Juni 2020 | Von der Ambulanzpiroge zur Krankenstation (Bilder, Video, Text)

Die Idee klang bestechend, doch der Klimawandel hat das Projekt verunmöglicht: 2017/2018 hat Afrique-Europe-Interact den Bau einer Ambulanzpiroge in Soukoutadala im Südwesten Malis finanziert. Denn das Dorf ist während der Regenzeit – zusammen mit vielen anderen Dörfern – von der Außenwelt und somit von jeder gesundheitlichem Versorgung abgeschnitten. Und genau dies sollte mit der Ambulanzpiroge geändert werden. Denn geplant war, die Patient*innen – darunter viele Frauen mit Geburtskomplikationen – über den am Dorf vorbeifließenden Fluss Bafing zur nächsten Krankenstation zu transportieren. Doch schnell zeigte sich, dass in den letzten Jahren die Flußwasserspiegel derart stark gesunken sind, dass selbst in der Regenzeit zwei größere Stellen nicht mehr passierbar waren, von der Trockenzeit ganz zu schweigen.

Das Video ist ohne Kommentierung – wir wollen lediglich einen visuellen Eindruck davon vermitteln, was eine “provisorische Krankenstation” in Soukoutadala bedeutet.

Vor diesem Hintergrund haben wir mit den Dorfbewohner*innen im März 2020 eine Art Doppelbeschluss gefasst: In einem ersten Schritt hat Afrique-Europe-Interact im Juni die Einrichtung einer provisorischen Gesundheitsstation finanziert (vgl. Video und die Bilder 2-4 in der Bildergalerie). Zu dieser Gesundheitsstation gehören eine kleine Hütte, ein gynäkologischer Stuhl, Medikamente für die aktuelle Regenzeit (Ende Juni bis Ende September), eine Solaranlage für Licht und die Finanzierung der 6-monatigen Ausbildung von zwei Dorfbewohner*innen zu Krankenpfleger*innen in Bamako (eine dritte Person wird von den Dorfbewohner*innen selbst finanziert). In einem zweiten Schritt wurde die Piroge von Soukoutadala zu dem 200 Kilometer entfernten Stausee Manantali gebracht, um dort als Transportpiroge eingesetzt zu werden – und zwar mit dem Ziel, aus dem Gewinn die Krankenstation langfristig zu finanzieren und somit unabhängig von europäischen Spendengeldern zu machen. Konkret wurde mit einer Fischer*innen-Community am Stausee Manantali ein Vertrag aufgesetzt, wonach diese die Piroge betreiben und den Gewinn mit den Dorfbewohner*innen teilen sollen. Zugleich wurde ein Mitglied des Ältestenrats des Dorfes bestimmt, der regelmäßig nach Manantali fährt und dort alle anfallenden Probleme mit den Verantwortlichen bespricht. Ob das Projekt tatsächlich klappen wird, wissen wir noch nicht. Doch Fakt ist, dass der gesamte Prozess das für Afrique-Europe-Interact wichtige Kriterium einer „selbstbestimmten Entwicklung von unten“ erfüllt – inklusive zahlreicher Planungs- und Umsetzungsfehler, die auch als Lehrgeld bezeichnet werden können. Zu diesen Umsetzungsfehlern gehörte verrückterweise auch, dass bei dem Abtransport der Piroge der Lastwagen zur Hälfte in den Fluß gerutscht ist (was ein Fehler der ausführenden Firma war) und daher mit einem großen Kranwagen geborgen werden musste.

Schließlich: Das Gesundheitszentrum ist nach unserem im Januar verstorbenen Mitstreiter Idrissa Cissé benannt. Denn Idrissa ist es gewesen, der Afrique-Europe-Interact ursprünglich nach Soukoutadala gebracht hat. Mittelfristig ist geplant, die Krankenstation, die derzeit in einer Hütte untergebracht ist, in ein noch zu errichtendes festes Gebäude mit mehreren Räumen zu verlegen.