Vorbild Burkina Faso
Péguy Takou Ndie, Dezember 2014
Für all die, die bislang geglaubt hatten, dass sich grundlegender Wandel nur als Blutbad vollziehen könne, scheint Burkina Faso ein gutes Gegenbeispiel zu sein. Denn die Erfordernisse für die Beseitigung eines Regimes sind schlicht: die Bereitschaft zur Standhaftigkeit, der Wille, bis zum Schluss 'Nein' zu sagen und eine radikale Entscheidung: Die Freiheit oder der Tod.
Die Liebe zur Heimat ist ebenfalls ein wichtiger Schatz – und eine Energiequelle, die uns befähigt, Großes zu erreichen. Wenn sich Blaise Compaoré nach 27 Jahren Herrschaft gerade mal einer Woche der Proteste erwehren konnte, wie lange würde sich dann Paul Biya im Amt halten können, der bereits seit 32 Jahren in Kamerun regiert? Die Ereignisse in Burkina Faso sind eine Lehre für die kamerunische Bevölkerung,
die nur noch dahinvegetiert, seit Jahren im Koma gefangen, am Leben erhalten einzig durch die eingeträufelten Versprechen – Illusionen des Friedens, des Glücks und des Wohlergehens. Die Menschen in Kamerun sind der Lügen und der leeren Hoffnungen überdrüssig, ermattet davon, nur noch den Tod des alten Mannes Paul Biya abzuwarten, der auf zahlreichen Auslandsreisen mehr denn je mit seiner Gesundheit beschäftigt ist, während die in Agonie erstarrte Bevölkerung seit Jahrzehnten dahinsiecht. Die KamerunerInnen können selbst die Entscheidung treffen. Denn heute kommt es auf die an, die genug haben, niemand ist unersetzbar, ein einzelner Mensch kann nicht stärker sein als ein ganzes Volk. Ein Regime, das seit über 30 Jahren an der Macht ist, kann nicht eine Bevölkerung in Schach halten, die nach Veränderung dürstet. Wir fragen uns, wie lange sich Präsident Paul Biya noch an der Macht halten kann, in diesem verhexten Palast, wann also der Todesengel kommt, um eine Diktatur zu beenden, die das Herz der Bevölkerung bis aufs Blut aussaugt, ein Herz das vom Groll genährt ist – durch all die tausend Ungerechtigkeiten, die Demütigungen, die falschen Versprechen, die schlechte Verwaltung, die Korruption, die Folter, die Morde, das heißt durch all das, was die KamerunerInnen stillschweigend ertragen. Das Signal aus Burkina Faso ist stark, und ich weiß, dass es Paul Biya innerlich erzittern lässt, den Paten eines monotonen Regimes. Es bleibt die Frage: wohin steuert die kamerunische Bevölkerung?
Péguy Takou Ndie ist Schriftsteller, er lebt in einem Flüchtlingslager in Brandenburg. Paul Biya ist erst der zweite Präsident seit der Unabhängigkeit Kameruns 1960.