Mali: Stoppt CIGEM, einen EU-Außenposten des Migrationsmanagments
Am 6. Oktober 2008 eröffnete die EU ein Zentrum für Migration in Bamako, der Hautpstadt Malis. Die AME* hat klar analysiert, wie das „Centre d’Information et de Gestion des Migrations“ (CIGEM) zum Ziel hat, „Migrationsströme zu kontrollieren, um potentielle Migration zu verhindern“. Dieses Zentrum ist Teil der neuen EU-Politik, die die EU-Regieungen über den „Europäischen Pakt zu Einwanderung und Asyl“ den afrikanischen Politikern bei der zweiten EU-Afrika Konferenz zu Migration und Entwicklung in Paris im Oktober aufzwingen möchten. Dieser neue Pakt lädt Mitgliedsstaaten ein, Politik im Sinne der ökonomischen Migration zu betreiben und gibt temporärer oder zirkulärer Migration Priorität vor Bewegungsfreiheit. Noch dazu sollen keine weiteren Massenlegalisierungen von Menschen ohne Papiere stattfinden und die Rückkehr von „illegal aufhältigen Personen“ unterstützt werden – ein Synomym für Rückübernahmeabkommen, durch die Menschen abgeschoben werden. Hinzu kommen „Sammelflüge“, „biometrische Identifikation illegaler Einwanderer“ und „effektivere Grenzkontrollen“ sowie intensivere „Zusammenarbeit zwischen Herkunfts- und Transitländern“.
Ursprünglich sollte CIGEM das erste „Jobcenter“ in Afrika sein. Dieser Titel wurde verworfen, aber selektive Inklusion bleibt weiterhin eine seiner wichtigsten Aufgaben. Dies wird „immigration choisie“ genannt – selektive Einwanderung, speziell ausgerichtet auf den europäischen Arbeitsmarkt und natürlich für den Niedriglohnsektor. Die AME warnt vor dem Phänomen der „Kleenex ArbeiterInnen“ – ArbeiterInnen, die nach verrichteter Arbeit wie ein Papiertaschentuch weggeworfen werden. Dies war die Erfahrung dieses Jahr in Marokko, wo einige tausend Frauen für die Erdbeerernte in Spanien rekrutiert wurden. Um eine befristete Arbeitsgenehmigung zu bekommen, mussten die Frauen bestimmte Kriterien erfüllen wie z.B. dass sie kleine Kinder haben, damit sicher gestellt werden konnte, dass sie in ihr Herkunftsland zurückkehren. „Die Zunahme an Migration nach Europa aus der Subsahara-Region und die Kämpfe für Legalisierung der Sans Papiers in ganz Europa werden mit externen und internen Praxen der Ausgrenzung konfrontiert. Die Globalisierung der repressiven und restriktiven Maßnahmen gegen MigrantInnen zeigt sich in der unmenschlichen Behandlung von MigrantInnen in den Maghreb Ländern wie auch in der Errichtung von Frontex“, so die Analyse der AME. Deswegen ruft die AME zu einer „Verknüpfung und Globalisierung von Aktionen auf, um die Rechte von MigrantInnen zu unterstützen und zu verteidigen, in Transitländern wie auch in Zielländern“. Im März veranstaltete die AME eine Konferenz in Bamako im Kontext der transnationalen Aktionskette (siehe Bericht) und Delegierte beteiligten sich am Weltsozialforum für Migration in Madrid und am ESF in Malmö. Des Weiteren beteiligen sie sich an Aktionen gegen die EU-Afrika Konferenz zu Migration und Entwicklung mit einen Gegengipfel (17. Oktober), einer Demonstration und einem Konzert (18. Oktober). Die Konferenz in Bamako endete mit einem Aufruf und den folgenden Forderungen an die Regierung Malis:
- Keine bilateralen Rückübernahmeabkommen mit Frankreich und Spanien, die den Weg ebnen für die Einführung von Quoten von auserwählten MigrantInnen und so die Ausweisung von „Sans Papiers“ erhöht
- Schluss mit der Ausstellung von „Laissez Passer“(Reisepapieren), die die Abschiebung von Menschen malischer Herkunft ermöglichen.
- Legalisierung aller papierlosen MigrantInnen und die Ermöglichung von Familienzusammenführung.
- Rückgabe des Besitzes von abgeschobenen Personen durch den französischen Staat und Implementierung des Rechts, Sozialleistungen zu erhalten entsprechend den geleisteten Steuerzahlungen
- Denunzierung des EU-Abschiebe-Richtlinie, die eine zutiefste Entwürdigung für alle Afrikanischen Menschen bedeutet
- Verweigerung der Zusammenarbeit mit der Agentur Frontex, die errichtet wurde, um die Grenzen der EU zu externalisieren
- Stopp der Eröffnung des CIGEM. Die Gelder sollten abgeschobenen und an den Grenzen zurückgeschobenen Menschen zu Gute kommen
- Unterstützung aller abgeschobenen und zurückgeschobenen Personen, die ins Ausland gegangen sind, um ihren Familien zu helfen und die Entwicklung ihres Landes zu unterstützen
- Erstellung eines Komitees aus Regierung und Personen, die abgeschoben worden sind, um die Auswirkungen von Abschiebungen auszuwerten
Mit ihren Aktivitäten versucht die AME die Forderung nach Bewegungsfreiheit mit einer radikalen Kritik der neo-kolonialen Politik in Afrika zu verbinden. „Wir haben immer gesagt, dass die Politik der so genannten ‚Entwicklungshilfe’ und ,Entwicklungszusammenarbeit’ gescheitert sind und nie an die Bedürfnisse unserer Länder angepasst waren. (…) Um ihre Migrationspolitik zu finanzieren, benutzt die EU und speziell Frankreich Geld, das für Investitionen in afrikanischen Ländern vorgesehen sein sollte. Diese Gelder werden nicht ausreichen, um auch nur die grundlegendsten Bedürfnisse unserer Länder zu erfüllen. Der Beweis dafür ist, dass in Mali die Summen, die von MigrantInnen zurückgeschickt werden, viel höher sind als die Gelder, die als so genannte Entwicklungshilfe hinfließen. Noch dazu werden die Gelder, die eigentlich für Entwicklungshilfe intendiert sind, nun für Migrationskontrolle ausgegeben. Die 10 Millionen Euro des EU-Fonds für Entwicklung wurden genutzt, um CIGEM zu finanzieren, das zum Ziel hat, Migration zu kontrollieren und irreguläre Migration zu bekämpfen“.
*Die AME ist die „Association Malienne des Expulsés“ und ist eine Grasswurzelorganisation von Deportierten die die Abschiebungserfahrung von Europäischen und Afrikanischen Ländern zu den „candidats eu depart“ weitergeben möchten. Sie sind sehr aktiv in der direkten Unterstützung von „refoulés“, die verhaftet, eingesperrt und abgeschoben wurden während ihrer Versuche, Europa zu erreichen. Sie kritisieren sowohl die Regierungen der EU wie auch die kollaborierenden afrikanischen Regierungen, die für die Folgen solcher unmenschlichen Abschiebung und für das existierende Grenzregime verantwortlich sind.
Aus: Crossing Borders Nr. 6, September 2008