14. Oktober 2014 | Mali oder das Ringen um Würde
Buchvorstellung und politisches Gespräch. Mit: Charlotte Wiedemann, Autorin und Journalistin, Berlin. Moderation: Olaf Bernau, Afrique-Europe-Interact, Bremen. Ort und Zeit: Heinrich-Böll-Stiftung, Schumannstraße 8, 10117 Berlin. 19 Uhr
Mali ist aus den Schlagzeilen verschwunden, doch seine Krise bleibt unbewältigt. Der westafrikanische Sahelstaat mutierte in kurzer Zeit von einer vermeintlichen Modell-Demokratie zum Modell-Konfliktfall. Die Schwierigkeiten, vor denen das Land steht, sind von beispielhafter Komplexität: Hier verschränken sich Staatsversagen, Armut, Jihadismus und der ungelöste Tuareg-Konflikt. Die bisherigen, massiven Eingriffe von außen über eine Militär-Intervention, die Stationierung von UN-Blauhelmen oder die EU-Ausbildungsmission für die malische Armee konnten das Land kaum stabilisieren.
In ihrem neuen Buch befasst sich Charlotte Wiedemann mit den tiefer liegenden Ursachen der aktuellen Krise und verortet sie im historischen Kontext des Landes, vom mittelalterlichen Mali-Reich über den Versuch eines malischen Sozialismus bis zur Demokratie-Bewegung der frühen 90er Jahre. Einst Brückenland zwischen Nomaden und Sesshaften, zwischen Sahara und Savanne, ist sich das multi-ethnische Mali seiner Zerbrechlichkeit erst in jüngster Zeit bewusst geworden. Die Autorin beschreibt eindrücklich das Ringen um Würde und Identität der traditionell eher toleranten malischen Gesellschaft und hinterfragt dabei das westliche Narrativ vom “War on Terror” ebenso wie die europäische Romantisierung der Tuareg.
Was bedeutet politische Emanzipation unter den Bedingungen großer Armut? Welche Rolle spielt das arabischsprachige Erbe, verdrängt durch die Kolonisierung? Hat Malis Laizität eine Zukunft? Welche Auswirkungen hat die massive Migration im Land? Und können die Friedensgespräche, die derzeit in Algier stattfinden, die Tuareg-Rebellion beenden?