Februar 2016 | Rasthaus-Newsletter Nr. 3

Aktionen am Gedenktag wegen der Ereignisse in Ceuta am 6. Februar 2014

Am 6. Februar fand in Rabat eine Gedenkveranstaltung wegen der Ereignisse in Ceuta vor zwei Jahren statt. Damals waren mindestens 15 Migranten, die versucht hatten, die spanische Enklave schwimmend zu erreichen, ertrunken, nachdem die Guardia Civil mit Gummigeschossen und Tränengas auf sie geschossen hatte (wir berichteten im letzten Newsletter darüber). An der Gedenkveranstaltung haben mindestens 300 Menschen teilgenommen. Unsere Delegation von AEI ist vor Beginn der Veranstaltung zu einer Gruppe obdachloser Migranten, die unter einer Eisenbahnbrücke in extrem prekären Verhältnissen leben gefahren, um ihnen von der Aktion zu erzählen. Es gelang uns, mehr als 20 Migranten zu mobilisieren, die dann mit uns zum Veranstaltungsort gefahren sind. Die Aktion begann mit einem Treffen in einem Saal im Stadtteil Agdal. Dort hielten zahlreiche aus Subsahara-Ländern Geflüchtete Reden. Schon hier wurde deutlich, wie emotional aufgeladen die Stimmung war. Vor der spanischen Botschaft sollte dann ein sit in stattfinden. Doch die Menge war derart aufgebracht und wütend, dass von einem sit in nicht die Rede sein konnte. Wir fanden es sehr beeindruckend, wie kämpferisch und doch kontrolliert die Menschen sich dort präsentierten. Leider wurde allerdings die Tonanlage von der Polizei beschlagnahmt, sodass wohl kaum die kämpferischen leidenschaftlichen Appelle und Reden bis zur spanischen Botschaft durchdrangen. Insgesamt hatte unsere Delegation den Eindruck (und das bestätigten später auch MigrantInnen), dass die Veranstaltung den Menschen sehr viel Mut gemacht und ihre Solidarität untereinander gestärkt hat. Wir denken, es war gut, dass es uns gelungen ist, die Migranten, die unter der Eisenbahnbrücke leben, zu mobilisieren. Auf diese Weise konnten sie sehen, dass es eine Möglichkeit zu kämpfen gibt, sie kamen aus diesem buchstäblichen Sumpf, in dem sie dort leben, einmal heraus, und vielleicht ist einer dabei, der einen Anknüpfungspunkt findet, sich aktiv zu engagieren.

Das Rasthaus feiert Geburtstag

Mit den Bewohnerinnen des Rasthauses feierten wir am 7.2. seinen 1jährigen Geburtstag. Wir besorgten eine Geburtstagstorte und Gebäck. Die Feier fand in der Wohnung statt, die als erste angemietet worden war. Zur Feier kamen auch die Frauen aus der 2. Wohnung und ehemalige Bewohnerinnen. Die 1. Wohnung liegt im Stadtteil Hay Nahda. Die Wohnungen in den zweistöckigen Häusern im Viertel gehören zum großen Teil marokkanischen Migranten, die in Europa leben und ihr Geld auf diese Weise anlegen. Sie vermieten gerne an Leute aus Subsahara, weil die bereit sind, eine höhere Miete zu zahlen als Marokkaner (weil sie nur schwer Wohnungen finden). Um sich die Miete leisten zu können, wohnen dann viele Menschen auf engstem Raum zusammen. Astrid, die Leiterin des Rasthauses, ist in dem Viertel auch bei den Marokkanern sehr akzeptiert. Die Wohnung wirkte auf uns sehr ruhig im besten Sinne. Die Frauen schienen sich wohlzufühlen. Emmanuel Mbolela, einer der Gründer des Rasthauses, Astrid und einige der Frauen, die z.Zt. im Rasthaus wohnen, hielten Reden, in denen sie ihre Dankbarkeit über die Existenz des Rasthauses ausdrückten. Die Frauen betonten vor allem, dass sie in einer verzweifelten Situation in Rabat angekommen seien und nun wieder Lebensmut gewonnen hätten.

Astrid berichtete uns von den spezifischen Gründen der Frauen, ihre Herkunftsländer zu verlassen: Die einen fliehen vor dem Krieg und den damit verbundenen Vergewaltigungen, andere wegen drohender Genitalverstümmelungen. Viele wollen auch den engen familiären Strukturen entkommen, in denen die Mädchen nicht frei über ihr Leben entscheiden können (z.B. Zwangsverheiratungen).
Astrid erklärte, dass viele Frauen, die im Rasthaus ankommen, massive Gewalterfahrungen hinter sich haben, durch die Wüste gelaufen sind, oft als einzige Frau gemeinsam mit Männern. Vanessa, eine Frau die z.Zt. im Rasthaus lebt, erzählte, sie habe mehrere Tausend Euro an einen Schlepper bezahlt, der versprach, sie dafür nach Spanien zu bringen. Doch in der marokkanischen Küstenstadt Nador angekommen, schickte er sie weg. Dieses Schicksal teilen z.Zt. viele Geflüchtete aus Subsahara-Staaten, die von Schleppern nach Marokko gebracht werden. Sie halten sich dann monate- manchmal jahrelang in den Wäldern nahe der spanischen Enklaven Ceuta und Melilla auf und warten auf eine Gelegenheit, den Zaun, der Marokko von Spanien trennt, zu überwinden. Insbesondere in den letzten beiden Jahren kam es immer wieder zu besonders brutalen Razzien in den Wäldern nahe Ceuta und Melilla. Viele Geflüchtete sind deshalb in den letzten Monaten in die Großstädte gezogen, da sie sich dort mehr Sicherheit und Möglichkeiten des Geldverdienens erhoffen. Dies ist wohl auch ein Grund dafür, dass z.Zt. viele Frauen nach einer Unterkunft im Rasthaus fragen. Deshalb erwägen wir, eine 3. Wohnung anzumieten. Dies hängt insbesondere von der Höhe der eingehenden Spenden ab.