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Stefano Manservisi hält die Praxis illegaler Abschiebungen nach Libyen für unbedenklich

Pressemitteilung Pro Asyl (29.07.2010): Generaldirektor für Inneres der EU-Kommission stellt sich hinter Menschenrechtsverletzungen auf Hoher See

Der Generaldirektor für Inneres der Europäischen Kommission, Stefano Manservisi, hat sich hinter die italienische Rückführungspraxis nach Libyen gestellt. Dies berichtet die Times of Malta vom 27. Juli 2010. Er wird dort mit der Aussage zitiert, gegen das zugrundeliegende Abkommen zwischen Italien und Libyen sei (EU-)rechtlich nichts einzuwenden. Die EU-Kommission ziehe allerdings ein EU -Abkommen einem bilateralen vor. Manservisi hob die positiven Ergebnisse der italienisch-libyschen Kooperation hervor. PRO ASYL hält dies für ein offenes Bekenntnis zur völkerrechtswidrigen Praxis von Zurückweisungen auf Hoher See.

Seit Mai 2009 fängt Italien Flüchtlingsboote im Mittelmeer ab und schiebt die Betroffenen ohne Prüfung ihres Flüchtlingsstatus nach Libyen ab. Dort droht die Internierung unter unmenschlichen Bedingungen. Erst im Juni verurteilte das Europaparlament in einer Entschließung Libyens systematische Menschenrechtsverletzungen gegenüber Flüchtlingen. Es forderte die EU-Mitgliedstaaten und die europäische Grenzschutzagentur FRONTEX auf, Abschiebungen und Zurückweisungen nach Libyen unverzüglich zu beenden. Auch das Antifolterkomitee des Europarats hat die Rückführung afrikanischer Flüchtlinge nach Libyen durch italienische Behörden als menschenrechtswidrig und inhuman gebrandmarkt. Vor europäischen Gerichten sind mehrere Verfahren gegen Italien in dieser Sache anhängig.
Das Vorgehen Italiens verstößt gegen das Nicht-Zurückweisungsgebot der Genfer Flüchtlingskonvention. Dies verbietet die Rückschiebung von Schutzsuchenden in ein Land, in dem ihnen Gefahr für Leib und Leben droht. Libyen hat die Flüchtlingskonvention nicht ratifiziert. Manservisi nimmt Zuflucht zu einer Hilfskonstruktion, in dem er auf die von Libyen unterzeichnete Addis Ababa Konvention aus dem Jahr 1969 verweist. Warum sollte die libysche Regierung, bei der flagrante Völkerrechtsverletzungen an der Tagesordnung sind, für sich flüchtlingspolitische Verpflichtungen aus dieser Konvention herleiten?

Manservisis Vorgehen hat Methode. Er redet dem Gaddafi-Regime nach dem Mund. Erst kürzlich hat Gaddafi darauf hingewiesen, dass Libyen eine andere Flüchtlingsdefinition vertrete als die der Genfer Flüchtlingskonvention und dies zum Anlass genommen, die Arbeit des UN-Flüchtlingshochkommissariats zeitweilig zu unterbinden. Indem Manservisi Schutznormen zerredet, denen die EU-Staaten verpflichtet sind, bemüht er sich, die völkerrechtswidrigen Abschiebungen aus Italien und Malta nachholend zu legalisieren. Die EU-Kommission schweigt hierzu. Eine Klarstellung ist bislang nicht erfolgt.

Links:

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Juni 2010 zu den Hinrichtungen in Libyen
Human Rights Watch: Pushed Back, Pushed Around. Italy’s Forced Return of Boat Migrants and Asylum Seekers, Libya’s Mistreatment of Migrants and Asylum Seekers
Presseerklärung des Antifolterkomitees des Europarats

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