Die Repressionswelle gegen MigrantInnen setzt sich fort (2010)
Mehr als hundert MigrantInnen nach gewalttätiger Razzia in Marokko vorläufig festgenommen. Presseinformation des ABCDS.
Am Sonntag, den 29. August 2010 um 12.00 Uhr (normalerweise wurden bisher derartige Operationen immer zwischen Mitternacht und sechs Uhr morgens durchgeführt) haben Polizeikräfte eine vorläufige Festnahme von über hundert Flüchtlingen durchgeführt. Diese Polizeioperation erfolgte in Form einer Razzia sehr großen Ausmaßes in Oujda und Umgebung, kurz nachdem der spanische Außenminister Marokko offiziell besucht hat.
Die hoch gerüstete (wörtlich kraftstrotzende, energische) Aktion wurde von Kräften der königlichen Polizei, nationalen Sicherheitskräften und polizeilichen Hilfskräften hauptsächlich auf dem Campus der Universität von Oujda, den benachbarten Wäldern und im Grenzgebiet zu Algerien durchgeführt.
Die Wohnstätten der MigrantInnen im Wald wurden zerstört, die auf dem Campus und im Grenzgebiet wurden angezündet, auch die persönliche Habe der MigrantInnen wurde nicht verschont. Mehrere Verwundete und Frauen mit kleinen Kindern, eines von ihnen weniger als 4 Monaten alt, sind unter den heute morgen Festgenommenen.
Die festgenommenen Personen wurden in überfüllte Zellen – die für Migranten bestimmt sind – in der Präfektur der Polizei und im Sitz der Königlichen Gendarmerie von Oujda gesteckt. Es wurden Fotos gemacht und digitale Fingerabdrücke genommen und gegen Abend wurden sie ins Grenzgebiet zwischen Marokko und Algerien gebracht.
Die Aussagen der Flüchtlinge, denen es gelang, am Montag nach einem “Ping-Pong-Spiel” zwischen algerischen und marokkanischen Sicherheitskräften zurück nach Oujda zu kommen, bezeugen eine maßlose Gewalt und Brutalität während der Festnahmen. Die ZeugInnen berichten vom Einsatz von Polizeihunden und der genauen Dokumentation des ganzen Einsatzes mit Fotoapparaten.
Diese Festnahmen sind Teil der angekündigten Repressionsmaßnahmen gegen MigrantInnen, um ihre Zahl zu senken. Die Mehrheit der betroffenen MigrantInnen in Oujda sind schon Opfer der Abschiebungen bzw. Ausweisungen aus El Hoceima geworden, nach dem sie letzte Woche von der königlichen Marine im Meer aufgegriffen wurden.
Das ABCDS verurteilt aufs Schärfste diese absurde Politik “der Zahlen” die zum einzigen Mittel im Umgang mit der so genannten klandestinen Migration geworden ist. Mit dem Ziel, die Vorgaben der EU und seines “strategischen Alliierten Spanien” zu erfüllen und im besonderen die Integration bzw. Annäherung an die EU voranzutreiben, hat sich Marokko in einem sich ständig verschärfendem Krieg gegen die Flüchtlinge auf seinem Territorium engagiert. Im Namen dieses Krieges haben die marokkanischen Autoritäten auf Druck Europas entschieden, die geforderten digitalen Fingerabdrücke und Fotos von den Flüchtlingen zu liefern – offensichtlich eine Antwort auf die Forderung nach Garantien, um das Abkommen über Rücknahmen von Flüchtlingen umsetzen zu können.
Auf diese Weise kann Marokko dann für Flüchtlinge verantwortlich gemacht werden, die über seine Grenzen nach Europa gelangen. Die Datenbank Eurodac, die die Fingerabdrücke der Flüchtlinge sammelt, kann dann von der EU als Beweis heran gezogen werden, so dass die MigrantInnen, die über Marokko nach Europa gelangen, automatisch nach Marokko (und nicht in ihre Heimatländer) zurück ausgewiesen werden können.