Frontex in Afrika – moderne Menschenjäger für das moderne Apartheidregime
Vor fast genau 5 Jahren, im Mai 2005, hat die europäische Agentur Frontex mit der „operativen Zusammenarbeit an den Außengrenzen“ begonnen. Personal, Ausrüstung, Etat und zugewiesene Aufgaben sind seitdem stetig angewachsen, Frontex ist mittlerweile auf mehreren Ebenen die treibende Kraft für die Verschärfung der Migrationskontrolle zu Lande, zu Wasser und zur Luft, und das sowohl innerhalb wie auch außerhalb der EU.
„Die Bekämpfung der illegalen Migration“, das zentrale Ziel der Agentur, kalkuliert tote Flüchtlinge insbesondere im Mittelmeer und Atlantik bewußt als Abschreckungsstrategie ein. Frontex kann hier zu Recht als Mörder der Boatpeople bezeichnet werden.
Im folgenden soll an zwei Beispielen die Rolle von Frontex erläutert werden, die sich beide in besonderer Weise auf den afrikanischen Kontinent beziehen.
Frontex-Charter: Abschiebungen vor allem nach Afrika „Joined Return Operations“ heißt es im offiziellen Sprachgebrauch von Frontex, und 2009 erscheint der Agentur als richtungsweisendes Jahr. Denn an 32 Sammelabschiebungen quer durch Europa war Frontex laut eigener Statistik im letzten Jahr koordinierend und finanziell beteiligt. Und besonders auffallend: allein 16 Flugzeuge gingen nach Nigeria. Offensichtlich erscheint den europäischen Behörden die Abschreckung mittels brutalster Abschiebegewalt gegenüber afrikanischen Flüchtlingen und MigrantInnen aus diesem bevölkerungsreichen afrikanischen Land besonders wichtig. Dass die betroffenen „Deportees“ unter Ausschluss aller Öffentlichkeit auf den europäischen Flughäfen regelrecht in die Flugzeuge geprügelt werden, hatte ein „freiwillig“ Mitfliegender bei einer Sammelabschiebung von London über Dublin und Madrid im Februar 2010 dokumentiert (1). Und die neuesten Planungen von Frontex gehen noch weiter: in der Diskussion ist, dass Frontex sich ein eigenes Flugzeug anschafft, dass dann zu jeder Zeit verfügbar ist, um „renitente Flüchtlinge und MigrantInnen“ auf europäischen Flughäfen einzusammeln und in die vermeintlichen Herkunftsländer abzuschieben.
Operation Hera: neokoloniales Grenzregime
Immerhin: der Einsatz von Frontex vor der westafrikanischen Küste hatte in den letzten Monaten auch verschiedentlich für kritische Berichte gesorgt. Wer sich die offiziellen Schaubilder dazu ansieht, kann auch nur mit dem Kopf schütteln: ein militarisierter Aufmarsch mit Schiffen und Helikoptern gegen Boatpeople, rund 2000 km von Europas Küsten entfernt. Flüchtlingsboote, die den Kontrollgürtel an der Küste umschiffen wollen, müssen noch weiter südlich starten bzw. möglichst schnell von Küstennähe weg auf hohe See gelangen. Dass damit die versuchte Überfahrt in den kleinen Booten noch lebensgefährlicher wird, haben die Frontex-Strategen eiskalt einkalkuliert: der Tod der afrikanischen Flüchtlinge als Mittel der Abschreckung. Die Erfahrungen dieser mittlerweile ganzjährigen Operation zeigen, wie zentral die Zusammenarbeit mit Drittstaaten für die Taktik der europäischen Grenzschützer ist. Erst nachdem es gelungen war, die mauretanischen und senegalesischen Behörden in die Operation einzubinden, war es Frontex möglich, Flüchtlingsboote bereits in deren Hoheitsgewässern abzufangen. Und dass alle denkbaren politischen und ökonomischen Druckmittel der EU eingesetzt wurden, um diese „Kooperation“ zu erzwingen, steht in bester neokolonialer Tradition.
1. Der erschütternde Zeugenbericht befindet sich auf der neuen Webseite der Anti-Frontex-Kampagne http://frontexplode.eu/ oder direkt unter: http://frontexplode.eu/2010/03/23/deported-in-a-frontex-charter-a-migrant-story/
2. Siehe Anmerkung 1