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19. Dezember 2012 | Über „Boats4People“ zu „Watch the Med“

Euro-afrikanische Initiativen gegen das tödliche EU-Grenzregime im Mittelmeer: Informations- und Diskussionsveranstaltungen

Mittwoch, 19. Dezember 2012 in Berlin um 20 Uhr im K-Fetisch, Wildenbruchstraße 86 + Dienstag, 18. Dezember 2012 in Frankfurt um 19 Uhr im Cafe KoZ an der Uni-Bockenheim

Mit Charles Heller (Genf) und Lorenzo Pezzani (London) vom Projekt “Forensische Ozeanographie“ an der Goldsmith University: Als sich Anfang 2011mit dem revolutionären Umbruch in Tunesien einige Tausend Harragas („Grenzverbrenner“) mit Booten auf den Weg Richtung Europa machten und einige Monate später vermehrt Transitflüchtlinge und TransitmigrantInnen aus dem Bürgerkrieg in Libyen folgten, reagierte die EU in der Meerenge vor Sizilien mit einer Verschärfung der Kontrollen sowie dem Einsatz der Grenzschutzagentur Frontex. Die Verweigerung von Rettungsmassnahmen gegenüber Schiffbrüchigen und mehrfach dokumentierte „Left-to-die-Boote“ belegen, dass das „Sterben lassen“ offensichtlich zur EU-Abschreckungsstrategie im unerklärten Krieg gegen Flüchtlinge gehört. Das Visums- und Grenzregime der Friedensnobelpreisträgerin von 2012 kostete alleine 2011 über 2000 Boatpeople das Leben!

Vor diesem Hintergrund wurde 2011 Boats4People (B4P) als euro-afrikanisches Kooperationsprojekt initiiert und im Juli 2012 war es soweit. Zwischen Sizilien, Tunesien und Lampedusa fand mittels eines gecharterten Bootes, auf einer kommerziellen Fähre und in mehreren Hafenstädten eine Serie von Protestaktionen und Pressekonferenzen sowie Versammlungen und Gedenkveranstaltungen statt. Diese symbolischen und zumindest in Italien und Tunesien recht medienwirksamen Aktivitäten haben neue Kontakte ermöglicht. Darauf basierend ist für 2013 eine Infotour- und Karawane für Bewegungsfreiheit durch mehrere tunesische Städte geplant.

Die B4P-Aktionen dienten gleichzeitig als Pilotphase für „Watch the Med“, ein Monitoring- und interaktives Kartenprojekt, das im Juni 2011an der Goldsmith-Universität in London mit der „Forensischen Ozeanographie“ begonnen hatte. Im Fall eines „Left-to-die-Bootes“ wurden mittels Karten- und Satellitentechnologie die Umstände des Todes von 63 Boatpeople rekonstruiert und damit die Grundlage für ein Strafverfahren gegen die Verantwortlichen geschaffen. Doch die Perspektive von „Watch the Med“ geht darüber hinaus, die in den vergangenen Jahren übliche Straflosigkeit bei bewussten Menschenrechtsverletzungen auf See anzugreifen. Das Projekt zielt auf Echtzeitinterventionen, sobald Boatpeople in Seenot geraten, um deren Rettung zu erzwingen. Das setzt nicht nur ein funktionierendes Notrufsystem und eine entsprechende Ausrüstung der betroffenen MigrantInnen voraus sondern auch ein handlungsfähiges zivilgesellschaftliches Netzwerk auf beiden Seiten des Mittelmeeres, um den notwendigen politischen Druck zu erzeugen.

Charles Heller und Lorenzo Pezzani, die „Watch the Med“ gegründet haben, sind am 18.12.2012 nach Frankfurt eingeladen, um den aktuellen Stand des Projektes vorzustellen und nächste Schritte und Herausforderungen zu skizzieren. Denn eine Mitarbeit und Unterstützung des Projektes ist auf vielfältigen Ebenen möglich und notwendig: aus akademischer wie aktivistischer Perspektive, mit technologischem Wissen, mit Geld und vor allem mit Erfahrungen aus den migrantischen Communities.

Am 18.12.1990 wurde die Internationale Konvention zum Schutz der Rechte aller Migranten und ihrer Familienangehörigen von der UN-Vollversammlung angenommen, seit 2000 ist dieser Tag offiziell von der UNO als Tag der MigrantInnen ausgerufen. Seit einigen Jahren bemühen sich MigrantInnenorganisationen und -netzwerke um eine kritische Aneignung des 18. Dezembers als globalem Migrationsaktionstag. Für den 18.12.2012 zirkuliert ein Aufruf unter dem Titel „We migrate to live, no more deaths, no more missing people“, mit dem die tödlichen Grenzregime der nördlichen Staaten, insbesondere die USA und Europa, angeklagt werden. Die geplante Veranstaltung will auch an diesen Aufruf anschließen.

In Frankfurt veranstaltet von: Aktionsbündnis gegen Abschiebung Rhein-Main und kein mensch ist illegal Hanau. Unterstützt von: Asta der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt, Pro Asyl, Medico International, Noborder Frankfurt, Forschungsgruppe Staatsprojekt Europa

In Berlin veranstaltet von: Boats4People Berlin (unter Beteiligung von Afrique-Europe-Interact)