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Newsletter Nr. 35 (Februar 2023)

Seit Dezember haben wir keinen längeren Newsletter mehr geschickt, gleichzeitig hat sich eine ganze Menge angesammelt, das eigentlich berichtet werden müsste. Aus Kapazitätsgründen wird uns das erst im März vollständig gelingen, allerdings möchten wir aus aktuellem Anlass auf drei Dinge hinweisen, unter anderem eine (Online-)Konferenz am 27/28.02.2023, an der Afrique-Europe-Interact beteiligt ist und zu der sich noch angemeldet werden kann.

Themen des Newsletters:

+++ (Online-)Konferenz in Niamey zur Kriminalisierung der Migration in Westafrika (Alarme Phone Sahara)

+++ Delegationsreise nach Mali – erste Eindrücke

+++ Massive Verfolgung subsaharischer Migrant:innen in Marokko, Tunesien und Algerien

1. (Online-)Konferenz in Niamey zur Kriminalisierung der Migration in Westafrika (Alarme Phone Sahara)

Einige werden sich erinnern: In der aktuellen 4-seitigen Zeitung von Afrique-Europe-Interact (Winter 2022/2023) gab es auf S. 3 ein Interview mit zwei Vertreter:innen des Alarme Pphone Sahara in Niger, in dem diese von einer auf Druck der Europäischen Union veranlassten Gesetzesänderung in Niger berichtet haben, die ihrerseits die Grundlage dafür war bzw. ist, dass insbesondere in Niger Unterstützungsleistungen für (Transit-)Migrant:innen weitgehend kriminalisiert werden (https://afrique-europe-interact.net/files/afrique-europe-interact__2022__web-pdf.pdf). Mit Blick auf eine Klage (um die es im besagten Interview ebenfalls ging), welche unter anderem das Alarme Phone Sahara vor dem zuständigen Gerichtshof der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft gegen das Gesetz eingereicht hat, findet nächsten Montag und Dienstag (27./28.02.) eine (Online-) Konferenz in der nigrischen Hauptstadt Niamey zu diesen Fragestellungen statt. Konferenz-Sprachen sind Englisch und Französisch (inklusive Simultanverdolmetschung in Englisch bzw. Französisch). Interessierte, die online ganz oder teilweise teilnehmen wollen, sind herzlich willkommen.

Weitere Informationen – auch zur Registrierung – finden sich hier: https://alarmephonesahara.info/en/blog/posts/transnational-conference-on-criminalization-of-migration

2. Delegationsreise nach Mali – erste Eindrücke

Kürzlich hat im Rahmen unserer laufenden Aktivitäten eine Delegationsreise von Afrique-Europe-Interact nach Mali stattgefunden. Unser Mitstreiter Olaf Bernau hat dazu einen längeren Bericht verfasst – inklusive einer kurzen (u.a. auf Facebook veröffentlichten) Einleitung:

Die Perspektiven könnten kaum unterschiedlicher sein: In Europa gelten die Länder des Sahel als mehr oder weniger „failed states“, insbesondere Mali und Burkina Faso. Doch dieses (nahezu komplett aus einer westlichen Perspektive geborene) Urteil ist trügerisch oder schlicht falsch. Denn aus Sicht großer Teile der Bevölkerung stellt sich die Situation völlig anders dar, wie wir bei einem zweiwöchigen Aufenthalt in Mali erlebt haben („wir“ – das ist eine kleine Delegation des europäischen Teils von Afrique-Europe-Interact, die in wechselnden Zusammensetzungen zunächst in Mali und dann in Niger unterwegs war bzw. ist). Konkreter: Niemand bestreitet, dass es im Sahel enorme Probleme gibt – von der prekären Sicherheitslage über ökonomische und politische Verwerfungen bis hin zur Klimakrise. Und doch zeigen sich viele Menschen in Mali hoffnungsfroh, sie betonen, dass sich durch die aus einem Doppelputsch hervorgegangene Übergangsregierung viele Dinge langsam zum Positiven entwickeln würden. Ob die Erwartungen tatsächlich aufgehen, bleibt abzuwarten, aber es ist wichtig, die Entwicklungen in Mali aus einer Binnenperspektive zu verstehen. In diesem Sinne möchte ich auf einen Beitrag verweisen, den ich unter dem Titel „Mali im Umbruch – Eindrücke von einer 2-wöchigen Delegationsreise nach Mali auf meinem kleinen Sahel-Blog kürzlich veröffentlicht habe:

https://olafbernau.de/2023/02/21/09-02-2023-mali-im-umbruch-eindruecke-von-einer-2-woechigen-delegationsreise-nach-mali/

Für mich persönlich sind diese jüngsten Erfahrungen auch deshalb wichtig, weil sie einmal mehr die in meinem Buch „Brennpunkt Westafrika. Die Fluchtursachen und was Europa tun sollte“ formulierten Thesen unterfüttern: Westafrika – und dort wiederum insbesondere die Sahelländer – vollziehen eine buchstäbliche Zeitenwende, ja eine weitere Welle der Dekolonisierung, die weniger mit Russland zu tun hat (wie in Europa gerne kolportiert wird), sondern vielmehr mit dem Wunsch, sich endlich aus dem von Dominanz und einseitiger Interessenpolitik geprägten Bannstrahl Europas (und vor allem Frankreichs) herauszulösen.

3. Massive Verfolgung subsaharischer Migrant:innen in Marokko, Tunesien und Algerien

Migrant:innen aus Subsahara-Afrika sind derzeit in den Maghreb-Ländern massiver Verfolgung ausgesetzt. In Marokko werden Migrant:innen laufend festgenommen und in entlegene Regionen gebracht, unter anderem an die marokkanisch-algerische Grenze. Betroffen sind auch schwarze Menschen mit regulären (z.T. europäischen) Papieren. So wurde unserer Mitstreiter Emmanuel Mbolela (Autor des Buches „Mein Weg vom Kongo nach Europa. Zwischen Widerstand, Flucht und Exil“ und Gründer des Migrantinnen-Rasthauses „Baobab“ in Rabat) vorletzten Sonntag nach dem Kirchgang festgenommen und viele Stunden festgehalten. In Algerien werden ständig Menschen an die algerisch-nigrische Grenze mitten in der Wüste abgeschoben, allein letzte Woche 1.000 Menschen (diese Abschiebungen bilden einen Schwerpunkt der Arbeit des Alarme Phone Sahara). Und dramatischerweise ziehen mittlerweile auch die tunesischen Behörden mit, nachdem der tunesische Präsident Kais Saied eine vor Hass und Verschwörungstheorien triefende Rede zur Präsenz subsaharischer Migrant:innen in Tunesien gehalten hat. Stellvertretend zu diesen dramatischen (bei Afrique-Europe-Interact intensiv diskutierten) Entwicklungen sei auf die folgenden beiden Texte verwiesen:

a) Präsident spricht von Verschwörung. Erst nahm sich Tunesiens Staatschef Kais Saied Oppositionelle vor, dann die Migranten im Land. Nun hat er mit einer konfusen Rede nachgelegt (taz-Artikel:

https://taz.de/Migranten-in-Tunesien/!5914344/

b) Assamaka: More than 1,000 deportees outside without shelter – inaccessibility to IOM services (Bericht vom Alarme Phone Sahara):

https://alarmephonesahara.info/en/blog/posts/assamaka-more-than-1-000-deportees-outside-without-shelter-inaccessibility-to-iom-services

Wie gesagt – weitere Berichte werden im März folgen. Heute möchten wir schließen – einmal mehr mit dem obligatorischen Hinweis, dass Afrique-Europe-Interact für seine Arbeit maßgeblich auf private, steuerlich absetzbare Spenden angewiesen ist.