Für Bewegungsfreiheit & selbstbestimmte Entwicklung!

Vorbemerkung

Überall auf der Welt sind Geschlechterverhältnisse ein Querschnittsthema, so auch, wenn es um Fragen von (selbstbestimmter) Entwicklung und Entwicklungspolitik geht. Zudem werden geschlechterpolitische Fragen- bzw. Problemstellungen seitens der Industrieländer immer wieder als Hebel genutzt, um auf illegitime Weise Einfluss zu nehmen – etwa dann, wenn Gelder der Entwicklungszusammenarbeit an die Umsetzung bestimmter geschlechterpolitischer Vorgaben gebunden werden (so jedenfalls die nicht nur von Männern regelmäßig geäußerte Kritik). Dies zeigt, dass das Verhältnis von Geschlecht und Entwicklung ein in jedweder Hinsicht hochkomplexes Thema ist. Die hier dokumentierten Texte können daher nur einen allerersten Einstieg darstellen.

Juni 2014 | «Ihre Erfolge haben die internationalen Frauenbewegungen entradikalisiert»

Nur weil internationale Institutionen wie Weltbank und EU das «weibliche Humankapital» verstärkt nutzen wollen, sei die Gleichstellung der Geschlechter näher gerückt, sagt die Feministin Christa Wichterich. Mehr Handlungsmacht hätten die Frauen aber deswegen nicht. Noch nicht. Interview mit Christa Wichterich, erschienen in der WOZ/Wochzeitung (Nr. 26/2014 vom 26.06.2014)

WOZ: Christa Wichterich, im Globalen Süden, das heisst in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern, ob in Indien, Südafrika oder China, widersetzen sich Frauen der ihnen zugedachten Rolle. Was macht eine erfolgreiche Frauenbewegung aus?
Christa Wichterich: Die westlichen Medien haben in jüngster Vergangenheit widerständige Frauen im Globalen Süden verstärkt wahrgenommen, zum Beispiel während der arabischen Revolutionen, wo Frauen stark an den Protesten beteiligt waren, oder auch nach den jüngsten Vergewaltigungen in Indien. Frauenbewegungen – und zwar oft vitalere als bei uns – gibt es aber im Süden seit langem. Sie haben sich sichtbar und hörbar gemacht, Widerstand geleistet, Gegenmacht aufgebaut – das ist schon ein Erfolg.

2002 | Gender und ländliche Entwicklung in Afrika (PDF)

Von Rita Schäfter, erschienen in: Politik und Zeitgeschichte, B 13-14/2002 (obwohl der Text schon älter ist, skizziert er einige der grundlegende Probleme auf weiterhin zutreffende Weise)

Afrika gilt mittlerweile als ein Kontinent, dessen landwirtschaftliche Produktion und Ernährungssicherung in Frauenhand liegt, denn über 90 Prozent der Grundnahrungsmittel und über 30 Prozent der Marktfrüchte werden von Frauen produziert. In den meisten Ländern stellen sie 70-80 Prozent der Arbeitskräfte, dennoch sind ihre wirtschaftlichen Potenziale durch zahlreiche rechtliche, agrarpolitische und soziokulturelle Hindernisse beschränkt. Hierzu zählen vor allem die Schwierigkeiten im Landzugang, Beeinträchtigungen im Erbrecht und die in der Entwicklungsplanung sich hartnäckig haltende Vorstellung von kleinbäuerlichen Familienbetrieben unter männlicher Leitung. Obwohl seit einigen Jahrzehnten immer mehr ländliche Haushalte von Frauen geführt werden, bilden diese nur selten die Zielgruppe von Projekten. Somit ist die Geschlechterdifferenz eine zentrale Kategorie, die über Ressourcenzugang und -kontrolle entscheidet.

März 2000 | Malestreaming Gender? Geschlechterverhältnisse in der Entwicklungspolitik (PDF)

Auch heute noch lesenswert! Sonderausgabe der IZ3W (Aktion Dritte Welt e.V. – informationszentrum 3. welt) und des ASA Programms (Arbeits- und Studienaufenthalte für Studierende und Berufstätige in Afrika, Asien, Lateinamerika).

Gender ist inzwischen eine grundlegende Kategorie entwicklungspolitischer Theorie und Praxis. In den Institutionen hat sich der Schwerpunkt von Frauenförderungs-Programmen zur geschlechterdifferenzierenden Projektplanung gewandelt. Bei der Umsetzung in der Praxis geht allerdings meist das ursprünglich herrschaftskritische und emanzipative Potential des Genderansatzes verloren. Gilt die Kategorie Gender in der feministischen Diskussion als Ausdruck einer gesellschaftlichen Zwangsordnung, die aufzulösen ist, so dient Gender in der entwicklungspolitischen Praxis meist nur als Instrument zur Wahrnehmung der Hierarchien zwischen den Geschlechtern.