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Newsletter Nr. 38 (Juli 2023)

Unser letzter Newsletter stammt vom Mai 2023: https://afrique-europe-interact.net/2188-0-AEI-Newsletter-Nr-37-Mai-2023.html. Seitdem hat sich eine Menge getan: Im Mai und Juni war unsere Mitstreiterin Aissata Soumaoro aus Mali zu Besuch und stellte in insgesamt 12 Veranstaltungen in Deutschland und Österreich das Frauenkollektiv Musow Lafia und den geplanten Direkthandel mit Erdnussmus vor. Anfang Juni beteiligten sich diverse Aktivist:innen unseres Netzwerks an einem Camp gegen das neue Abschiebegefängnis am Flughafen Berlin-Brandenburg, hierzu gehörten auch ein Workshop zu zirkulärer Migration zwischen Afrika und Europa sowie die Premiere des neuen Theaterstücks “Bei Linken” unseres Mitstreiters Riadh Ben Ammar. Ende Juni/Anfang Juli war Moctar Nalossou aus Agadez zu Besuch – einerseits um die Arbeit des Alarme Phone Sahara in mehreren Städten vorzustellen, andererseits um sich in Brüssel mit Abgeordneten des EU-Parlaments sowie Vertreter:innen von zwei NGOs auszutauschen. In Brüssel beteiligte sich Afrique-Europe-Interact zudem mit rund 15 Mitgliedern an verschiedenen Protesten, die nicht nur das Sterben im Mittelmeer und in der Wüste thematisierten, sondern auch die spezifische, von massiver Gewalt gegenüber Migrant:innen und Geflüchteten geprägte Situation in Libyen.

Neben diesen in Europa erfolgten Aktivitäten lief auch unsere alltägliche Arbeit in den einzelnen afrikanischen Ländern weiter. Dabei haben uns nicht zuletzt die neuerlichen Festnahme- und Abschiebewellen in vielen maghrebinischen Ländern beschäftigt. Beispielsweise zählte das Alarme Phone Sahara allein im ersten Halbjahr 2023 knapp 20.000 Abschiebungen zwischen Algerien und Niger. Hinzu kommen willkürliche Festnahmen und Verschleppungen wie aktuell in Tunesien, wo über 1.000 Menschen ins tunesisch-libysche sowie ins tunesisch-algerische Grenzgebiet mitten in die Wüste deportiert wurden. Und ähnlich in Marokko: Dort wurde vergangene Woche ein Mitarbeiter unseres Rasthauses Baobab in Rabat festgenommen und mit hunderten anderer Subsahara-Afrikaner:innen ins Landesinnere in die Stadt Beni-Mellal verbracht, von wo er wieder mühsam mit dem Zug nach Rabat zurückkehren musste.

Alleine diese Andeutungen machen deutlich: Es gäbe viel zu berichten – auch zu der Frage, wie wir im Netzwerk über die Frage der langen Geschichte des Rassismus im Maghreb (kontrovers) diskutieren. Dies möchten wir heute allerdings nicht tun. Stattdessen möchten wir uns heute auf zwei konkrete Spendenaktionen beschränken, die ebenfalls mit unserer aktuellen Arbeit zu tun haben: Einerseits auf die Spendenkampagne für eine Fortbildung im Bereich Lebensmittelverarbeitung, die das zu Afrique-Europe-Interact gehörige Frauenkollektiv Musow Lafia derzeit in Bamako für kleinwüchsige Menschen durchführt. Andererseits auf die erfolgreich abgeschlossene Spendenkampagne für einen Minibus für das ökologische Künstler:innen-Dorf Faso Kele in Guinea (inklusive Bilder-Link).

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a) Fortbildung kleinwüchsiger Menschen durch das Frauenkollektiv Musow Lafia in Malis Hauptstadt Bamako

Vom 23. bis 31. Juli 2023 organisiert das zu Afrique-Europe-Interact gehörige Frauenkollektiv Musow Lafia in Bamako zusammen mit 25 Mitgliedern des Vereins kleinwüchsiger Menschen A.M.P.P.T. (Association Malienne des Personnes de Petite Taille) eine Fortbildung im Bereich Lebensmittelverarbeitung. Tendenziell sehen sich kleinwüchsige Menschen überall auf der Welt Diskriminierung ausgesetzt – zumindest sind sie mit massiven Barrieren im Alltag konfrontiert. In einer südlichen Millionenmetropole wie Bamako kommt noch hinzu, dass das Leben für alle Menschen ausgesprochen schwierig ist, gerade im öffentlichen Raum. Beispielsweise stellt die allgemeine Verkehrslage für viele kleinwüchsige Menschen eine enorme Gefahrenquelle dar. Viele schaffen es nicht, in die sogenannten Soutramas einzusteigen, jene Sammeltaxis für 20 bis 25 Personen, die häufig überfüllt sind, die eine hohe Trittschwelle haben und die irgendwo am Straßenrand anhalten, also dort, wo gemeinhin großes Gedränge herrscht. Folge ist, dass in Mali kleinwüchsige Menschen vor allem in Städten weitgehend vom öffentlichen (Geschäfts-)Leben ausgeschlossen sind. Ihre Bildungsmöglichkeiten sind begrenzt, die Arbeitslosenrate liegt bei nahezu hundert Prozent.

Vor diesem Hintergrund hat Mohamed Cissé, der bereits seit 2012 bei Afrique-Europe-Interact aktiv ist, eine Fortbildung für Mitglieder des Vereins kleinwüchsiger Menschen vorgeschlagen. Denn Mohamed Cissé ist selber kleinwüchsig, kann sich aber als großer Kleinwüchsiger im Alltag gut behaupten. Er stammt aus einer berühmten Marabout-Familie (Marabouts sind muslimische Heiler) und arbeitet als Marabout und Kleinunternehmer, wobei er erst 2012 im Zuge der Besetzung der nördlichen Landeshälfte durch islamistische Terroristen mit seiner Familie aus einem Dorf in der Nähe von Timbuktu nach Bamako gekommen ist. Das Frauenkollektiv Musow Lafia hat den Vorschlag von Mohamed Cissé gerne aufgenommen, denn Frauen sind ebenfalls von Diskriminierung betroffen – und kleinwüchsige ganz besonders. Konkret findet die Ausbildung am Vereinssitz von Afrique-Europe-Interact statt, wo Musow Lafia auch ansonsten Erdnussmus, Fonio etc. herstellt. Ziel ist es, den beteiligten Vereinsmitgliedern von A.M.P.P.T. – fast ausschließlich Frauen – grundlegende Kenntnisse bei der Lebensmittelverarbeitung zu vermitteln. Die Hoffnung lautet, dass sich daraus für die Teilnehmer:innen mittelfristig die Möglichkeit ergibt, eine eigene Existenzgründung vorzunehmen. Darüber hinaus dient die Ausbildung dem Abbau von diskriminierenden Ein- und Ausschlussmechanismen. Entsprechend werden Musow Lafia und A.M.P.P.T. am 31. Juli – dem panafrikanischen Kampftag für die Rechte von Frauen – gemeinsame Aktivitäten durchführen, unter anderem eine Pressekonferenz, in der kleinwüchsige Frauen von ihren alltäglichen Schwierigkeiten berichten werden. Erste Bilder von der Ausbildungswoche finden sich hier:

https://afrique-europe-interact.net/2184-0-Ausbildung-fuer-Kleinwuechsige-in-Bamako-Juli-2023.html

Zur vollständigen Ausfinanzierung der Ausbildung suchen wir noch Spenden. Die gesamte Ausbildung kostet über 3.000 Euro, was auch mit hohen Begleitkosten zu tun hat. So können die beteiligten Frauen und Männer aus den genannten Gründen nur mit normalen Taxis anreisen, was in einer Megacity wie Bamako bereits Kosten von knapp 200 Euro täglich bedeutet. Hinzu kommen die Arbeitsmaterialien, Arbeitskleidung, Verpflegung, die Zutaten für den Herstellungsprozess und am Ende die gemeinsamen politischen Aktivitäten am 31. Juli, unter anderem die Pressekonferenz.

Spenden an Afrique-Europe-Interact sind steuerlich absetzbar – sie können online oder per Banküberweisung gespendet werden:

https://afrique-europe-interact.net/1541-0-Spendenformular.html

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b) Erfolgreich abgeschlossene Spendenkampagne für einen Minibus für das ökologische Künstler:innen-Dorf Faso Kele in Guinea (inklusive Bilder-Link)

Im Januar hat Afrique-Europe-Interact zusammen mit dem ökologischen Künstler:innenkollektiv Faso Kele eine Crowdfunding-Kampagne zur Finanzierung eines Minibuses gestartet, damit Faso Kele ihr vom öffentlichen Verkehr völlig abgeschnittenes Dorf Kurukanfuwa besser verlassen kann (https://www.betterplace.org/de/projects/118402-oekologisches-kuenstler-innendorf-in-guinea-braucht-einen-minibus). Dieser Aufruf war nicht unproblematisch, denn natürlich klingt es auf den ersten Blick widersprüchlich, wenn ausgerechnet eine Gruppe wie Faso Kele für einen eigenen, mit Diesel betriebenen Bus wirbt, wie auch im Aufruf thematisiert wird: “Dem Umweltschutz verpflichtet, würde das Kollektiv gerne auf ein benzinbetriebenes Fahrzeug verzichten. Öffentlichen Verkehr gibt es in der Region jedoch nicht und ein Elektrofahrzeug wäre wegen lückenhafter Stromversorgung nicht einsetzbar.” Umso erleichterter waren wir, dass die Spendenkampagne bereits im Mai erfolgreich abgeschlossen war – dank 25 Einzelspenden, darunter eine Großspende. Wir möchten uns dafür auch auf diesem Weg ganz herzlich bedanken – Bilder von dem Bus finden sich an folgender Stelle:

https://afrique-europe-interact.net/2187-0-Minibus-fr-Faso-Kele-Januar-2023.html