April und Mai 2014 | Delegationsreisen nach Togo und Mali
Zwei Delegationen der europäischen Sektion von Afrique-Europe-Interact sind im April und Mai in Togo bzw. Mali unterwegs: Zunächst wird eine 6-köpfige Delegation nach Togo aufbrechen, wo nicht nur Treffen mit VertreterInnen sozialer Bewegungen geplant sind, sondern auch der Kontakt zur „Assoziation der Abgeschobenen Togos“ ausgebaut werden soll – inklusive Vorführungen des Films Da.Seins, der die Geschichte von Menschen erzählt, die von Deutschland bzw. Österreich nach Togo und Nigeria abgeschoben wurden. Demgegenüber wird es in Mali vor allem um Landgrabbing und Uranabbau gehen, unter anderem anlässlich einer größeren Aktion im Office du Niger (siehe unten). Über beide Delegationsreisen werden wir zeitnah öffentlich berichten, natürlich auch auf dieser Webseite.
Landgrabbing & Uranabbau stoppen – lokalen Widerstand in Mali unterstützen!
Die allermeisten sozialen Auseinandersetzungen und Kämpfe sind auf vielfältige Weise verknüpft. Wir möchten daher auf einen aktuell anlaufenden Aktionszyklus aufmerksam machen, für den wir dringend sowohl politische als auch finanzielle Unterstützung suchen.
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Vor rund 4 Jahren ging es hierzulande mit einem wahren Boom an Infos über Landgrabbing los – erwähnt seien unzählige Artikel bzw. Themenschwerpunkte, Veranstaltungen, Filme, Bücher, Konferenzen oder auch die eine oder andere Aktion auf der Straße. Das war natürlich gut so, denn auf diese Weise sind in kurzer Zeit viele Menschen auf jenen seit Beginn der Finanzkrise 2008 explosionsartig angewachsenen Ausverkauf fruchtbarer (Acker-)Böden an Banken, Investmentfonds und Konzerne aufmerksam geworden, der im Süden des Globus für mehrere Hundert Millionen Kleinbauern und -Bäuer_innen, Fischer_innen und Viehhirt_innen über kurz oder lang den Verlust ihrer Existenzgrundlagen bedeutet bzw. bedeuten wird.
Gleichzeitig gilt aber auch, dass es sich bislang vor allem um ein medial verankertes Strohfeuer gehandelt hat: Das ist bekannt, geändert hat sich aber kaum etwas – auch wenn es zu einer gewissen Abkühlung im Verkaufstempo gekommen sein soll. Konkreter: Nicht nur die strukturellen Ursachen sind weiterhin wirksam, insbesondere die gesetzlich vorgeschriebenen Beimischungsquoten für so genanntes Biodiesel, der stetig wachsende Bedarf an Futtermitteln für die agrarindustrielle Fleischproduktion, der Verlust fruchtbarer Böden durch Klimawandel und Urbanisierung sowie die Spekulation mit Land auf den internationalen Finanzmärkten. Nein, auch für die Bauern und Bäuer_innen spitzt sich die Lage stetig zu: Einerseits, weil es weiterhin zu Enteignungen kommt, andererseits, weil Enteignung oder Vertreibung keineswegs ein einmaliger Akt sind. Vielmehr bedeutet der Verlust des bearbeiteten Landes den dauerhaften Verlust der eigenen Existenzgrundlage – und das mit der Konsequenz, dass die betroffenen Familien ganz oder teilweise in die Städte abwandern oder in die internationale Migration gehen müssen. Hinzu kommen die dramatischen Konsequenzen für das globale Klima und die ökologischen Ressourcen – wahlweise durch die agrarindustrielle Bearbeitung des geraubten Landes oder die Umwandlung von CO2-absorbierenden Wald- und Grünlandflächen in Ackerland.
Das transnationale Netzwerk Afrique-Europe-Interact unterstützt daher Bauern und Bäuer_innen in Mali, die für angemessene Entschädigungen und gegen weitere Vertreibungen kämpfen. Organisiert wird der Protest in erster Linie von der malischen Sektion von Afrique-Europe-Interact und von den betroffenen Bauern und Bäuer_innen selbst (wobei einige der Betroffenen bereits bei Afrique-Europe-Interact aktiv sind). Konkret ist geplant, in Niono, einer 270 Kilometer nordöstlich von der Hauptstadt Bamako gelegenen Provinzstadt im Office du Niger, eine zweitägige Versammlung inklusive Demonstration mit ca. 200 bis 300 VertreterInnen aus verschiedenen Dörfern durchzuführen (auch unter Beteiligung einer 6-köpfigen Delegation der europäischen Sektion von Afrique-Europe-Interact). Dabei soll es zum einen um kleinteiliges Landgrabbing durch korrupte Beamte gehen (gemeint ist die Konfiszierung von Land bei nicht-gezahlten Wasserrechungen), zum anderen um den großflächigen Ausverkauf von Land an global operierende Investoren. Zentraler Bezugspunkt wird dabei das auch international bekannt gewordene Dorf Sanamadougou sein. Bereits im Juni 2010 wurden dort Bauern und Bäuer_innen durch einen 20.000-Hektar-Deal ihrer für die Agroforstwirtschaft unverzichtbaren Karité-Bäume beraubt. Mittlerweile ist das Dorf von drei riesigen Bewässerungskanälen umzingelt, so dass die BewohnerInnen 20 bis 30 Kilometer entfernte Flächen bearbeiten müssen. All dies ist bestens bekannt, doch geschehen ist so gut wie nichts. Die Bauern und Bäuer_innen wollen daher nunmehr in die Offensive gehen und sich ebenfalls an den in Niono geplanten Aktivitäten in großer Zahl beteiligen.
Doch nicht nur in Niono bzw. im gesamten Office du Niger (einem fruchtbaren, vom Nigerwasser gespeisten Binnendelta) soll der Widerstand gestärkt werden. Geplant ist auch, den Protest im Office du Niger mit demjenigen in Falea zu verknüpfen und damit einen Beitrag zur Vernetzung des überregionalen Widerstands zu leisten. Denn in der 500 Kilometer von Niono entfernten Gemeinde Falea im äußersten Südwesten Malis ist ebenfalls Landgrabbing in großem Stil geplant. Allerdings nicht, um Agrospritpflanzen oder Exportgetreide anzubauen. Vielmehr soll in Falea ab 2016 (oder später) auf einer riesigen Fläche von 150 Quadratkilometern oberirdischer Uranabbau erfolgen. Würde das Projekt tatsächlich in die Tat umgesetzt werden (nachdem die Probebohrungen mittlerweile fast abgeschlossen sind), wären davon rund 17.000 Menschen in 21 Dörfern betroffen. Konkret ist daher vorgesehen, die Demo in Niono im Rahmen eines vorher stattfindenden Delegationsbesuches in Falea als Vernetzungsplattform zu nutzen. Denn in Falea hat sich in den letzten Jahren ebenfalls ein starker, nicht zuletzt lokal verankerter Widerstand gegen das Uranprojekt entwickelt.
Einziger Haken: Widerstand kostet Geld, das ist in arm gemachten Gesellschaften wie Mali noch krasser als hierzulande. Denn allein eine 2 bis 3-tägige Fahrt in ein 70 Kilometer entferntes Dorf (was beispielsweise der Strecke zwischen Sanamadougou und Niono entspricht), ist etwas, was sich die Bauern und Bäuer_innen nicht aus eigener Tasche leisten können. Aber auch AktivistInnen in Bamako oder in Falea haben nicht die finanziellen Mittel, um sich in größerem Stil zu vernetzen, obwohl auch in Mali gilt, dass ohne Vernetzung und somit Koordinierung der vielfältigen lokale Proteste nicht jene 'kritische' Masse aufgebaut werden kann, die erforderlich ist, um wirklich nachhaltige Erfolge durchsetzen zu können. Hinzu kommt, dass auch Infrastruktur und Öffentlichkeitsarbeit Geld kosten, letzteres auch deshalb, weil in Mali für öffentliche Berichterstattung ganz normal gezahlt werden muss, quasi als Eigenbeteiligung an der Aufrechterhaltung der medialen Infrastruktur.
Lange Rede, kurzer Sinn: Das in dieser Mail skizzierte Aktionspaket kostet ca. 8.000 Euro, deshalb möchten wir hiermit zu Spenden aufrufen. Konkreter: Ungefähr die Hälfte des Geldes ist gedeckt, die andere suchen wir noch. In diesem Sinne ist jeder Betrag erwünscht, ob klein oder groß. Insgesamt hoffen wir, dass mit den nunmehr angedachten Aktivitäten die Entstehung eines neuen Widerstandszyklus in Mali mitunterstützt werden kann. Denn die Voraussetzungen dafür sind insgesamt gut, auch deshalb weil verschiedene Akteure (darunter auch Afrique-Europe-Interact) in den letzten Jahren zahlreiche kleinere und größere Vernetzungen und Projekte angestoßen haben (nachdem in den Jahren 2008 bis 2011 diverse Proteste durch niedrigschwellige, aber effektive Repression im Keim erstickt wurden). Was Falea anbelangt, hoffen wir zudem, dass es kurz- bis mittelfristig gelingt, möglichst viele Menschen aus der hiesigen Anti-Atombewegung für den transnationalen Widerstand gewinnen zu können (denn die Uhr tickt!). Unter anderem wird derzeit vorsichtig an der Idee gesponnen, in Falea eine Art Mini-Anti-Atomcamp zu organisieren. Eine Aktion, über die im Mai im Rahmen der schon erwähnten Delegationsfahrt von Afrique-Europe-Interact nach Falea ebenfalls gesprochen werden soll.
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