monaten organisiert werden: Wir werden euch über diesen Newsletter auf dem Laufenden halten…
IX. Nächste Treffen/Schritte:
a) Das Afrique-Euro-Netwerk wird sich am 31. Juli/1. August wieder in Bremen/Deutschland treffen. JedeR, die bzw. der auf der Malingliste subskribiert werden möchte, soll eine Mail an HYPERLINK “mailto:nolagerbremen@yahoo.de“nolagerbremen@yahoo.de schicken.
b) Vom 27. September bis zum 3. Oktober wird in Brüssel ein Noborder-Camp stattfinden. Ein Workshop bezüglich der Bamako-Dakar-Tour wurde bereits für den 30. September (Donnerstag) angemeldet. Mehr Informationen zum Nobordercamp: http://nobordersbxl.noblogs.org/
c) Darüber hinaus wird es diesen Sommer wieder Noborder-Aktivitäten in Griechenland geben. Dies könnte eine weitere Möglichkeit für transnationale Koordinierung bezüglich der Dakar-Tour sein. Mehr Informationen findet ihr unter: http://www.w2eu.net/
d) In Erinnerung an die Ereignisse in Ceuta und Melilla 2005 werden am 5. und 6. Oktober Aktivitäten in Oujda und Melilla (Marokko) stattfinden. Wahrscheinlich wird auch dies eine Möglichkeit für weitere Koordinierung etc. bezüglich der Bamako-Dakar-Tour darstellen.
e) Die endgültigen Entscheidungen hinsichtlich der Dakar-Tour werden auf einem Treffen der AME in der zweiten Oktoberhälfte in Bamako getroffen werden. Deshalb haben die AME-Aktivisten sehr eindringlich auf die Notwendigkeit hingewiesen, dass sich möglichst viele Gruppen und Netwerke an diesem Treffen beteiligen. Vom Afrique-Euro-Netzwerk werden mindestens 4 Leute an diesem Treffen teilnehmen.
g) Der in mehreren Sprachen erscheinende Newsletter „crossing border“ wird im Herbst eine Ausgabe herausbringen, welche sich mit der Dakar-Tour und dem WSF beschäftigt: http://www.noborder.org/crossing_borders/index.php