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Newsletter Nr. 30 (März 2022)

In diesem Newsletter wird es um folgende Themen gehen:

  • Mali: Sanktionen der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS gegen Mali und Abzug der französischen Streitkräfte aus Mali.
  • Commemoraction: Weltweiter Aktionstag in Gedanken an jene Migrant:innen und Geflüchteten, die auf dem Weg nach Europa (oder an anderen Orten der Welt) ihr Leben verloren haben.
  • Togo: Unterstützung der togoischen Demokratiebewegung – inklusive Aktivitäten zum 8. März.
  • Ukraine: Rassistische Ungleichbehandlung von Geflüchteten aus der Ukraine sowie Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die weltweiten Nahrungsmittelpreise
  • Alarmphone Sahara: Einwöchiges Treffen in Agadez
  • Neuigkeiten aus dem Netzwerk
  • Buchveröffentlichung: “Brennpunkt Westafrika. Die Fluchtursachen und was Europa tun sollte”

a) Mali: Sanktionen der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS gegen Mali und Abzug der französischen Streitkräfte aus Mali.

Anfang 2022 hat die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS drakonische Sanktionen gegen Mali verhängt. Hintergrund ist, dass die aus deinem Doppelputsch hervorgegangene Übergangsregierung auf eine mehrjährige Übergangszeit besteht – denn nur so könne ein wirklicher Neuanfang gelingen. Demgegenüber würden rasche Wahlen, wie sie unter anderem die ECOWAS fordert, nur den alten politischen Eliten nutzen, die ja einen entscheidenden Anteil an der aktuellen Vielfachkrise haben. Was immer Außenstehende davon halten mögen, Fakt ist, dass viele Malier:innen den Kurs der aus Militärs und Zivilist:innen zusammengesetzten Übergangsregierung unterstützen – und das trifft auch auf die malischen Mitglieder von Afrique-Europe-Interact zu. Entsprechend haben wir unsere Hauptaufgabe in den letzten Wochen darin gesehen, die deutsche bzw. europäische Öffentlichkeit darüber zu informieren, dass die alten politischen Eliten in Mali als verbrannt gelten (ähnlich wie in vielen anderen Ländern Westafrikas). Die Menschen haben es schlicht satt, mit fassadendemokratischen Wahlen abgespeist zu werden, ohne dass sich ihre ökonomische und soziale Lage spürbar verbessert. Nur so ist verständlich, dass sich im März 2021 bei einer repräsentativen Umfrage der Friedrich-Ebert-Stiftung 65,5 Prozent der Menschen in Mali zufrieden mit der Übergangsregierung zeigten. Außerdem meinten 8 von 10 Befragten, dass sie an den nächsten Wahlen teilnehmen wollten – weit mehr, als das üblicherweise der Fall ist.

Der von uns entfaltete Druck war keineswegs die einzige Intervention, auch andere zivilgesellschaftliche Akteure in Europa haben an die EU-Regierungen appelliert, sich nicht den ECOWAS-Sanktionen anzuschließen, zumal diese unmittelbar auf die Zivilbevölkerung durchschlagen. Konkret haben wir im Zuge unserer Aktivitäten Gespräche mit Christoph Hoffmann (FDP) geführt, dem kommissarischen Vorsitzenden des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, sowie mit Karamba Diaby (SPD), dem für Westafrika zuständigen Berichterstatter der SPD im Auswärtigen Ausschuss. Aus beiden Initiativen ist mittlerweile eine dritte Aktivität entstanden. Denn zusammen mit Fokus Sahel und dem Sahel-Ausschuss des VAD (Vereinigung für Afrikawissenschaften in Deutschland) wird Afrique-Europe-Interact im April zu einem (digitalen) Fachgespräch zu Mali und Burkina Faso im Bundestag einladen, das sich primär an Bundestagsabgeordnete richtet. Erfreulich war zudem, dass die Tageszeitung “taz” als Reaktion unter anderem auf unsere Interventionen ihre Einschätzung der Sanktionen deutlich verändert hat (von pro zu contra), zudem war Diory Traoré von der malischen Sektion von Afrique-Europe-Interact Hauptprotagonistin einer einseitigen Reportage der Süddeutschen Zeitung am 10.02.2022, bei der es maßgeblich darum ging, die Haltung der malischen Bevölkerung gegenüber der Übergangsregierung und der Politik Frankreichs näher zu erklären. Schließlich ist auch ein Team der ARD aufgetaucht und hat in Bamako einen 4-minütigen Beitrag mit Vertreter:innen von Afrique-Europe-Interact zur Frage des Bundeswehreinsatzes gedreht (der Link befindet sich weiter unten – allerdings sei darauf hingewiesen, dass bei den Ausführungen zu Landraub in Mali einige Dinge durcheinander gehen…). Wie gesagt, das sind nur einige Stichworte, doch genaueres lässt sich unseren Erklärungen entnehmen, auch zum französischen Truppenabzug aus Mali:

22. Januar 2022 | Demo gegen ECOWAS-Sanktionen vor malischer Botschaft in Berlin (Bilder & Video): https://afrique-europe-interact.net/2112-0-Demo-gegen-ECOWAS-Sanktionen.html

24. Januar 2022 | Offener Brief von Afrique-Europe-Interact an die Deutsche Bundesregierung: Keine Unterstützung der ECOWAS-Sanktionen: https://afrique-europe-interact.net/2113-0-Offener-Brief-an-Deutsche-Bundesregierung-etc.html

24. Januar 2022 | Kontraproduktive Sanktionen. Nach dem Putsch in Mali hat Westafrika drakonische Strafen verhängt. Dabei kann die Übergangsregierung sehr wohl Erfolge vorweisen. Kommentar von Olaf Bernau (Afrique-Europe-Interact) in der tageszeitung taz: https://taz.de/Reaktionen-auf-den-Putsch-in-Mali/!5827935/

09. Februar 2022 | EU-Friedensmission MINUSMA und EU-Ausbildungsmission EUTM: Informationen und Empfehlungen von Afrique-Europe-Interact zur aktuellen Lage in Mali: https://afrique-europe-interact.net/2114-0-Fragen-und-Antworten-zu-Mali-02-2022.html

18. Februar 2022 | Pressemitteilung von Afrique-Europe-Interact zum französischen Truppenabzug aus Mali: https://afrique-europe-interact.net/2115-0-Stellungnahme-franzoesischer-Truppenabzug—-02-2022.html

23. Februar 2022 | Beitrag zu Afrique-Europe-Interact in Bamako im ARD-Mittagsmagazin: https://www.ardmediathek.de/video/mittagsmagazin/bundeswehr-in-mali/das-erste/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL2FyZC1taXR0YWdzbWFnYXppbi8zYzNhYjFiNi02MzU1LTQ2MzYtOTE4NS02YWJkMDBjNmVjNGY

b) Commemoraction: Weltweiter Aktionstag in Gedanken an jene Migrant:innen und Geflüchteten, die auf dem Weg nach Europa (oder an anderen Orten der Welt) ihr Leben verloren haben.

Der Gedenktag geht auf den Tod zahlreicher Migrant:innen am 6. Februar 2014 in der spanischen Enklave Ceuta in Marokko zurück. Afrique-Europe-Interact hat die diesbezüglichen Gedenkaktivitäten von Anfang an unterstützt (https://afrique-europe-interact.net/1275-0-06022014—-Gedenkaktionen.html), mittlerweile beteiligen sich allerdings Gruppen in zahlreichen Ländern, mit Fokus auf andere oder alle verstorbenen und vermissten Migrant:innen und Geflüchteten. Was unser Netzwerk betrifft, waren dieses Jahr Gruppen in Agadez (Niger), Bamako (Mali), Sokodé (Togo) und Conakry (Guinea) an den Gedenkaktivitäten beteiligt, außerdem hat Afrique-Europe-Interact die Aktion einer Gruppe in Oujda (Marokko) unterstützt, die eng mit dem Alarmphone Sahara zusammenarbeitet. Leider haben wir es bislang nicht geschafft, die verschiedenen Aktionen auf unserer eigenen Webseite zu dokumentieren, aber es gibt eine italienische Webseite, auf der dutzende, zum Teil sehr berührende Fotos des Aktionstags dokumentiert sind:

https://missingattheborders.org/en/index.php/news/2022/commemorazione-oltre-50-citta-nel-mondo-contro-il-regime-di-morte-nelle-frontiere-e-per-esigere-verita-giustizia-e-riparazione-per-le-vittime-della-migrazione-e-per-le-loro-famiglie-1

c) Togo: Unterstützung der togoischen Demokratiebewegung – inklusive Aktivitäten zum 8. März.

Anfang November hat Afrique-Europe-Interact in Bonn demonstriert – zunächst vor dem Ministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), sodann auf dem Marktplatz (https://afrique-europe-interact.net/2094-0-Togo-Demo-Bonn-Bericht.html). Im Rahmen dieser Aktion haben wir einen Brief und mehrere Dokumente an das BMZ übergeben, das mittlerweile reagiert und uns zu einem Gespräch eingeladen hat. In Togo sind es nicht zuletzt Frauenkollektive, die derzeit Demonstrationen gegen die seit 1967 fest im Sattel sitzende Gnassingbé-Familiendiktatur organisieren. Entsprechend sind am 8. März drei Frauen des sog. Pyradmide-Netzwerks (das Proteste gegen hohe Lebenshaltungskosten organisiert) mit Unterstützung von Afrique-Europe-Interact aus der Hauptstadt Lomé nach Sokodé im Norden des Landes gefahren, um sich anlässlich der Feierlichkeiten zum 8. März (Internationaler Frauentag) mit Frauen in Sokodé auszutauschen. Insgesamt haben sich 150 Frauen an dieser Begegnung beteiligt.

d) Ukraine: Rassistische Ungleichbehandlung von Geflüchteten aus der Ukraine sowie Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die weltweiten Nahrungsmittelpreise

Der Krieg gegen die Ukraine hat uns genauso geschockt wie alle anderen. Schon in den ersten Kriegstagen zeichnete sich ab, dass insbesondere afrikanische Geflüchtete (die in der Ukraine lebten – ob als Studierende, als Transitmigrant:innen oder anerkannte Asylbewerber:innen) auf den Fluchtrouten gen Westen massiv benachteiligt wurden. Vor diesem Hintergrund sind bereits früh zwei Aktivisten unseres Netzwerks (davon einer aus Kamerun) mit einem Kleinbus nach Warschau gefahren, um gestrandete Geflüchtete aus afrikanischen Ländern nach Deutschland zu bringen. In den nächsten Tagen waren wir auch an weiteren Abholfahrten in kleinen und großen Bussen beteiligt – hierzu gehörte auch die Vermittlung von 10 Reise- und Aufenthaltsplätzen in Amsterdam. Bislang haben wir zur Krise in der Ukraine drei Texte veröffentlicht: Neben zwei Erklärungen zu den rassistischen Diskriminierungen eine weitere Stellungnahme zu den steigenden Getreide- und Lebensmittelpreisen im Zuge des Krieges:

01. März 2022 | Erklärung von Afrique-Europe-Interact zu rassistischen Kontrollen bei der Flucht aus der Ukraine: https://afrique-europe-interact.net/2121-0-Ukraine-Kein-Rassismus-an-der-Grenze.html

05. März 2022 | Für die Aufnahme aller Kriegsgeflüchteten aus der Ukraine! Nein zu rassistischem Ausschluss! https://afrique-europe-interact.net/2122-0-Ukraine-Fr-das-Recht-auf-Flucht-fr-alle-Ukraine-Fr-das-Recht-auf-Flucht-fr-alle.html

14. März 2022 | Stellungnahme zu den transnationalen Folgen des Kriegs in der Ukraine auf die Nahrungsmittelunsicherheit in vielen afrikanischen Ländern https://afrique-europe-interact.net/2119-0-Ukrainekrieg-Ernhrungsunsicherheit.html

e) Alarmphone Sahara: Einwöchiges Treffen in Agadez

Wie alle anderen Projekte von Afrique-Europe-Interact hat auch das Alarmphone Sahara seine Arbeit in den letzten Monaten ganz normal fortgesetzt – hierzu gehört auch seine wöchentliche Küche für jeweils 20 bis 30 Migrant:innen, die in Agadez gestrandet sind. Umso wichtiger war, dass im Februar ein einwöchiges Treffen in Agadez stattgefunden hat, an dem sich nicht nur drei Aktivist:innen aus Europa beteiligt haben, sondern auch sämtliche Streckenbeobachter:innen, mit denen das Alarmphone Sahara in den nigrischen Wüstengebieten zusammenarbeitet. Mehr Informationen hierzu werden wir in den nächsten Wochen veröffentlichen.

f) Weitere Aktivitäten an verschiedenen Orten des Netzwerks

Zu den laufenden Aktivitäten gehören auch neue Projekte und organisatorische Weiterentwicklungen. Beispielsweise hat vor kurzem ein erstes transnationales Zoom-Treffen von Frauen* stattgefunden, die bei Afrique-Europe-Interact aktiv sind. Beteiligt waren Frauen* aus Togo, der Demokratischen Republik Kongo, Mali, Senegal, Deutschland und Österreich. Ebenfalls ein neues Projekt verfolgt die Tunesien-Arbeitsgruppe von Afrique-Europe-Interact (“Sans Visa”): Sie möchte im Laufe des Jahres 2022 einen Film zur Migrationsfrage in Tunesien drehen – eine wichtige Rolle wird dabei auch der Aktivist und Schauspieler Riadh Ben Ammar spielen, der im Übrigen weiterhin zu Ein-Personen-Theateraufführungen eingeladen werden kann (sein aktuelles Stück “Die Falle” beschäftigt sich mit den Auswirkungen der europäischen Abschottungspolitik auf die nordafrikanischen Länder).

g) Buchveröffentlichung: “Brennpunkt Westafrika. Die Fluchtursachen und was Europa tun sollte”

Am 17.03.2022 ist im C.H.Beck-Verlag das Buch “Brennpunkt Westafrika. Die Fluchtursachen und was Europa tun sollte” unseres Mitstreiters Olaf Bernau erschienen (https://www.chbeck.de/bernau-brennpunkt-westafrika/product/33245328). Weitere Informationen zu diesem Buch finden sich in einer separaten Mail, die direkt im Anschluss an diese Mail verschickt wird – inklusive eines aktuellen Veranstaltungstermins.