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#unteilbar Gesundheit & Care Block – Redebeitrag von Victor Nzuzi

Gemeinsam mit dem Gesundheit & Care Block der diesjährigen #unteilbar Demo und dem #makethemsign Bündnis streiten wir für das Menschenrecht auf Gesundheit und fordern einen weltweit gerechten Zugang zu COVID 19-Impfstoffen. Zu diesem Thema hat unser Mitstreiter Victor Nzuzi aus der Demokratischen Republik Kongo einen Redebeitrag verfasst, der auf großen #unteilbar Demo am 4. September in Berlin von sich vor Ort befindenden AEI-Aktivist*innen vorgelesen wird.

Victor Nzuzi zum ungleichen und ungerechten Schutz vor Krankheiten

Die Corona-Pandemie ist für die Bevölkerung in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara und insbesondere in der Demokratischen Republik Kongo, wo das Thema Gesundheit die Bevölkerung täglich beschäftigt, nach wie vor ein Problem. Aufgrund der Armut der Bevölkerung richten sich alle Gebete an den allmächtigen Gott und an die Ahnen, damit sie uns beschützen und uns vor den verschiedenen Krankheiten bewahren, insbesondere vor der Pandemie des Corona-Virus.

Nach all den Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie, kommt nun die Phase der Impfung als zusätzliche Belastung hinzu. An Impfungen im Allgemeinen sind wir bereits gewöhnt: sei es gegen die Pocken, gegen Tuberkulose, gegen Cholera, gegen die Masern usw. Doch werden im Zusammenhang mit dem Corona-Virus viele Probleme aufgeworfen. Zuerst haben die Weltmächte – wie die USA und die EU – protektionistisch agiert und zunächst nur Impfstoff für die eigenen Bevölkerungen produziert. Ich nenne das einen Separatismus, der zu einem Misstrauen in der Weltbevölkerung geführt hat, da diejenigen, die theoretisch immer für Solidarität und den freien Warenverkehr eingetreten waren, ihre Produktion nur der eigenen Bevölkerung widmeten. Aber es kam noch schlimmer: Die Grenzen wurden geschlossen und Afrika fand sich isoliert.

Doch da Corona nun einigermaßen beherrschbar ist, stellt sich das Problem der Herstellung des Impfstoffs vor Ort in Afrika, was einen Technologietransfer voraussetzt, der sich von einer reinen Standortverlagerung der Industrien zum Zwecke der Gewinnmaximierung unterscheidet. Gerade der afrikanische Kontinent braucht Technologien und Industrialisierung, um nicht ewig Rohstofflieferant*in zu bleiben. Hier wäre die Aufhebung von Patenten zur Rettung von Menschenleben DIE solidarische Lösung. Zugleich wäre es auch ein Schritt in Richtung Umverteilung des Reichtums der Welt. Dabei gilt es stets zu beachten, wie wir wissen, wie viel Afrika zur Bereicherung der mächtigen Länder – der ehemaligen Kolonialmächte – beigetragen hat.

Wir alle wissen, dass in Afrika weniger als 10 % des Budgets für Forschung aufgewandt wird und dass derzeit nur 2 % der Menschen in Subsahara-Afrika gegen COVID geimpft sind. Dies ist der Moment, in dem sich die Weltmächte eigentlich der Notwendigkeit bewusst werden sollten, dass sie sich nun mithilfe der Verbreitung der Impfstoffe an einer wirklichen Entwicklung in Afrika beteiligen müssen: Die Herstellung des Impfstoffs sollte sich nicht nur auf Südafrika, Senegal oder Marokko beschränken, sondern auch in anderen Ländern erfolgen. Das würde diesen Ländern helfen, deren Rohstoffe und sogar Arbeitskraft (zu Zeiten der Sklaverei) für den Aufbau der heutigen Weltmächte verwendet wurden. Außerdem würde die Herstellung des Impfstoffs vor Ort auch dazu beitragen, das Vertrauen der Bevölkerung in die Corona-Impfstoffe wiederherzustellen.

Zugleich fragt man sich in Afrika, warum beispielsweise noch kein Impfstoff gegen Malaria gefunden wurde. Liegt es daran, dass diese Krankheit nur in den Tropen vorkommt? Während zugleich in einer Rekordzeit von weniger als zwei Jahren ein Impfstoff gegen das Corona-Virus gefunden wurde?

Im Jahr 2019 starben 13.000 Kongoles:innen an Malaria. Insgesamt waren bis dato ca. 21 Millionen Menschen an Malaria erkrankt. Lasst uns diese Zahlen mit denen des Corona-Virus vergleichen: So gab es seit Beginn der Corona-Pandemie insgesamt 1.038 Todesfälle – das sind zumindest die Fälle, die den Krankenhäusern bekannt sind. Zudem sind ungefähr 30.000 Patient*innen genesen bei einer Gesamtzahl von etwa 50.000 Corona-Patient*innen. Mit Berücksichtigung dieser Todes- und Krankheitszahlen wird klar, dass die Welt Anstrengungen unternehmen muss, damit wir morgen auch einen Impfstoff gegen die tödliche Krankheit Malaria haben, welche seit mehr als einem Jahrhundert bekannt ist – gegen die es aber immer noch keinen Impfstoff gibt, da es sich um eine Tropenkrankheit handelt. Die Pharmaindustrie richtet sich an Profiten aus.

Darüber hinaus ist die Bevölkerung Afrikas auch über andere Epidemien und andere Viren besorgt – zum Beispiel über solche, die Pflanzen befallen. So werden Maniokkulturen – ein Grundnahrungsmittel in West- und Ostafrika – von Mosaikviren und jetzt auch von der Braunfäule befallen. Aber gegen diese Viren gibt es kein Mittel, und die Menschen sterben, weil die Viren ihre Pflanzen und somit ihre wirtschaftliche Grundlage zerstören. Einige verhungern sogar an dem Verlust der Maniokkulturen. Und auch die Kakaobäume werden von anderen gefährlichen Viren befallen, wodurch ebenso unsere Wirtschaft zerstört wird. Also, es gibt einige Geschehnisse zu bedenken und zu berücksichtigen.

Aber lasst uns zum Abschluss auf Corona zurückkommen: Da in der Demokratischen Republik Kongo bisher nur 80.910 Menschen geimpft wurden und nur 42.602 die zweite Dosis erhalten haben, gibt es auch Grund, über lokale Lösungen zur Heilung oder Vorbeugung nachzudenken: MANACOVIDE ist ein heilendes Medikament, das im pharmakologischen Forschungszentrum von Luozi in Zentralkongo (meiner Provinz) erfunden und hergestellt wird. Warum sollten wir nicht auch auf diesem Weg Heil- oder Vorbeugungsmethoden entwickeln? Des Weiteren gibt es viele lokale antioxidative Lebensmittel, die weiter erforscht werden sollten. Ich spreche von Kurkuma, Ingwer, usw. Heilpflanzen wie ARTEMISIA haben eine gewisse Wirksamkeit bewiesen. Warum sollten sie nicht eingehend erforscht werden?

Wichtig ist: Lasst uns solidarisch sein!

#unteilbar Gesundheits & Care Block – Für eine solidarische und gerechte Gesellschaft

Gebraucht, beklatscht, aber bestimmt nicht weiter so! Das ist das Motto der Berliner Krankenhausbewegung. Die Beschäftigten von Charité und Vivantes kämpfen aktuell gemeinsam für gerechte Entlohnung, gute Arbeitsbedingungen und damit eine gute Versorgung von Patient*innen! Sie wehren sich gegen Zustände, deren Ursachen in der Profit- und Marktorientierung des Gesundheitswesens liegen. Diese Ziele werden nur durch Streik erreicht werden können.

Die Kämpfe im Gesundheitswesen haben nicht erst mit der Pandemie begonnen. Aber die Pandemie hat das System entlarvt und – zumindest kurzzeitig – in den Fokus von Öffentlichkeit und Politik gerückt. Geändert hat das nichts: die Arbeit bleibt abgewertet, unterfinanziert und somit unter- oder sogar unbezahlt.

Carearbeit – das sind Tätigkeiten, die überwiegend von Frauen und insbesondere von migrantischen Frauen ausgeführt werden. Carearbeit umfasst Pflege – professionell im Krankenhaus, in Heimen, ambulant – aber auch unbezahlt pflegende Angehörige oder die Versorgung und Betreuung von Kindern. Es umfasst den gesamten Bereich der sozialen und psychischen Betreuung sowie die Unterstützung
von vielen ausgegrenzten Menschen. Es umfasst explizit auch die Arbeit derer, die dafür sorgen, dass der Laden läuft: Reinigung, Speiseversorgung, Wäsche, Technik und vieles mehr.

Das Bestreben all diese Tätigkeiten auszugliedern, um sie dann möglichst billig wieder einzukaufen, führt zu Tarifflucht und prekären Arbeitsverhältnissen. Es verschärft die sozialen Probleme!

Dieses patriarchale und ausgrenzende System spiegelt sich auch in der Gesetzgebung wider. Als Beispiel sei hier der §218 genannt, der endlich abgeschafft gehört.

Die wachsende Ungleichheit zeigt sich auch auf internationaler Ebene: Statt – wie im letzten Jahr versprochen – Impfstoffe zu globalen öffentlichen Gütern zu machen, werden sie von den reichsten Ländern im Überfluss für sich allein gesichert.

Der Globale Süden muss um die Reste betteln und sich mit wenigen gespendeten Dosen zufriedengeben. Unterstützung zur selbständigen Produktion wird hier – wie so oft – verwehrt, denn die ausschlaggebenden Patente bleiben in den Händen weniger Großunternehmen und befeuern die Wirtschaftszahlen von Industrienationen wie Deutschland.

Wir streiten für das Menschenrecht auf Gesundheit und fordern einen weltweit gerechten Zugang zu COVID 19-Impfstoffen!

Am 4.9. zeigen wir, dass unsere Kämpfe zusammen gehören. Global und lokal für eine solidarische und gerechte Gesellschaft. Gesundheit ist #unteilbar!