Nord-Mali / Azawad im Kontext der Arabellion
Von Helmut Dietrich, aus: Heft 10 (April 2013) der Zeitschrift Sozial.Geschichte Online
Vorbemerkung der Redaktion: Der folgende Text enthält zahlreiche wichtige Informationen und Einschätzungen zur Vorgeschichte (2010-2012) des jüngsten Tuareg-Aufstands im Norden Malis. Dennoch sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass wir die grundsätzliche Stoßrichtung der Analyse nicht teilen, insbesondere das zustimmend zitierte Konstrukt eines „Volks des Azawad“ (Tuareg, Peuhls, Songhais, Araber…). Denn nahezu alle BewohnerInnen des Nordens (auch beträchtliche Teile der Tuareg) wehren sich gegen dieses Konstrukt und begreifen sich vielmehr als Angehörige der malischen Gesellschaft – unabhängig davon, wie sehr der malische Staatsapparat aus guten Gründen heftig kritisiert wird. Näheres hierzu befindet sich in unseren “Kritischen Anmerkungen” zu dem Text, die direkt über diesem Aufsatz dokumentiert sind
1. Einleitung
Am 23. Dezember 2011 schrieb Ahmeyede Ag Ilkamassene auf der Tuareg-Internetplattform Toumast Press eine engagierte Analyse unter dem Titel ‚Azawad: jetzt oder nie!‘. Darin heißt es: „Die Finanzkrisen in vielen Staaten, in der USA, in Griechenland, Italien, Portugal und Spanien, zeigen beispielhaft die Schwächung dieser Mächte. Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit erfolgen die Revolutionen gleichzeitig in allen Ecken der Erde. Als sich Mohamed Bouazizi [am 17. Dezember 2010] in Tunesien verbrannte, hatte er nicht geahnt, dass er einer derart globalen Bewegung zur Geburt verhelfen würde.